Militär Aktuell-Serie: Generalmajor Johann Frank berichtet in jeder Ausgabe über Neuheiten und Entwicklungen rund um die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) der Europäischen Union. Dieses Mal im Fokus: Die bestehenden Partnerschaften zwischen der EU/GSVP auf der einen Seite und der NATO, der UNO sowie der OSZE andererseits.

Die EU ist keine Militärmacht und wird wohl auch nie eine werden. Die EU ist aber eine Ordnungsmacht und diese beruht auf der Fähigkeit zur (Durch-)Setzung von Regeln und auf internationaler Akzeptanz. In Verfolgung dieser Politik des „effektiven Multilateralismus” ist die EU auf die Zusammenarbeit mit internationalen Institutionen und Partnern angewiesen. Wie es mit der Zusammenarbeit mit der NATO, der UNO und der OSZE sowie anderen strategischen Partnern weitergehen soll, wird aktuell im Rahmen des „Strategischen Kompass” diskutiert. Grundsätzlich gilt, dass die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) als ein für Partner offenes Projekt angelegt ist, sofern diese die politischen Interessen und Werte der EU teilen und einen operativen Mehrwert einbringen.

Der wichtigste Sicherheitspartner für die EU ist die NATO. Während diese aber die Territorialverteidigung zur Kernaufgabe hat, fokussiert die EU/GSVP bislang vor allem auf internationales Krisenmanagement. Die strategische Partnerschaft zwischen EU und NATO umfasst aktuell 74 Projekte. Aus analytischer Sicht wäre eine klarere Arbeitsteilung entlang der Linien der komparativen Stärken wünschenswert. Wobei die EU aufgrund des umfassenderen Instrumentenkastens ihr Leistungsprofil zur Bewältigung hybrider Bedrohungen, Terrorismus, Cyber­attacken und der Folgen des Klimawandels stärken und ihre militärische Leistungsfähigkeit im Sinne einer „strategischen Autonomie“ ausbauen sollte, sodass sie möglichst eigenständig Krisen im eurostrategischen Vorfeld managen kann. Die Kerninteressen Österreichs an der Zusammenarbeit mit der NATO im Rahmen der Partnerschaft für den Frieden sind die Teilnahme am transatlantischen Sicherheitsdialog, die Einsätze auf dem Westbalkan und die Sicherstellung der internationalen militärischen Zusammenarbeitsfähigkeit. Da alle relevanten technischen, operativen und ausbildungsmäßigen Standards von der NATO gesetzt und von der EU übernommen werden, wirkt sich die von der Türkei geführte Blockadepolitik gegenüber Österreich langfristig vor allem negativ auf die Erhaltung der (internationalen) Einsatzfähigkeit aus.

Die Zusammenarbeit in den Bereichen Sicherheit und Frieden ist ein wesentlicher Teil der strategischen Partnerschaft zwischen UNO und EU. Aktuell steht die EU in 13 ihrer 17 Einsätze Seite an Seite mit der UNO. Ein wesentliches Ziel ist es daher, die zukünftige Effizienz bei gemeinsamen Einsätzen zu verbessern. Für Österreich kommt der UNO in Fragen der internationalen Sicherheit und des Weltfriedens die größte Bedeutung zu. Als einer von drei UN-Amtssitzen ist Wien ein globales Kompetenzzentrum für Sicherheitsthemen. Die Blauhelm-Einsätze des Bundesheeres sind zudem traditionell ein Zeichen einer aktiven Neutralitätspolitik und eine Visitenkarte der österreichischen Außenpolitik.

„Die Gemeinsame Sicherheits- und
Verteidigungspolitik der EU ist als ein für Partner offenes Projekt angelegt.“

Die Zusammenarbeit mit der OSZE rundet das multilaterale Kooperationsprofil der EU weiter ab. Sie umfasst unter anderem den sicherheitspolitischen Dialog und die Bereiche Frühwarnung, Konfliktverhütung, Krisenmanagement und Konfliktfolgenbeseitigung. Als Sitzstaat leisten Österreich und das Bundesheer Beiträge zur Rüstungskontrolle und Abrüstung im konventionellen Bereich und Vertrauensbildung. Seit Beginn der Sonderbeobachtungsmission in der Ukraine 2014 unterstützt das Bundesheer die einsatzvorbereitende Ausbildung von Beobachtungsoffizieren und entsendet selbst Personal. Im Rahmen des „Strategischen Kompass” hat das Außenministerium mit dem Verteidigungsministerium ein Seminar zur Entwicklung weiterer Vertiefungsschritte in der EU-OSZE-Zusammenarbeit ausgetragen und wird die Ergebnisse mit Fokus auf Zusammenarbeit bei Feldmissionen, Stärkung der Verbindungsstrukturen und Ausbildung auf Ebene der EU-Botschafter weiter diskutieren.

Ceterum censeo: Die EU kann nur dann ein glaubwürdiger Verfechter eines effektiven Multilateralismus sein, wenn sie sich selbst zu einem eigenständigen Akteur in der multipolaren Weltordnung entwickelt und das erfordert wiederum eine Intensivierung der Verteidigungszusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten der EU.

Hier geht es zum letzten Teil von „GSVP im Fokus”: Es mangelt nicht an Ideen, sondern an Umsetzungen.

Quelle@Josh Calabrese on Unsplash
Seit April 2020 ist Johann Frank Leiter des Instituts für Friedenssicherung und Konfliktmanagement. Davor war er sechs Jahre lang der Sicherheitspolitische Direktor des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Leiter der Direktion für Sicherheitspolitik. Seit 2014 war er darüber hinaus beratendes Mitglied im Nationalen Sicherheitsrat sowie dem Rat für Integration und Außenpolitik der Republik Österreich.