„Hangar Talk” mit Gerold Biner: Der Helikopter-Pionier ist seit 35 Jahren bei Gebirgsflug- und Rettungsspezialist „Air Zermatt”, seit mehr als 25 Jahren als Pilot tätig und leitet seit bald zehn Jahren als CEO das operative Geschäft. Anlässlich eines Militär Aktuell-Besuchs im Wallis haben wir mit ihm über die Vorteile und die Gebirgstauglichkeit des bei „Air Zermatt” eingesetzten potenziellen Alouette III-Nachfolgers Bell 429 gesprochen, aber auch über die von seinem Unternehmen angebotene Ausbildung von Militärpiloten.

Herr Biner, wie kam „Air Zermatt” zu Bell? Die Flotte bildeten zuvor etwa Lama SA 315B, aber auch diverse Eurocopter-Modelle.
Schon der erste Helikopter der lokalen Firmengründer-Familie Perren war 1968 eine Agusta-Bell 206. Und vor 25 Jahren hatten wir auch mal den Bell 412 im Unternehmen, waren zwar damit zufrieden, hatten aber seitdem und bis vor wenigen Jahren keinen Gedanken daran, wieder einen Bell-Hubschrauber zu beschaffen. Als wir aber auf der Suche nach einem leistungsfähigen und nicht zu großen Mehrzweckhubschrauber mit zwei Triebwerken wieder bei diesem Hersteller gelandet sind, waren und sind wir bis heute von deren Customer Support schwer beeindruckt. Normalerweise kommen ja die Verkäufer eines Herstellers meist immer dann, wenn sie etwas verkaufen wollen, und später spärlicher. Mit Bell hat sich über die Jahre aber eine fortdauernde, fast familiäre Beziehung entwickelt. Nebst der Freude eines Besuchs des Firmenpräsidenten haben wir echt das Gefühl, dass wir dort auch als kleiner – und sehr spezieller – Operator gehört werden.

@Georg Mader
Eine der beiden Bell 429-Helikopter von „Air Zermatt” auf dessen Heimatbasis in Zermatt.

Sie haben als operativer Chef auch selbst Erfahrung mit dem Gerät, oder?
Aber ja. Mit der Zeit ist der „Four-twenty-nine” sogar sowas wie mein Hubschrauber geworden, nicht nur ein Werkzeug im Pool der Firma. Es ist wirklich ein Gerät welches für den Kunden designt wurde, das intuitive Cockpit, die tolle Rundumsicht, insgesamt sehr vielseitig und beeindruckend zuverlässig. Und die Verfügbarkeit liegt stets gut bei über 90 Prozent. Ich wüsste jetzt wirklich nicht, was Bell diesbezüglich da noch besser oder toller machen könnte. So wie die beiden Maschinen hier bei uns funktionieren und im Einsatz sind, handelt es sich um den besten Hubschrauber, den ich in meiner langen Zeit als Pilot je geflogen habe – und ich habe viele geflogen.

Bei uns in Österreich ist der 429 als potenzieller Nachfolger der altersschwachen Alouette III im Bundesheer ein Thema. Wenn ich richtig informiert bin, dann ist der Bell 429 auch bei „Air Zermatt” in „militärischer Verwendung”, zur Aus- und Fortbildung von Militärpiloten?
Ja, stimmt, es gibt eine Vereinbarung, die auch Trainings von Piloten diverser US-Regierungsdienststellen beinhaltet. Es kommen zudem Piloten von Thailand oder Kroatien zu uns, von vielen Polizeistaffeln und staatlichen Flugdiensten, von denen viele auf Bell 429 fliegen. Alle sind von der unglaublichen Polyvalenz des Musters angetan und wir sind auch mit dem Preis-Leistungsverhältnis sehr zufrieden. Für einen sogenannten „Light Twin” ist das eine unglaublich leistungsfähige, ausgewogen gelungene und auch ökonomische Maschine – das gilt selbst mit einer möglichen Bewaffnung. Aufgrund des Aspekts der Kosteneffizienz böte sich die Type auch für die Grundschulung gut an.

