Die Furcht vor einer deutschen Invasion in den Monaten nach der Schlacht von Dünkirchen hatte in Großbritannien auch durchaus kuriose Folgen: Mit dem Bison wurde ein Fahrzeug zum Schutz der Flugplätze gegen deutsche Luftlandungen entwickelt. Um damit die prekäre Versorgung mit Stahl- und Eisenressourcen nicht weiter zu strapazieren, wurde zur Panzerung auf Beton gesetzt.

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Bison auf Lkw mit kurzem Radstand

Charles Bernard Mathews war ein Direktor von „Concrete Limited”. Außerdem hatte er als ehemaliger Soldat der Royal Engineers Erfahrung mit der Anlage von Befestigungen. Er kam auf die Idee, durch Aufsetzen eines Aufbaus aus Beton auf ein Lkw-Fahrgestell so etwas wie einen fahrbaren Bunker zu schaffen. Mathews dachte gar nicht daran, dass diese Fahrzeuge Panzerwagen ersetzen könnten, mit ihnen könnten allerdings vorzüglich Rollbahnen und Straßen blockieren werden.

Er brachte es so auf den Punkt: „Concrete pill-boxes will never take the place of armoured cars and tanks, but the enemy would find them a serious obstacle. Their great attraction is that anybody can make them – once he knows how”, so zitierte ihn die Londoner Times am 10. Dezember 1940. („Bunker aus Beton werden niemals Panzerwagen und Panzer ersetzen, aber der Feind würde sie als ernsthaftes Hindernis empfinden. Ihr großer Reiz liegt darin, dass jeder sie herstellen kann – wenn er weiß wie.”)

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Sieht unbeweglich aus – und war es auch: Die „Beton-Bisons” konnten nur sehr langsam bewegt werden.

Mathews kaufte 24 alte Lkw und ließ die Betonaufbauten montieren. Nach Verbesserungsvorschlägen durch die Army gingen die nach dem Firmenlogo von „Concrete Limited” Bison genannten Fahrzeuge in Serie. Dazu wurden die Fahrzeuge ins Werk von „Concrete Limited” in Stourton (bei Leeds) gebracht, wo man die Karosserie entfernte und hölzerne Verschalungen anbrachte. Als Armierung wurden Streckmetallbleche eingesetzt, dann ein sehr hochwertiger Calziumaluminatbeton gegossen.

Es gab drei Versionen: einen leichteren Typ auf einem zweiachsigen Fahrgestell, und zwei schwerere (meist) auf dreiachsigen Fahrgestellen. Zwischen 200 und 300 dieser Fahrzeuge wurden insgesamt produziert (die ursprüngliche Bestellung des Air Ministry belief sich auf 300 Bisons). Die Besatzung bestand in der Regel aus fünf Mann.

@Archiv Seehase
Insgesamt wurden zwischen 200 und 300 Bisons gebaut – nach dem Krieg fanden die Fahrzeuge keine Verwendung mehr.

Der bunkerartige Betonaufbau mit bis zu 150 Millimeter starken Wänden belastete die Fahrgestelle schwer. Wenn überhaupt ließen sie sich nur in sehr langsamer Fahrt bewegen. Die Kühlung der Motoren reichte nicht, die Sichtmöglichkeiten des Fahrers waren sehr bescheiden, um es vorsichtig auszudrücken. Einige Bisons waren auf den Fahrgestellen dampfgetriebener Lkw aufgebaut, hier baute man in den meisten Fällen die Kessel aus, dann trug das massive Fahrgestell den schweren Betonaufbau ohne Probleme. Allerdings mussten diese Vehikel dann in Position geschleppt werden. Als „mobile pill-box” stand dann später in der Gestalt der Beaverette Mk III und Mk IV etwas Unauffälligeres und Beweglicheres zur Verfügung. Ein erhaltener Bison (auf Thornycroft-Dreiachs-Fahrgestell) steht im Panzermuseum Bovington.

Literaturtipp:
Ollesch, Detlef u.a.: Mit Union Jack und Jerrycan, Aachen 2016.

Quelle@War Office, Archiv Seehase
Hagen Seehase (Jahrgang 1965) absolvierte nach seinem Wehrdienst bei der deutschen Bundeswehr ein Studium der Germanistik und Geschichte. Heute ist er Lehrer im staatlichen Schuldienst und kann auf bislang 24 Buchveröffentlichungen zu historischen und militärhistorischen Themen zurückblicken. Hagen Seehase ist verheiratet, zwei Kinder, Jäger und Sportschütze, Segelflieger und Modellbauer.