Duale Rolle verbindet
In den USA erfüllen die Einheiten der Nationalgarde in den Bundesstaaten duale Missionen. Hauptaufgabe ist der Dienst im und am jeweiligen Bundesstaat, auch eine potenzielle Aktivierung in nationaler Funktion ist möglich. Zuvorderst dient die Nationalgarde dem jeweiligen Gouverneur in lebensrettenden und strukturkritisch relevanten Rollen. Dazu gehören Katastrophenvorsorge und -bekämpfung, diverse Notfallmaßnahmen, Cybersicherheit, Flugbetrieb und -wartung aber auch Terrorismusbekämpfung und der Schutz kritischer Infrastruktur. Der Fokus des Bundesheeres läge – in Friedenszeiten – sehr ähnlich und daher bekämen die österreichischen Soldaten im Rahmen der Partnerschaft die Möglichkeit, sich zu verbessern und Erfahrungen auszutauschen, so Fischer. In den vergangenen drei Jahrzehnten habe die SPP unzählige Beispiele dafür hervorgebracht, wie US-Staaten die Fähigkeiten anderer Nationen verbessert und umgekehrt selbst von der Zusammenarbeit profitiert haben. Allerdings müsse man beachten, so Fischer, dass nicht alle SPPs gleich sind und Aufwand sowie Beteiligung sehr unterschiedlich sein können. Letztendlich sei es wie bei jeder staatlichen Partnerschaft, dass am Ende das rauskomme, was die beiden Parteien aus der Situation machten. Einige bleiben begrenzte rein militärische Engagements, während andere sich auf gesellschaftliche, Bildungs- und Wirtschaftsmöglichkeiten ausweiten.

@Georg Mader
Jeff „Fish” Fischer ist pensionierter Oberst der USAF und Absolvent der National Defense University, mit fast einem Jahrzehnt Einsatz in Europa. „Fish” lebt inzwischen in Österreich, engagiert sich in europäischen Verteidigungsfragen und plädiert für mehr Realismus bei US-Herstellern bezüglich Beschaffungen in Europa. Er ist beruflich weiterhin aktiv, zuletzt als Executive Director und Mitbegründer bei Influenter Security A/S.

Die Sache mit der Neutralität
Sowohl für Jeff Fischer als auch für die US-Administration sei es verständlich, dass nun in Österreich einige skeptische Stimmen laut werden würden. Die Partnerschaft sollte aber keinesfalls als Störung der österreichischen Neutralität (deren verbleibender außereuropäisch wirksamer Rest beziehungsweise „spezieller Status” im EU-Bündnis ist jede leidenschaftliche Diskussion wert) angesehen werden. In der Tat wird mit dem Gegenteil argumentiert: Wie bereits erwähnt, ist jede Partnerschaft anders und wird von den Parteien befüllt oder befruchtet. Für österreichische Skeptiker nennt Fischer die Partnerschaft zwischen Serbien und dem US-Staat Ohio. Derzeit unterhalten die USA auf nationaler Ebene (ebenso etliche europäische Nationen) zur Führung unter Präsident Aleksandar Vučić ein eher schwieriges Verhältnis. Präsident Vučić fährt – mal mehr, mal weniger erfolgreich – einen Kurs der West und Ost in Einklang bringen soll, ähnlich wie es Österreichs Neutralität tat beziehungsweise tut. (Anm.: Auf Serbiens Beschaffungsliste der vergangenen Jahre stehen etwa Airbus-Hubschrauber ebenso wie MiG-29 und chinesische Kampfdrohnen.) Trotzdem wäre eine der besten Beziehungen zwischen Serbien und den USA jene in der SPP. Vučić und Serbien nutzen dies auch zu ihrem Vorteil, die Kooperation mit Ohio bietet dem serbischen Militär hervorragende Möglichkeiten, um mit in den USA geschultem Militärpersonal zusammenzuarbeiten und so sein eigenes Militär zu verbessern. Darüber hinaus dient es als Verbindung zwischen Serbien und der US-Regierung auf niederschwelligerer Ebene, welche in den Augen des Ostens laut Fischer weniger konfrontativ erlebt werde.

