Eine offizielle Bestätigung ist zwar noch ausständig, nach der Verabschiedung des US-Ukraine-„Lend-Lease”-Gesetzes für die Haushaltsjahre 2022 und 2023 (mit 417 zu 10 Stimmen!), dürften die USA neben M1-Abrams-Kampfpanzern, Patriot-Luftabwehrsystemen und Bradley-Schützenpanzern nun aber auch F-16-Kampfflugzeuge an die Ukraine liefern.

Die Pläne dürften sich bereits in einem fortgeschritteneren Stadium befinden, da aktuellen Informationen zufolge ukrainische Piloten schon seit längerer Zeit auf den Maschinen ausgebildet werden. Unterstützung dürfte dabei von Polen kommen, wo aktuell 48 Maschinen in der F-16C/D Block 52+ Version in Betrieb sind. Aktuell ist es schwierig bis unmöglich Bestätigungen und Details zur geplanten Unterstützung der NATO-Länder für die Ukraine zu erhalten (future OPSEC). Sollten aber tatsächlich F-16 in signifikanten Stückzahlen in die Flotte der ukranischen Luftwaffe aufgenommen werden, könnte das für die Kämpfe im ukrainischen Luftraum ein echter „Gamechanger” sein. Noch immer kontrolliert Russland den Luftraum nicht wirklich, die Frage wird aber vor allem sein, ob es der Ukraine gelingt ein komplexes neues System in einer derart kurzen Zeit nicht nur einzuführen, sondern auch erfolgreich in Kämpfen einzusetzen. Das wird in jedem Fall ein Experiment und ein „Wetllauf mit der Uhr”.

@Georg Mader
Der Airchief der Ukraine, Generalleutnant Mykola Oleschtschuk, auf einer älteren Aufnahme bei der Dubai International Airchiefs Conference.

Ukrainischer Luftwaffenkommandant argumentierte im Vorfeld
Der ukrainsiche Luftwaffen-Kommandant Generalleutnant Mykola Oleschtschuk sagte bereits Ende April, dass seine Luftwaffe neben modernen Mittel- und Langstreckenabwehrraketensystemen auch moderne Kampfflugzeuge brauche, um gegen die russischen Flugzeuge vorgehen zu können, die ukrainische Städte bombardieren. Oleschtschuk sagt zur „Ukrayinska Prawda”: „Wir sind der ganzen Welt dankbar für humanitäre, politische und finanzielle Unterstützung, Sanktionsdruck auf den terroristischen Staat und militärisch-technische Hilfe sowie Waffen, die bereits die Ausrüstung der Besatzer zerstören. Aber diese Waffen reichen nicht aus, um zu gewinnen! Es reicht nicht aus, dass die Luftwaffe den Himmel über der Ukraine mit Stinger- und Starstreak-Luftverteidigungssystemen abdeckt, die von unseren Partnern zur Verfügung gestellt werden. Das ukrainische Militär kann damit die Flugzeuge der russischen Besatzer, die derzeit Bomben auf ukrainische Städte aus acht Kilometern Höhe und mehr abwerfen, nicht abschießen. Dies erfordert moderne Mittel- und Langstreckenraketensysteme, die den Himmel effektiv abdecken können, sowie moderne Kampfjets, um sie abzuhalten oder abzuschießen. Die amerikanischen F-16, F-15 und vielleicht F-18 würden ausreichen, um den ukrainischen Streitkräften diesen Vorteil zu verschaffen. Diese Flugzeuge verfügen über ein leistungsstarkes Bordradar, bessere technologische Ausrüstung und vor allem über ,Fire-and-Forget’-Lenkwaffen. Wir möchten unter allen Bedingungen westlich hergestellte Ausrüstung erhalten, die technologisch und effektiver als die russische ist. Der Krieg wird nicht so schnell enden, wir brauchen diese Waffen heute.”

@Georg Mader
Ein Line-up der etwas anderen Art: F-16s warten in Reih und Glied.

Laut dem Airchief habe die Ukraine „bereits einen Aktionsplan, um Piloten und Luftfahrtingenieure so schnell wie möglich umzuschulen”, Die Frage ist nun, wie lange das dauern kann. Ein bereits ausgebildeter Kampfjet-Pilot beziehungsweise jedenfalls ein Fluglehrer, sollte das neue Gerät fliegerisch in zwei Wochen beherrschen (Umstieg metrisch auf Fuss/Meilen inklusive). Aber die Einschulung auf ELOKA und Radar, die Waffenbedienung sowie die taktiksche Ausbildung mit dem neuen Gerät dauern mindestens drei Monate. Und um die ganze Technik (Warte) zu beherrschen, ist ein Zeitraum von bis zu zwei Jahren nötig, überhaupt wenn man bedenkt, dass das Personal dabei auch von Russisch/Ukrainisch auf Englisch umgelernt werden muss. Unklar ist zudem auch, ob es sich bei den Maschinen um F-16C/D aus der aktiven USAF handelt, die jetzt laufend durch F-35 ersetzt werden, oder um ältere Blocks die in Davis-Monthan (AZ) eingelagert sind, und für deren „Wiedererweckung” wohl noch mehr Zeit veranschlagt werden müsste.

