Wieder Zdenek Hlačík von Aero dazu: „Unsere Firma hat Hintergrundmaterial für das Verteidigungsministerium der Slowakischen Republik vorbereitet, wo eine detaillierte Ausarbeitungsanalyse durchgeführt wurde, mit der erhebliche Einsparungen bei der Ausbildung militärischer und taktischer Piloten erzielt werden können. Die rechtzeitige Beschaffung von L-39NG-Schulungsflugzeugen würde eine bedeutende industrielle Zusammenarbeit und die Einbeziehung der slowakischen Verteidigungsindustrie in diese ermöglichen. Es ist auch wichtig, die Fähigkeiten und die Humanressourcen der Trainingsstaffel zu erhalten. Die Slowakei würde ab 2025 somit echte Unabhängigkeit bei der Ausbildung taktischer Piloten erlangen.”

@Aero
Piloten der slowakischen Luftwaffe konnten sich kürzlich in Sliac selbst ein Bild von den Fähigkeiten des Aero L-39NG machen.

Das erste Flugzeug der neuen Generation L-39NG wird aber nach Vietnam geliefert werden (Militär Aktuell berichtete). Die dortige Armee wird mehrere Milliarden Kronen (1 Milliarde Kronen = 38,7 Millionen Euro) für zwölf Maschinen und die dazugehörigen Dienstleistungen aufwenden. Die Auslieferung soll in den Jahren 2023 und 2024 erfolgen. Der nördlich von Prag angesiedelte Hersteller verhandelt zudem auch mit der ungarischen Armee, die ebenfalls an zwölf Flugzeugen interessiert ist. Ende des vergangenen Jahres haben ungarische Piloten den L-39NG bereits in Kecskemet getestet (Militär Aktuell berichtete). Mit der Sektion Bereitstellung des österreichischen Verteidigungsministeriums ist Herr Hlacik ebenfalls in Kontakt. Den zuvor genannten Argumenten zur Pilotenausbildung steht aber aktuell die „Einflotten-Lösung” und die (teure) Auslandsausbildung entgegen, auf die man sich hierzulande nach dem Ende der Saab-105 festgelegt hat. Zudem verhandelt Aero seit Jahren über die Fixierung des Verkaufs aus einer länger zurückliegenden Vereinbarung über vier L-39NG LCA an den Senegal. Dazu kommt: Aero befindet sich aktuell in der Zielgeraden seines Eigentümerwechsels (Militär Aktuell berichtete). Die Penta Investments Group verkaufte das Unternehmen an Aero Investments Partners. 51 Prozent werden vom ungarischen Geschäftsmann András Tombor gehalten, der Rest wird von der tschechischen Gruppe Omnipol kontrolliert. Die Transaktion wurde bereits von den relevanten Wettbewerbsbehörden genehmigt, im Juni sollte sie abgeschlossen sein.

@Privat
Marian Majer, Staatssekretär des slowakischen Verteidigungsministeriums, sieht in der Anschaffung des L-39NG viele Vorteile.

In der Slowakei scheint durchaus Interesse an einer Zusammenarbeit mit Aero zu bestehen, wie diversen Medienberichten zu entnehmen ist. Miroslav Hájek, ehemaliger Chefingenieur der Military Aviation Academy und der White Albatrosses AERObatic Group, zeigt sich gegenüber der Presse von den Vorteilen jedenfalls überzeugt: „In seinem Konzept ist der L-39NG der Nachfolger des L-39 Albatros, eines seit 1974 in der Slowakei bekannten Trainingssystems. Aufgrund der Tatsache, dass umfangreiche Erfahrungen mit der Verwendung des Systems im Training von Piloten und technischem Personal vorliegen. In der Slowakischen Militäruniversität (Abteilung Military Aviation Academy) und dem Aviation Training Center konnte festgestellt werden, dass der L-39NG aus mehreren objektiven Gesichtspunkten der am Besten geeignete Ersatz für die derzeitigen L-39 ist, die von den slowakischen Streitkräften eingesetzt werden.” Hájek weiter: „Unsere Infrastruktur ist bereit für die mögliche Ankunft der L-39NG, und das Personal ist auch für diese Flugzeugtypen geschult. Der Übergang zum bereits gekauften F-16 wäre reibungslos, da die avionische Ausstattung und das Cockpit-Layout des L-39NG ziemlich identisch oder ähnlich wie jene der F-16 sind. Ergonomie, Anordnung der Elemente, Steuerung der Bordsysteme und Informationsanzeigen ermöglichen aus technischer Sicht eine kompakte Ausbildung der Piloten mit einem reibungslosen Übergang zu modernen aktuellen Militärflugzeugen des 4. oder 5. Generation. Und auf Grund der Tatsache, dass der L-39NG ein Nachfolger des L-39 ist, dessen Entwicklung und Produktion im Nachbarland Tschechische Republik erfolgt und gehen wir davon aus, dass technisches Personal, Instruktoren und logistische Unterstützung problemlos ein- und umgeschult werden können.”

