Innerhalb kürzester Zeit entwickelten die US-Streitkräfte während des Zweiten Weltkriegs gemeinsam mit Technikern und Ingenieuren von Lkw-Hersteller Dodge auf Basis des Dodge Beep die neue WC-Serie. Schon bald sollte das Modell zum wichtigsten Arbeitspferd der US-Sanitätsdienste aufsteigen.

Jänner 1945: Eine Kampfgruppe der 2. freifranzösischen Panzerdivision bereitete sich darauf vor, Grussenheim im Oberelsass anzugreifen. Dieser Angriff sollte in klassischer frontaler Infanterieattacke über ein tiefverschneites Feld gegen die deutschen Verteidiger, die sich mit ihren 88mm-Flak hinter alten Steinmauern verschanzt hatten, vorgetragen werden. Die französischen Soldaten biwakierten in einem Feldgehölz. Hier wurde die Dodge-WC-54-3/4ton-Ambulanz von Marie-Thérèse Pezet, einer „Rochambelle” (französisch Armeejargon für Krankenschwester), zum Treffpunkt.

Es war nämlich bitterkalt, bis minus 23 Grad, und die Ambulanz war das einzige Fahrzeug, in dem es verhältnismäßig gemütlich war (mit null Grad im Innenraum). Die Soldaten wechselten sich ab und verbrachten einige Minuten im Laderaum. Nur der Kampfgruppenkommandeur, Colonel Joseph Putz, wollte nicht. Er war ein wenig abergläubisch und ließ sich lieber eine Decke geben. Am Morgen des nächsten Tages, es war der 28. Jänner, fragte Putz aber, ob er einige Details des Angriffsplanes im Führerhaus ausarbeiten könne.

Nach ein paar Stunden rief Putz seine Offiziere zu sich, die sich bei der Ambulanz versammelten. Marie-Thérèse Pezet hatte große Bedenken, sie befürchtete, die Deutschen könnten diese Stabsbesprechung entdecken und das Feuer eröffnen. So kam es auch: eine Salve von Mörsergeschossen schlug ein. Sofort begannen Marie-Thérèse Pezet und einige Soldaten, die Verwundeten in die Ambulanz zu bringen, nicht jedoch Colonel Putz, er war bei dem Feuerüberfall ums Leben gekommen. Die französischen Armeevorschriften untersagten den Transport von Toten in Ambulanzen. Nachdem sie die Verwundeten ins nächste Feldlazarett gebracht hatten, kehrten Marie-Thérèse Pezet und die anderen zurück und nahmen Abschied von Colonel Putz.

@Dennis BuijsDie Ambulanz, von der die Rede ist, war ein Dodge WC 54, das Arbeitspferd der US-Sanitätsdienste (und das anderer alliierter Armeen) im Zweiten Weltkrieg. Der Dodge WC 54 basierte auf dem Chassis des Dodge Beep, dem WC 51 (WC bedeutet „Weapons Carrier”). Allerdings war der Radstand länger und die Radaufhängung war modifiziert (die Blattfedern wurden in Blechumhüllungen versorgt und gefettet), um die Stöße beim Fahren besser abzudämpfen – wichtig beim Transport liegender Verwundeter, der WC 54 kann vier Tragbahren transportieren. Bei den großen Manövern der US Army 1941 hatte man festgestellt, dass die vorhandene Fahrzeugausstattung nicht ausreichte, um die neue Taktik, auch Fahrzeuge mit Nachschub in die vorderste Linie mitfahren zu lassen, umzusetzen. Der neue Willys Overland Jeep war zu klein und die Lkw zu groß. Die damals bei der US Army eingesetzten Fahrzeuge der Firma Dodge hatten keinen Allradantrieb beziehungsweise keine ausreichende Nutzlast.