@Georg Mader
Die slowakischen MiGs erhielten 2006 bis 2008 im Zuge einer Aufwertung das AN/APX-113 IFF-Abfragesystem von BAE-Systems, mit den vier charakteristischen ESA-Balken oben vor dem Cockpit und einem unter der Rumpfnase. Des Weiteren AN/ARC-210 Funkgeräte, AN/ARN/1472 VOR/ILS Receiver und AN/ARN/153 Digital TACAN Receiver, alles von Rockwell Collins. Alles verbunden via MIL-STD-1553B Databus. Im Cockpit kam ein MFI-54 Farbdisplay und ein PUS-29 Systembedienelement (unter dem HUD-Display) zum Einbau, zudem wurden alle Kalibrierungs-Anzeigen von Meter/Kilometer (russisch) auf Fuß/Meilen umgestellt.

Laut den Verteidigungsministern von Polen und der Slowakei werden übrigens polnische F-16C/D-52 – von polnischen Basen aus – auch die QRA (Quick Reaction Alert) für den slowakischen Luftraum übernehmen, wenn die Slowakei ihre zwölf aktiven MiG-29AS/UBS aus dem Dienst nehmen wird. Jene wurden 2006 bis 2008 mit westlicher Navaid-Instrumentierung und IFF (Freund-Feind Identifizierung) aufgewertet, werden nun aber – da ohne Support von Russland – absehbar nicht mehr länger operationell bleiben können. Wenn das passiert und die Maschinen möglicherweise der Ukraine überlassen werden, muss der slowakische Luftraum durch die Polen mit-abgedeckt werden, bis die Slowakei 2024/25 mit ihre eigenen neuen F-16C/D/70 wieder übernehmen kann.

Wie es zu den Neptun-Treffern auf der „Moskwa” kam

Verräter in der Luftwaffe
Die „Ukrayinska Prawda” berichtete am 27. April übrigens auch, dass der militärische ukranische Spionageabwehrdienst SBU einen Beamten einer Verteidigungseinrichtung in der Region Schitomir entlarvte, der geheime Informationen über den Status ukrainischer Kampfflugzeuge und die Infrastruktur der Luftwaffe gesammelt habe und sie – über Instant Messenger – an zwei Bürger der Russischen Föderation weitergeben wollte, die im begründeten Verdacht stehen, mit den Sonderdiensten der Russischen Föderation in Verbindung zu stehen und von ihnen kontrolliert zu werden. Dem Bericht zufolge handelte es sich bei einer der beiden Personen um den Bruder des Beamten. Dieser sei 2014 auf die russische Seite übergelaufen und diene jetzt in der Staatsanwaltschaft der Russischen Föderation, die zweite Person sei ein ehemaliger Klassenkamerad. Die vom Verräter gesammelten Informationen – Staatsgeheimnisse wie betont wird – betrafen ukrainische Kampfflugzeuge und die Folgen von Raketenangriffen auf einen Militärflugplatz, einschließlich des Ausmaßes der Schäden an der Ausrüstung und der durchgeführten Reparaturarbeiten. Ermittler der SBU haben den Verdächtigen des Hochverrats nach Artikel 111 Teil 2 des Strafgesetzbuchs der Ukraine angeklagt und das Gericht hat den Verdächtigen vorsorglich bis zum Prozess festgenommen. Dem Verräter drohen 15 Jahre bis lebenslange Haft mit Vermögensbeschlagnahme.

@Georg MaderHier übrigens die neue(ste) Liste der im ukranischen „Land-Lease-Vertrag” definierten Hauptwaffensystem:
– M1 A2 Abrams Kampfpanzer
– US M2A3 Bradley Schützenpanzer
– Paladin M109A6 155mm selbstfahrende Artillerie
– M142 Raketen-Artillerie
– M270 Mehrfach-Rakenwerfer
– Das norwegische NASAMS Luftabwehrsystem
– MIM-104 Patriot Luftwabwehrsystem
– General Dynamics F-16 Fighting Falcon Kampfjets

Mit dieser auch bereits historisch einzuordnenden Entscheidung des US-Kongresses scheint es, dass die Ukraine für einen langen Kampf gerüstet wird. Dieser könnte laut diversen Experten und Analysten bis zu fünf Jahre dauern – also deutlich länger als ursprünglich gedacht. Schon sprechen viele Beobachter bereits von einem neuen Stellvertreterkrieg der beiden Supermächte.

Quelle@Georg Mader