Erste Reaktion
Schon sein erster offizieller Besuch außerhalb Europas als Minister führte Mario Kunasek im April 2019 in die USA. Sieben Jahre war kein österreichischer Verteidigungsminister mehr dort gewesen. Kunasek hat unter anderem Kooperationen im Ausbildungsbereich zwischen dem Bundesheer und der US-Armee „an Land gezogen” und schon damals hieß es, dass sich „für Österreichs Soldaten ab 2020 neue Ausbildungsschienen auftun würden”. Und während der US-Botschafter für jene vertiefte Zusammenarbeit schon zumindest seit damals aktiv ist, wäre – dem Vernehmen nach – die jetzt seitens der Amerikaner nun angekündigte Aufnahme für das BMLV doch etwas unerwartet gekommen. Mit dem SPP werden die militärpolitischen Beziehungen zwischen den USA und Österreich jedenfalls auf neues Niveau gehoben. Und das sieht auch das Ressort so. In einer ersten offiziellen Stellungnahme per OTS zeigte sich Verteidigungsministerin Klaudia Tanner dann auch „sehr erfreut über die Bereitschaft der USA, eine Partnerschaft zwischen der US-National Guard und dem Bundesheer zu initiieren. Ziel ist es, in Zukunft Übungen und Ausbildungen gemeinsam mit Truppenteilen der US-Streitkräfte durchzuführen. Ein weiteres Ziel ist der Austausch von Experten und Beobachtern. Auch die bilateralen Beziehungen der in Europa stationierten US-Streitkräfte und dem Bundesheer sollen dadurch vertieft werden. Die USA sind ein interessanter Partner für Aus- und Weiterbildungen unserer Soldatinnen und Soldaten. Das Interesse der USA an den Fähigkeiten unserer spezialisierten Truppe, wie zum Beispiel an der Gebirgskampftruppe, ist groß. Wir können daher wechselseitig voneinander profitieren.”

@State Partnership Programme
Im Rahmen des SPP-Programms unterhalten die US-Streitkräfte bereits zahlreiche Kooperationen weltweit.

Am Montag oder Dienstag sollen sich die vom Urlaub zurückgekehrte Verteidigungsministerin und Trevor Traina zu Details treffen. Dem Vernehmen nach könnte übrigens Vermont – ergänzend zu den bereits vorhandenen Kooperationen mit dem Senegal und mit Nordmazedonien – Österreichs Partnerstaat in den USA werden. Da könnte sich wiederum auch noch eine weitere Zusammenarbeit auftun, kooperierten die Jagdkommando-Soldaten im Rahmen der „Flintlock”-Übungsserie doch bereits mehrfach mit senegalesischen Soldaten, wie auch Jagdkommando-Chef Oberst Philipp Ségur-Cabanac jüngst im Interview mit Militär Aktuell bestätigte. Ursprünglich war sogar geplant, dass unmittelbar nach der letzten „Flintlock” Ende Februar/Anfang März zwei Soldaten des senegalesischen Kampfschwimmerelements zur Ausbildung nach Österreich kommen. „Aufgrund der Corona-Pandemie musste das aber bis auf Weiteres verschoben werden”, so Ségur-Cabanac. Am Ende wird es aber auch an Österreich beziehungsweise an den konkret dafür eingesetzten Mittel liegen, ob das zu echten Transformationseffekten und einem breiten Erfahrungsgewinn führt, oder – wie in Foren bereits geunkt wird – zu einer Luftblase, die sich in netten Auslandssemestern einzelner Soldatinnen und Soldaten erschöpfe.

Hubschrauber
Laut mehreren Medienberichten (etwa von Kurier oder Kleine Zeitung) fand beim Besuch Pompeos noch ein weiteres Bundesheer-Thema Eingang in Diskussion auf höchster Ebene: Die Neubeschaffung von 18 leichten Mehrzweckhelikoptern. Das US-Unternehmen Bell-Textron bietet seine Bell 429-Hubschrauber an und Österreich will solche Geschäfte nur noch direkt mit Regierungen abwickeln. Laut jenen Berichten machte sich Pompeo nun eben für das US-amerikanische Modell stark – samt dessen beträchtlichem Anteil an heimischer Wertschöpfung, den kürzlich auch Bell Europa-Chef Duncan van de Velde im Interview mit Militär Aktuell bestätige. Auch Konkurrent Airbus-Helicopters setzt auf zahlreiche österreichische Partner und präsentierte kürzlich den H-145M in Wiener Neustadt (Interview mit Programmchef Mark Henning). Von Leonardo hat Militär Aktuell bislang leider noch keine Antwort auf entsprechende Detailanfragen zum AW169M erhalten.

Weiterführende Informationen zum Thema bietet unter anderem dieser Artikel des Standard.

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Quelle@Georg Mader, JMTC Grafenwöhr, US Embassy in Vienna, Bundesheer/Seeger, State Partnership Programme