Diverse Anstrengungen und Entschließungsanträge – sowohl im EU-Parlament (siehe hier) als auch im österreichischen Parlament (Parlamentarische Materialien) – zu einem völkerrechtlichen Verbot sogenannter autonomer Waffensysteme ohne oder mit (zu) wenig menschlicher Kontrolle zum Trotz, schreitet deren Entwicklung unaufhaltsam voran. Dabei wird das finale militärische Ziel auch gar nicht (mehr) geleugnet.

In den USA führte am 29. April das sogenannte „Skyborg-Vanguard-Führungsteam” auf der Tyndall AFB in Florida einen zweistündigen und zehnminütigen Flugtest des künftigen KI-Gehirns „Skyborg Autonomy Core Systems” (ACS) an Bord einer taktischen UTAP-22 Mako-Drohne der Firma Kratos erfolgreich durch. Als definierter Meilenstein-1 der sogenannten „Autonomous Attritable Aircraft Experimentation (AAAx)-Kampagne”, führte das ACS eine Reihe grundlegender Verhaltensweisen durch, die erforderlich waren um den sicheren Systembetrieb zu charakterisieren. Das ACS demonstrierte dabei laut Aussendung „grundlegende Flugsteuerungsfähigkeiten und reagierte auf programmierte Navigationsbefehle, während es auf Georeferenzen reagierte und klaglos koordiniertes Manövrieren demonstrierte”. Es wurde dabei sowohl von der Luft- als auch von den Bodenleit- und Kontrollstationen überwacht – aber nicht gesteuert.

@USAF
Brigadegeneral Heather Pringle, Kommandantin des „Air Force Research Laboratory” und Skyborg Technology Executive Officer.

Das „Skyborg-Vanguard Team” ist eine neue Programm-Konstellation, welche Brigadegeneral Dale White als Program Executive Officer (PEO) Skyborg im Rahmen von „Fighters and Advanced Aircraft” und Brigadegeneral Heather Pringle, Kommandantin des „Air Force Research Laboratory” (AFRL) als Skyborg Technology Executive Officer (TEO) verbindet. Die 96th Test Wing – unter der Leitung von Brigadegeneral Scott Cain – dient als ausführender Teil für diese Testmissionen. Unter jenen waren bereits auch solche mit von F-15C gestarteten Mako.

Klare Aussagen wohin es gehen soll
Assoziierte Kommentare nach dem Test lasen sich wie folgt: „Wir freuen uns sehr über den erfolgreichen Flug einer frühen Version des Gehirns des Skyborg-Systems”, sagte Brigadegeneral White. „Es ist der erste Schritt in einem Marathon des progressiven Wachstums für die Skyborg-Technologie. Diese ersten Flüge starten die Experimentierkampagne, die das ACS weiter reifen lassen und Vertrauen in das System aufbauen wird.” Brigadegeneral Pringle ergänzte: „Meilenstein-1 ist der erste Schritt beim Testen des ACS und beginnt eine Abfolge von Experimentierereignissen, die in den nächsten Monaten geplant sind. Durch diese operative Experimentierkampagne nähert sich das AFRL an, frühzeitig mit Anwednern zu interagieren und diesen volle Autonomie über die gesamte Mission innerhalb eines relevanten Zeitplans zu liefern.” Brigadegeneral Cain betonte die Eigenständigkeit des Systems: „Meilenstein-1 war das erste Mal, dass aktive Autonomiefähigkeit auf einem Testgelände der Luftwaffe demonstriert wurde und ist ein erster Schritt zur Integration darauf basierender Geräte in eine komplexe Betriebsumgebung.”

@Kratos
Bei ihrem sechsten Flugtest hat die XQ-58A Valkyrie erstmals eine kleine Drohne aus ihrem internen Waffenschacht abgesetzt.

Auch hier – loyaler Flügelmann im Systemverbund
Es wird im Zusammenhang mit Skyborg von der USAF kommuniziert, dass diese Demonstrationstests auf eine direkte Zusammenarbeit zwischen bemannten Flugzeugen und mehreren ACS-gesteuerten unbemannten Flugzeugen abzielen („Manned Unmanned Teaming”). „Ziel von Skyborg-Vanguard-ist es, vollwertige Autonomie mit kostengünstiger und verlust-akzeptabler unbemannter Luftfahrzeugtechnologie zu integrieren, um dieses Zusammenwirken zwischen heutigen und künftigen Kampfflugzeugen und den sogenannten ,loyal wingmen’ zu ermöglichen. Skyborg wird dabei die Grundlage schaffen, auf der die USAF ein autonomes ‚best-of-breed’-System aufbauen kann, das sich an eine Vielzahl von immer komplexeren Missionssets anpasst, sich selbst orientiert und je nach Situation mit Menschen reagiert oder auch selbst entscheidet.” Dieses Konzept wird auch in beiden europäischen Programmen der 6. Generation angestrebt, über etwas wie Skyborg ist aber (noch) nichts bekannt.

@Kratos
Im laufenden Jahr sollen noch sechs bis zehn Stück der XQ-58A Valkyrie an die USAF geliefert werden.

