Der sich seit über einem Jahr ziehende Verkauf des größten tschechischen Flugzeugherstellers Aero Vodochody durch die Investment-Gruppe PENTA ist nun endlich abgeschlossen. Wie die Firma am 30. September selbst mitteilte, ist jetzt – basierend auf einem im Juli unterzeichneten Vertrag – ein ungarisches Unternehmen 100-prozentiger Eigentümer.

Die Vodochody Holdings HU steht zu 100 Prozent im Besitz des ungarischen Unternehmens HSC Aerojet Zrt., an der der ungarische Geschäftsmann Kristóf Szalay-Bobrovniczky eine Mehrheit von 80 Prozent und die tschechische Rüstungsfirma OMNIPOL (kontrolliert von der Familie Háva) die restlichen 20 Proeznt halten. Der Verkauf umfasst auch den Flugplatz Vodochody nördlich von Prag. PENTA wollte ihn auch für den Zivilverkehr etablieren, nun bleibt er aber militär-artiges Werksgelände. Mit dem Eigentümerwechsel kam der neue Präsident und CEO Viktor Sotona mit 30. September zu Aero, er löst den deutschen (ex-Airbus) Manager Dieter John ab. Viktor Sotona war seit neun Jahren CEO des auf passive Überwachungs- und Aufklärungslösungen fokussierten tschechischen Unternehmens ERA, unter seiner Führung erzielten die Pardubicer einen Rekordumsatz und verdoppelten die Belegschaft.

@Aero
Schon seit längerer Zeit zeigt Ungarn Interesse am L-39NG – immer wieder kam es daher auch zu informellen und offiziellen Treffen hochrangiger Politiker und Militärs mit Firmenvertretern.

Nach 14 Jahren verlässt Aero damit also die PENTA-Gruppe, die 2007 den knapp über 100 Jahre alten Traditionsbetrieb übernommen hatte, der tausende L-29 und L-39 Trainer-Jets für den damaligen Warschauer Pakt (außer Polen) und für mehr als 30 Länder produziert hatte. Unter PENTA hat Aero seit Jahren erfolgreich eine Reihe von zivilen und militärischen Flugzeugstruktur-Zulieferprogrammen (beispielsweise für den KC-390) etabliert, Überholungen von L-39 aus aller Welt durchgeführt, drei Dutzend Flugzeuge in Länder wie die USA und den Irak verkauft und in den vergangenen Jahren parallel die Entwicklung und Produktion der Neuauflage L-39NG verfolgt. Jene erhielt im September des vergangenen Jahres eine Musterzulassung und hat auch schon einen Erstkunden in Asien. Die nächsten Abnehmer dürften aus Österreichs Nachbarschaft kommen.

Viktor Sonota sagte in einer ersten Stellungname: „Aero wird alle drei Säulen seines Geschäfts, das heißt die Produktion und Entwicklung eigener Militärflugzeuge, das Geschäft mit Reparatur und Überholung (Anm.: MRO) sowie die Strukturteile-Fertigung als Zulieferer zu nationalen und internationalen Programmen weiterentwickeln. All diese drei Bereiche werden Teil unserer Geschäftsstrategie bleiben.”

@Archiv
Neuer starker Mann: Kristóf Szalay-Bobrovniczky hält nun 80 Prozent an Aero Vodochody.

In Ungarn berichteten Finanz- und Onlinemedien vor einigen Wochen, dass aus einem Regierungsbeschluss vom 13. August klar hervorginge, dass die Regierung in Budapest der HSC Aerojet Zrt. eine staatliche Garantie für die Kreditaufnahme in Höhe von 53 Milliarden Forint (rund 150 Millionen Euro) via der ungarischen Entwicklungsbank „für eine verteidigungsindustrielle Entwicklung” bereitstellen würde. Von der Höhe des Darlehens deckt die staatsversicherte Bürgschaft 80 Prozent der sich daraus ergebenden Kapitalforderung. Bei der Staatsgarantie beträgt die Gebühr 5,3 Prozent der Kapitalforderung, die in einer Pauschale zu entrichten ist. Die Garantie gilt bis zum 31. Dezember 2021. Seit damals nahm man in Ungarn an, dass Kristóf Szalay-Bobrovniczkys Unternehmen jenen Kredit für den Kauf von Aero Vodochody benötigt. Zuvor hatte ein anderer ungarischer Geschäftsmann, András Tombor (ein enger Vertrauter von Árpád Habony, dem Gründer des Mathias Corvinus Collegiums) für 51 zu 49 Prozent mit OMNIPOL eine Übernahme versucht, konnte aber angeblich die nötigen Mittel nicht aufbringen.

HSC Aerojet Zrt. ist selbst eine Tochtergesellschaft der Magyar Aerojet Investment Asset Management Ltd.‘ deren CEO und alleiniger Aktionär wiederum Herr Szalay-Bobrovniczky ist. Der Aristokrat ist ehemaliger ungarischer Botschafter in London und Ehemann von Ministerpräsident Viktor Orbán’s Regierungssprecherin und früherer Budapester Fidesz-Vizebürgermeisterin Alexandra S.B. Auch er wird als zum Kreis von Árpád Habony gehörend beschrieben, welcher wiederum Viktor Orbán sehr nahesteht.

@Aero
Übernahm nun bei Aero das Ruder: CEO Viktor Sonota.

Während eines kürzlichen Besuchs von Viktor Orbán in Prag, haben sich drei Minister im Werk von Aero Vodochody vor dem L-39NG Prototypen zum Fototermin eingefunden. Lubomir Metnar als tschechischer Verteidigungsminister, Vizepremier und Minister für Industrie, Handel und Transport Karel Havlicek sowie Ungarns Außenminister Péter Szijjártó. Danach twitterte Minister Havlicek, dass die Verwendung im Inland produzierter Flugzeuge bei der eigenen Armee ein Prerequisit für erfolgreichen Absatz im Ausland sei. Und hat folglich angekündigt, dass man nun sechs lang erwartete L-39NG für das tschechische Trainings- und Simulationszentrum LOM-Praha beschaffen wird. Und weiters – neben offenbar kürzlich auf der SIAF in der Slowakei vorangetriebenen Bemühungen um die Beschaffung von zwölf Stück L-39NG/LCA – war die Eigentumsübernahme durch Kristóf Szalay-Bobrovniczky‘s Unternehmen wohl eine Art „Voraussetzung” für ein auch schon länger kolportiertes Geschäft über zehn oder zwölf Stück für die ungarische Luftwaffe. Beide Luftwaffen brauchen Jet-Trainer für die Ausbildung und billigere Stunden und wenn das für die Magyar Légierő realisiert wird, dann eben via des nun „eigenen” Herstellers – samt dessen Staatsgarantie bis Ende des Jahres.

Einige Tage vor der gegenständlichen Bekanntgabe hat Militär Aktuell in Kuchyna mit dem Chef-Designer der L-39NG gesprochen. Jaromir Lang bekräftigte dabei auch das fortgesetzte Interesse an Österreich und meinte: „Die Österreicher brauchen auch nach der Rückkehr aus dem als sehr teuer kolportierten Auslandstraining eine Abstützung auf ein Substitut (Anm.: zum Eurofighter). Wir glauben, dass wir beides auf unseren Flugzeugen weit kostengünstiger darstellen könnten.”

Hier geht es zu weiteren Meldungen rund um Aero Vodochody.

Quelle@Georg Mader, Aero