Innerhalb kürzester Zeit wurde daher die neue WC-Serie entwickelt und die Produktion aufgenommen: eine Meisterleistung, selbst wenn man bedenkt, dass Dodge (gehörte schon damals zum Chrysler-Konzern) einer der größten US-Autohersteller war und die US Army seit 1916 mit Sanitätsfahrzeugen und Stabswagen belieferte. Es gab 14 Varianten, von denen die WC 51/WC 52 (die ersteren hatten keine Winden) die zahlreichsten waren. Der WC 54 wurde entwickelt, um die vielen älteren Ambulanzfahrzeuge, den WC 9, den WC 18 und den WC 27, zu ersetzen.

Eben genannte Fahrzeuge hatten eine Zuladung von rund 580 Kilogramm, der WC 54 immerhin schon 820 Kilogramm. Der geschlossene Metallaufbau stammte von Wayne Body Works. Der WC 54 bot Platz für den Fahrer und vier bis sieben Verwundete plus einen betreuenden Sanitäter. Es konnten vier liegende Verwundete auf Tragbahren befördert werden. Der Aufbau verfügte über eine verlässliche Heizung. Von 1942 bis 1945 war der WC 54 die meistverwendete Ambulanz bei den amerikanischen Streitkräften, bis 1953 standen WC 54 in amerikanischen Diensten (im Film und in der Fernsehserie MASH häufig zu sehen).

Einige wenige Fahrzeuge wurden auch vom US Signal Corps als Funkwagen benutzt. Auch die Militärpolizei setzte Dodge WC 54 ein: der Kastenaufbau eignete sich vorzüglich zum sicheren Transport von Straffälligen. Von der ganzen ¾-ton-WC-Serie wurden 255.173 Fahrzeuge gebaut, zumeist in Warren, Michigan. Davon waren 22.857 Exemplare Ambulanzen.

Der Dodge WC 54 wurde bis 1944 produziert. Eine vereinfachte Version war der WC 64 KD, von dem 3.500 Stück gebaut wurden (alle 1945). Bei diesem Fahrzeug war der Aufbau zusammenzulegen, was die Verschiffung vereinfachte. Es ist wahrscheinlich, dass die WC 64 KD erst nach dem Ende der Kampfhandlungen in Europa bei den Frontverbänden eintrafen. Ein einzelnes Exemplar des WC 54 wurde dem British Wheeled Vehicle Experimental Establishment (WVEE) zur Erprobung Mitte 1943 geliefert und man kam zu dem kaum überraschenden Schluss, dass der Dodge WC 54 der britischen Austin-K2-Feldambulanz überlegen war, die hatte nämlich nur die Antriebsformel 4×2.

@Dennis BuijsAls Resultat der Erprobung und aufgrund der Tatsache, dass damals die britischen Fahrzeugproduktionskapazitäten ohnehin erschöpft waren, wurde der WC 54 für das britische Royal Army Medical Corps (RAMC) und den Sanitätsdienst der freifranzösischen Streitkräfte eingeführt. Die britischen Streitkräfte setzten den WC 54 in geringer Stückzahl bei der Landung in der Normandie ein (im Mickey-Mouse-Tarnschema). Exportiert wurden die WC 54 dann noch in eine ganze Reihe von weiteren Staaten (unter anderen Belgien, Griechenland, Brasilien, Österreich, Norwegen).

Unter den NATO-Staaten, die das Fahrzeug am längsten nutzten, befand sich Griechenland, bei der griechischen Luftwaffe war es noch in den 1980er-Jahren im Einsatz. Während der Produktionszeit des WC 54 gab es kleinere Modifikationen: so waren die Sitze für Fahrer und Beifahrer zunächst mit Leder bezogen, später mit Segeltuch. Andere Veränderungen betrafen den Einfüllstutzen und das Lenkrad.

Hier die technischen Daten:
Motorleistung: 92 PS /68 kW bei 3.200 min
Motortyp: T 214 6-Zylinder Benzin
Länge: 5.940 Millimeter
Breite: 1.970 Millimeter
Höhe: 2.300 Millimeter
Bodenfreiheit: 270 Millimeter
Höchstgeschwindigkeit: 85 km/h
Antriebsformel: Allrad 4×4
Zulässiges Gesamtgewicht: 2.790 Kilogramm

Quelle@Dennis Buijs