Mako nur Testträger
Die Bauteile und das Software-Engineering von ACS kommt von Leidos Inc. aus Reston VA. Die Firma Kratos aus San Diego hat parallel im Rahmen einer 50 Millionen-US-Dollar-Initiative (41 Millionen Euro) zur Entwicklung eines leistbaren taktischen unbemannten Flugzeugs auch die Entwicklung des Mako (UTAP-22) selbst getragen. 2012 hat man Composite Engineering Inc. aufgekauft, welche die Zieldarstellungsdrohne – hier ist die inzwischen inflationäre Bezeichnung „Drohne” ursächlich berechtigt – BQM-167 Skeeter herausgebracht hat. Die orangfarbenen Skeeter sind – mit letalem Schicksal – heute im Gebrauch bei der USAF. Daraus entwickelte Kratos UTAP-22 Mako mit einer Geschwindigkeit knapp unter Mach-1, eineer Gipfelhöhe von 50.000 Fuss und einem Lastvielfachen bis 9G. Mako kann intern 175 Kilogramm oder extern 250 Kilogramm Außenlasten tragen und bei einer Reichweite von 1.500 km drei Stunden in der Luft bleiben. Gelandet wird – bei Skeeter normalerweise nicht vorgesehen aber auch integriert – mittels Fallschirm. Bei einem Preis etwas zwischen zwei und drei Millionen US-Dollar (1,64 bis 2,47 Millionen Euro) hat Kratos vom U.S. State Department 2018 die Genehmigung erhalten, Mako auch in Europa und Asien zu vermarkten.

@Kratos
Die Kratos UTAP-22 Mako kommt auf eine Höchstgeschwindigkeit von knapp unter Mach-1.

Steve Fendley als Präsident der Kratos-Drohnensparte sagte zum gegebenen Anlaß: „Der UTAP-22 Mako ist seit seiner Einführung im Jahr 2015 ein wichtiges taktisches unbemanntes System, welches sich kontinuierlich weiterentwickelt und sowohl bei Technologiedemonstrationen als auch bei militärischen Übungen genutzt wird. Darüber hinaus ist Mako idealer Technologie-Inkubator für die Missionierung des XQ-58A Valkyrie, welche zusammen mit ihm und Gremlins (ein Subunternehmer von Dynetics Corp.) für eine Familie taktischer Luftfahrzeuge im Kratos-Portfolio für eine breite Palette taktischer Anwendungen und -Missionen ausgelegt ist. Diese jüngsten AAAx-Testerfolge als Teil des Skyborg-Vangurd-Teams zeigen, was mit einem fokussierten Team aus Regierung und Industrie erreicht werden kann und welches Potenzial hier für die taktische Missionsarena besteht.”

@USAF
Spannendes Trio: XQ-58A Valkyrie mit F-35 und F-22.

Skyborg kommt in XQ-58A Valkyire
Mako ist dennoch nur ein Zwischenschritt, Skyborg wird später die Steuerung der deutlich größeren Walküre übernehmen, von welcher zwei firmeneigene Geräte fliegen und zwischen sechs bis zehn Produktionseinheiten bereits bis Ende 2021 an die USAF geliefert werden. Die Firma habe laut Kratos-CEO Eric DeMarco Anfang 2020 auf eigenes Risiko bereits – bei ungefähr gleichen Kosten wie Mako – mit der Fertigung von zwölf Stück XQ-58A begonnen, in Erwartung oder Überzeugung von deren „Alleinstellungsmerkmalen”, welche dann im vergangenen Dezember durch eine Order im Umfang von 37,7 Millionen US-Dollar (30,98 Millionen Euro) des „Air Force Life Cycle Management Center – Advanced Aircraft Program Executive Office” bestätigt wurden. Durch jenes beauftragt und definiert wurde die „Bereitstellung von Hardware und Software zur Befähigung der autonomen Kontrolle und Führung eines sogenannten ‚loyal wingman’, welcher im Verbund mit bemannten Kampfflugzeugen operieren kann.”

@Leidos
Die Bauteile und das Software-Engineering von ACS kommt von Leidos Inc. aus Reston VA.

Dabei soll Skyborg beispielsweise an der Seite von F-35 Jets trainieren und lernen, feindliche Lufträume voraus-aufklären, festgestellte Informationen mit deren Piloten und anderen am Gefechtsfeld teilen oder auch anhand interner Bibliotheken erkannte Bedrohungen ausschalten. Der Vertrag inkludiert auch kundenspezifizierte Missionslasten – auch bei Valkyrie gibt es einen internen Waffenschacht (siehe hier) und den gewünschten Grad an Autonomie. Brigadegeneral Pringle schätzt, dass eine Erst-Operationsfähigkeit 2023 erreicht werden sollte.

Der Skyborg spielt übrigens auch bei der bereits eingeleiteten Nachfolge des F-22 Raptor als KI-gesteuertes „Computer Brain” eine Rolle (siehe Bericht). Hier geht es zu weiterführenden Information.

Quelle@Kratos