@Georg Mader
Gesprächspartner: Gerold Biner ist seit 35 Jahren bei „Air Zermatt”, seit mehr als 25 Jahren als Pilot tätig und leitet seit bald zehn Jahren als CEO das operative Geschäft.

Nachdem die Beschaffung hierzulande im Rahmen eines „Katastrophenschutzpakets” erfolgt, ist das Thema Bewaffnung wohl eher zweitrangig. Allerdings: Von den bei uns projektierten 18 Stück sollen sechs „baugleiche” stets durch die Fliegerschule in Langenlebarn „rotieren”. Dort werden also nicht fix immer die gleichen sechs Maschinen sein …
… und die Helikopterausbildung mit diesem dafür doch genialen Gerät macht durchaus Sinn. Ich habe über 1.000 Stunden auf dem Eurocopter EC-135 (Anm.: Die zivile Version des heutigen Airbus H-135 wird in Österreich von Polizei und ÖAMTC betrieben) und dieses Muster ist schwieriger zu fliegen. Ähnliches gilt für die H-145er, das ist keine Bell. Man braucht als erfahrener Pilot mindestens 50 Stunden, bis man sich im Airbus-Helicopter wohl fühlt. Der große ummantelte Heckrotor bietet eine große Windangriffsfläche und ist daher aus meiner Sicht für die Helikopter-Grundausbildung nur bedingt geeignet.

@Georg Mader
Die Crew des Bell 429 von „Air Zermatt” im Rettungseinsatz: Die Starterin eines Berglaufes wird versorgt.

Nochmals zurück zum angesprochenen Training von Fremdpersonal, von Regierungsstellen. Was lernen die hier bei Euch im Detail?
Wir zeigen ihnen unsere Operationstechniken im Hochgebirge und dabei liegt besonderes Augenmerk auf dem sogenannten „Dynamic Hoist”- und „Dynamic Winching”-Training. Da geht es um raschestes Aufnehmen von Kräften, ohne lange Anflug- und Schwebephasen in einer dynamischen Bewegung, um potenziellem feindlichen Beschuss nur möglichst kurz ausgesetzt zu sein. Sollte es in so einer Situation zu einem Triebwerksausfall kommen, erlaubt der Zweimot-Hubschrauber die Ansteuerung eines Notfall-Landepunkts, wobei dabei eine gewisse Sicherheits-Geschwindigkeit unterschritten wird. Die Phase, in der ich diese sogenannte VTOS unterschreite, weil ich etwa noch eine Windenaktion machen muss und dann wieder durchstarte, muss man so kurz wie möglich halten und genau das bringen wir diesen Piloten und Crews bei.

Und das, obwohl die USA – im Unterschied etwa zu Australien, Oman und Jamaika – keine Bell 429 in militärischer Verwendung haben?
Das spielt dafür keine Rolle, da geht um Verfahren und Techniken, nicht um die Type. Jene US-Piloten sind übrigens meist UH-60-Jungs – die habt Ihr ja auch (Anm.: UH-60 ist die Typnummer des US-Militärs für den S-70 Black Hawk) – und die sind sehr schnell in der Interface-Logik des 429 und fühlen sich wohl. Eine kurze Einweisung genügt und dann heben sie damit ab – und haben bald einen Heidenrespekt vor der „kleinen” Maschine.

Lesen Sie dazu auch die Reportage „Zu Besuch bei Air Zermatt: Hoch hinaus mit dem Bell 429” und unser 5-Fragen-Kurzinterview mit Bell 429-Chefpilot Daniel Riesen. Hier geht es außerdem zu weiteren Meldungen rund um Hubschrauber-Hersteller Bell.

Quelle@Georg Mader