@Georg Mader
Aktuell bildet die slowakische Luftwaffe ihre Piloten auf alten L-39C aus – im Bild zu sehen eine Maschine in einer 2.-Weltkrieg-Sonderbemalung.

Seine Worte werden auch vom ehemaligen Kommandanten der Akrobatikgruppe White Albatrosses (einst ein Akrobatik-Team der SlAF auf L-39C) Ivan Chvojka bestätigt: „Aufgrund des ‚ungünstigen’ Lufttüchtigkeitsstatus des aktuellen L-39 Albatros-Flugzeugs und damit der eingeschränkten Fähigkeit, Qualität und kontinuierliches Flugtraining für Piloten durchzuführen, ist es höchste Zeit, das Flugzeug zu wechseln. Angesichts der sehr guten Beziehungen zu Aero Vodochody in der Vergangenheit wäre es naheliegend, diese Zusammenarbeit zu erneuern – nicht nur durch die Lieferung von Flugzeugen, sondern in allen angebotenen Formen, inklusive Trainingskonzept, Simulation und so weiter. Mit der L-39NG wäre es möglich hin zur F-16 auszubilden, ohne dass weitere Zwischenphasen erforderlich wären. Natürlich wäre es notwendig, Mittel und Anstrengungen bereitzustellen, um diese Ausbildung für einen Zeitraum von maximal drei Jahren mit einem jährlichen Flugstundenpensum von rund 180 Stunden herzustellen. Damit sollten junge Piloten ihre fliegerischen und taktischen Schulungen ohne unnötige Pausen durch Auslandsaufenthalte durchführen können. Die Ideen oder der Weg der USAF ist etwas anders, aber finanziell schwierig für uns umzusetzen. Da die Tschechische Republik bereits über langjährige Erfahrung in der Vorbereitung von Piloten auf den Übergang zum Gripen gemäß den NATO-Anforderungen verfügt, halte ich diese Zusammenarbeit für sinnvoll.”

@Breitling
Jaques Bothelin, Chef des Breitling Jet-Teams, das auf insgesamt sieben L-39-Maschinen setzt.

Da mehrere Kunstflugteams auf den herkömmlichen L-39 flogen und nach wie vor fliegen, saßen bereits mehr als ein Top-Akrobat im neuen L-39NG-Flugzeug, so auch Jacques Bothelin, Chef des bekannten Breitling Jet-Teams mit sieben L-39. Zum NG sagte er: „Wenn Sie im Cockpit der L-39NG sitzen, fühlen Sie sich wie in einem brandneuen Flugzeug. Es ist viel moderner, es ist alles innen und außen besser zu sehen und es ist somit auch viel sicherer für den täglichen Betrieb. Natürlich war das ursprüngliche Flugzeug auch sehr sicher, es wurde ja fast 3.000 Mal produziert. Aber die Flugeigenschaften des L-39NG sind viel besser, das Flugzeug ist unverkennbar agiler und reagiert unverzüglich noch besser. Ich denke, dass hat mit dem Weglassen der Flügelspitzen-Tanks zu tun. Die Hauptmerkmale, die heutige Trainingsflugzeuge haben sollten, sind ja einfache Handhabung, moderne Cockpitausrüstung, hohe Sicherheit und Verfügbarkeit für viele Stunden, die viel billiger sind, als im dadurch entlasteten Kampfflugzeug.”

Update: Wie Militär Aktuell erfahren hat, sollen in dieser Woche die Piloten der Kunstflugstaffel der VAE, Al Fursan (Ritter), im Werk bei Prag den L-39NG einer näheren Betrachtung und Erprobung unterziehen. Derzeit fliegt das „Klon-Team” der italienischen Frecce Triccolori wie die Italiener MB-339PAN. Aus Gründen, die wahrscheinlich nichts mit dem Flugzeug zu tun haben, sind die VAE dem – für die Frecce logischen Nachfolger – M345HET von Leonardo bislang ebenso nicht nähergetreten wie dem bereits auf der IDEX-2009 selektierten M346.

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Quelle@Aero Vodochody, Breitling, Georg Mader, Lockheed, Privat
Der Autor ist einer der renommiertesten österreichischen Luftfahrtjournalisten, Korrespondent des britischen Jane’s Defence und schreibt seit vielen Jahren für Militär Aktuell.