Aufklären mit moderner Technik vorne, großes Kaliber mit der Artillerie hinten – das Aufklärungs- und Artilleriebataillon 3 in Mistelbach vereint zwei verschiedene Waffengattungen in einem Verband.

„Zu-gleich, zu-gleich”, rufen die fünf Soldaten im Chor, als sie das Rohr der Panzerhaubitze reinigen. „Nach dem Scharfschießen machen wir das gefühlte 1.000 Mal”, so einer aus der Besatzung nach der Reinigungsaktion auf Kommando. An diesem Tag steht „Geschützdienst” auf dem Dienstplan, also Wartung und Pflege der 28 Tonnen schweren Haubitze M-109 vor den Garagen. Dafür kommt vorne auf den Metallstab eine kegelförmige Bürste. Regelmäßiges Ölen ist notwendig, damit das Rohr nicht rostet. Zehn Stück „109er” umfasst die Ausstattung des Aufklärungs- und Artilleriebataillon 3 (AAB 3) in Mistelbach.

@Sebastian Freiler
Im Kampfraum: Drei Kanoniere werken hier. Einer richtet das Rohr, einer lädt und einer betätigt den Verschluss. Der Kommandant muss über alle Tätigkeiten stets Bescheid wissen.

Hauptmann Mario Fahlke, Kommandant der 1. Batterie, ist heute damit beschäftigt, neues Personal auszubilden. Die hohe Kunst der Artillerie ist für ihn: „Völlig unterschiedliche Elemente wie etwa Erkundungs- und Vermessungstrupps, die Geschützstaffel und die Beobachtungsgruppe, den Rechentrupp, den Feuerleittrupp und die Munitionsgruppe so in Einklang zu bringen, dass am Ende alles zusammenspielt.” Dass auch tatsächlich alle Rädchen ineinandergreifen wird bei den durchschnittlich zwei Scharfschießen pro Jahr demonstriert.

@Sebastian Freiler
Oberst Hans-Peter Hohlweg, Kommandant des AAB 3: „Wir müssen ständig in zwei Waffengattungen denken. Trotzdem sind wir nicht schizophren.“

Mit den Aufklärern hat die Artillerie im Gefecht direkt nichts zu tun, denn das Steilfeuer dient – auf Brigadeebene gesehen – etwa einem Jägerbataillon als Feuerunterstützung. Ähnlich ist es um die beiden Aufklärungskompanien bestellt. „Wir müssen ständig in zwei Waffengattungen denken. Trotzdem sind wir nicht schizophren”, scherzt Oberst Hans-Peter Hohlweg, der seit 2010 Bataillonskommandant ist. Die Corona-Pandemie fordert von ihm und seinen Soldaten eine Extraportion Flexibilität „Wir wissen nicht, wann und in welcher Stärke wir in den Einsatz gehen”, sagt er. Aktuell erbringen täglich zwischen 30 und 100 seiner Soldaten Assistenzleistungen – von der Mitarbeit bei Teststraßen über Contact-Tracing bis zum Grenzmanagement. Manche der Einsätze dauern nur Stunden, andere mehrere Monate. Organisatorisches Highlight bisher: Die gleichzeitige Unterstützung von 40 Gemeinden bei den Corona-Massentests. Eine Kernaufgabe seines Verbandes sei das zwar nicht, aber es steigere das Ansehen des Bundesheeres in der Zivilbevölkerung, sagt Hohlweg. Die eigentlichen Kompetenzen beschreibt er bildhaft: „Mit der Aufklärung sind wir die Augen und mit der Artillerie der Hammer der 3. Jägerbrigade.”

Wachtmeister Alexander Wachter vom AAB 3

Die „Augen” der beiden Aufklärungskompanien sind dabei vielfältig. Neben dem Umgang mit dem gepanzerten Patrouillenfahrzeug Husar muss jeder Kadersoldat in Mistelbach eine Zusatzqualifikation erlernen: Radar, Drohne oder Gesprächsaufklärung. Bei letzterer geht es darum, durch gezielte Gesprächstechnik und den Aufbau einer Vertrauensbasis von Zivilisten einsatzrelevante Informationen zu gewinnen. „Das wird immer wichtiger, da Österreichs Auslandseinsätze meist in nicht bewaffneten Konflikten stattfinden”, erzählt Hohlweg.

@Sebastian Freiler
Augen haben die Soldaten des AAB 3 in alle Richtungen – etwa als Aufklärer mit dem Bodenradar Beagle.

