Die 105-mm-Haubitze FV 433 Abbot bildete über Jahre hinweg das Rückgrat der britischen Artillerie. Zu den Vorzügen des Systems gehörten seine Schwimmfähigkeit (!) und die relativ große Mündungsgeschwindigkeit der Waffe, die das Geschütz auch für die Panzerbekämpfung eignete.

In den 1960er- und 1970er-Jahren waren Panzerhaubitzen des Kalibers 105 mm in den Armeen der NATO-Länder weit verbreitet. Dabei wäre zunächst vor allem die Panzerhaubitze M-52 zu nennen, die in den USA (ab 1957) und in einer ganzen Reihe von anderen NATO-Ländern (ab 1958) verwendet wurde, unter anderen auch von der deutschen Bundeswehr.

Spätere Entwicklungen waren die amerikanische M-108, die französische AMX-105 und der britische FV 433 Abbot, der bei der britschen Armee den mit einer 25-Pfünder-Kanonenhaubitze ausgerüsteten Sexton ersetzte, eine kanadische Entwicklung.

@Dennis BuijsDie Panzerhaubitze Abbot wurde auf dem Chassis des Transportpanzers FV 432 (FV = Fighting Vehicle) aufgebaut. Im Jahre 1958 begann die Entwicklung beim „Fighting Vehicles Research & Development Establishment“. Der erste von zwölf Prototypen (sechs davon hatten Diesel-, die sechs anderen Benzinmotoren) wurde 1961 bei Vickers fertiggestellt. 1966 gingen sechs Prototypen in den Truppenversuch.

Die Serienproduktion lief von 1964 bis 1967. Royal Artillery Regiments sowohl bei der British Army of the Rhine (BAOR) als auch in Großbritannien selbst waren ab 1967 mit diesem Fahrzeug ausgerüstet. Normalerweise hatte eine Armoured Division der BAOR in den 1970er-Jahren drei Royal Artillery Regiments in Bataillonstärke, davon waren zwei mit Abbots, eines mit M-109 ausgerüstet.

Diese Royal Artillery Regiments hatten drei schießende Batterien mit jeweils sechs Abbots. Zu jeder Panzerhaubitze gehörte noch ein Stalwart-Munitionstransporter. Zu einer „Gun Section” gehörten drei Abbots, drei Stalwarts, ein FV 432 Transportpanzer und ein Ferret oder Landrover.

Aufgrund des um 360° drehbaren Turmes und der mit 17.000 Metern relativ großen Reichweite der Waffe blieb der Abbot recht lange im Dienst. So zählten die britischen Streitkräfte 1990 noch 160 Abbots und 20 Value-Engineered Abbots; zwei Jahre später standen immer noch 151 Abbots in Dienst der Briten, die zum selben Zeitpunkt über 109 M-109 verfügten.

Ein fahrender Bunker, schwer und massig: Der Bison

Zu den Vorzügen des Abbot gehörten seine Schwimmfähigkeit mit Hilfe eines faltbaren Schwimmbalges und die relativ große Mündungsgeschwindigkeit der Waffe, die das Geschütz zur Panzerbekämpfung im direkten Richten (bedingt) geeignet machte. Die Panzerabwehrfähigkeit war bei der Konstruktion des Systems von Anfang an in den Fokus genommen worden. So gehörten zur Standardkampfbeladung auch acht HESH-Granaten, das heißt, Sprenggranaten mit Quetschkopf (zur Panzerbekämpfung geeignet).

Der Höhenrichtbereich ging von minus 5° bis 70°, die Höhenrichtung erfolgte von Hand, der Turm war aber mit einer kraftgetriebenen Seitenrichtmaschine ausgerüstet. Ansetzen und Einrammen der Geschosse erfolgte hydraulisch, die Kartuschen respektive Treibladungen mussten von Hand angesetzt werden.