Trotzdem ist die Aufklärung naturgemäß eine Spielwiese der modernen Technik. Was die menschlichen Augen nicht sehen, das entdeckt das seit zwei Jahren im Einsatz befindliche Bodenüberwachungsradar Beagle. Auf bis zu 24 Kilometer Entfernung entdeckt es Fahrzeuge und Personen, ja sogar Feldhasen – vorausgesetzt es befinden sich keine Häuser oder Wälder dazwischen. Der bedienende Wachtmeister erzählt: „Mit den Akkus sind wir bis zu 16 Stunden einsatzfähig. Die Genauigkeit liegt bei einem Meter.” Geschultert wiegt die kleine Radarstation samt Laptop aufgeteilt auf zwei fette Rucksäcke 40 Kilogramm. In der Praxis, etwa im Assistenzeinsatz, ist so ein Beagle-Trupp gemeinsam mit dem Husar unterwegs. Bei Bedarf kann aber natürlich auch querfeldein verlegt werden. Verdächtige Signale auf dem Radar werden anschließend durch „echte” Augen inspiziert.

@Sebastian Freiler
Die Aufklärer sind mit dem Husar unterwegs. Es handelt sich dabei um das Universalfahrzeug für Spähaufgaben und Patrouillen.

Doch in Sachen Technik geht noch mehr. Die 2. Aufklärungskompanie wird demnächst in eine technische Aufklärungskompanie umgewandelt. „Da gehören dann auch Drohnen dazu”, berichtet Bataillonskommandant Hohlweg, der auf baldige Zuteilung dieser unbemannten Flugobjekte hofft. Die langwierigen Vorarbeiten dafür hat sein Bataillon schon geleistet. Zwei der österreichweit vier Flugbetriebsmeister (sie managen den Drohneneinsatz in Absprache mit der Flugsicherung) sind in der Bolfras-Kaserne beheimatet. Ebenso hat man fixfertige Piloten. Hohlweg wünscht sich auch eine entsprechende Drohnenabwehr im Bundesheer. „In aktuellen Konflikten wie zuletzt in Bergkarabach sieht man, dass Drohnen immer wichtiger werden”, so der Offizier. In Zukunft müsse man auch an Mini-Drohnen denken, die von jedem Soldaten in der Jackentasche mitgenommen werden könnten.

Wie bei der Infanterie stehen auch bei der Aufklärung seit einigen Jahren vermehrt urbane Szenarien im Fokus. Augenscheinlich wird das etwa durch Mittel zum Hören durch Wände, Gesichtserkennung und die Fortbewegungen auf verschiedenen Ebenen – etwa in der Kanalisation.

@Sebastian Freiler
Gut geschützt: Die Waffenstation des Husar wird samt Kamera und überschwerem Maschinengewehr ferngesteuert.

Nicht in den Untergrund, aber mit der Nasenspitze trotzdem ganz weit nach unten geht es aktuell jeden Tag zu Dienstschluss für die Soldaten der 2. Aufklärungskompanie (KPE) des AAB 3. Auf die Befehlsausgabe folgt Krafttraining im Kasernenhof. Bald geht es für die Frauen und Männer nämlich für sechs Monate in den Kosovo, wo sie einen Teil des internationalen Aufklärungsbataillons stellen. Und bei der Vorbereitung auf diesen fordernden Einsatz darf trotz all der Technik die Muskelkraft der Mistelbacher Spezialisten nicht auf der Strecke bleiben.

@Sebastian FreilerZur Geschichte des Aufklärungs- und Artilleriebataillons 3
Das Aufklärungs- und Artilleriebataillon 3 (AAB 3) ist in der Bolfras-Kaserne in Mistelbach stationiert. Neben einem Bataillonskommando und der Stabskompanie umfasst es zwei Aufklärungskompanien (eine davon als Kaderpräsenzeinheit) und zwei Panzerhaubitzbatterien. Der Verband gehört zur 3. Jägerbrigade (Brigade Schnelle Kräfte) und stellt für diese den Informationsbedarf mit der Aufklärung sowie die weitreichende Feuerunterstützung mit der Artillerie sicher. Die Hauptwaffensyteme sind das geschützte Mehrzweckfahrzeug Husar sowie die Panzerhaubitze M-109. Darüber hinaus gehören drei Bergepanzer Greif sowie Unimog und Pinzgauer zum Bataillon. Seit 2019 hat das AAB 3 außerdem drei Stück Bodenbeobachtungsradar Beagle. Wenige Kilometer neben der Bolfras-Kaserne befindet sich der rund 20 Hektar große Truppenübungsplatz Totenhauer mit der längsten quer fahrenden Schießanlage Österreichs. Das gesamte Schießprogramm kann dort absolviert werden. Das AAB 3 hat eine Stärke von rund 260 Soldaten (davon 14 Frauen) und ist das mobilmachungsverantwortliche Kommando der Miliz-Jägerkompanie Korneuburg. Diese war im Rahmen der Mobilmachung 2020 im „Corona-Einsatz”.

Hier geht es zu einem Interview mit Wachtmeister Alexander Wachter, Geschützführer in der 1. Panzerhaubitzbatterie beim Aufklärungs- und Artilleriebataillon 3, und hier geht es zu unseren anderen Truppenbesuchen.

Quelle@Sebastian Freiler