Die Waffe selbst war eine Kanonenhaubitze mit der Rohrlänge von 37 Kalibern (L/37). Die Reichweite dieser Waffe übertraf mit 17 Kilometern die anderer vergleichbarer Panzerartillerie: So hatte die französische AMX-105 eine Schussweite von 14,5 Kilometern (bei der französischen) und von 15 Kilometern (bei der niederländischen Version), die wesentlich ältere M-52 erreichte nur eine Schussweite von 11,2 Kilomerer. Allerdings war der Vorrat an Bereitschaftsmunition beim Abbot recht begrenzt: nur 40 Schuss wurden mitgeführt. Die AMX-105 zum Vergleich hatte beispielsweise 56 Schuss an Bord. Die Kanonenhaubitze war mit einem Rauchabsauger ausgestattet (Kanonenhaubitze = Richtbereich einer Haubitze, ballistische Leistungen einer Kanone).

Das größte Manko war aber die Feuerkraft der Kanonenhaubitze, deren Zielwirkung nur rund ein Drittel einer 155-mm-Haubitze erreichte. Eine vereinfachte Version („Value-Engineered Abbot”, 1967 öffentlich vorgestellt) wurde für den Export produziert, die indische Armee wurde mit 68 Stück der größte Abnehmer, 20 „Value-Engineered Abbots” wurden für die britischen Streitkräfte beschafft. Vier davon wurden auf dem Suffield Training Ground in Kanada zu Trainingszwecken verwendet. Der Unterschied zur ursprünglichen Version des Abbots bestand im Fortfall der Gummipolsterung der Ketten, der Einsparung des Fla-MGs, und dem Fehlen weiterer technischer Einrichtungen wie Brandwarnsystem, Nachtsichtgeräten, ABC-Schutzbelüftung und Schwimmfähigkeit.

Ein Blick auf die technischen Daten:

Gewicht:                         15,5 Tonnen
Länge:                            5,84 Meter
Breite:                            2,64 Meter
Höhe:                             2,49 Meter
Höchstgeschwindigkeit:    48 km/h
Fahrbereich:                    390 Kilometer
Besatzung:                      4 Mann

Mit vier Mann konnte die Panzerhaubitze bedient werden, allerdings gehörten zur vollen Besatzung sechs Soldaten, zwei Ladeschützen fuhren auf dem zugehörenden Stalwart mit. Der Fahrer saß rechts neben dem Frontmotor, einem Vielstoffmotor mit 240 PS. Das Fahrzeuggewicht betrug 17,8 Tonnen.

@Dennis BuijsAuf der Basis des Abbots wurde 1971 von der Firma Vickers ein mit zwei 30-mm-Maschinenkanonen (vom Typ HS 831 L) bewaffneter Flugabwehrpanzer (Falcon) entwickelt, der aber nicht über das Prototypenstadium hinauskam.

Die Wirksamkeit von Panzerartillerie im Kaliber 105 mm wurde länger schon von Experten in Frage gestellt. Da aus der trinationalen Entwicklung Panzerhaubitze 70 (mit Deutschland, Italien und Großbritannien) nichts wurde, kam es zur Ablösung des Abbot durch eine nationale Eigenentwicklung. Die Abbots wurden ebenso wie die M-109 in der britischen Armee durch die Panzerhaubitze AS90 Braveheart ersetzt. Indien mottete 80 Abbots/Value-Engineered Abbots ein.

Panzerhaubitzen Abbot sind relativ häufig in Militärmuseen anzutreffen und auch bei privaten Sammlern beliebt, da aufgrund der Austauschbarkeit vieler Teile mit dem Transportpanzer FV 432 eine hinreichende Ersatzteilversorgung gewährleistet ist.

Eine Bemerkung noch zur „British Army Training Unit Suffield” (BATUS): Diese Trainingseinrichtung besteht seit 1971, und jeden Sommer trainieren dort britische Einheiten, im Winter dient die Anlage dem Training kanadischer Truppenverbände. CFB Suffield (in der Provinz Alberta, rund 250 Kilometer von Calgary entfernt) ist mit rund 2.700 Quadratilometern die größte Trainingseinrichtung der kanadischen Landstreitkräfte. Die dort stationierten britischen OPFOR-Einheiten waren in der Vergangenheit wie schon erwähnt auch mit Abbots ausgestattet. Sie zeichnen sich durch ein distinktives Zwei-Farben-Tarnschema aus.

Quelle@Dennis Buijs