Vom 1. bis zum 2. September führte das Institut für Höhere Militärische Führung der Landesverteidigungsakademie eine Fortbildung für Generalstabsoffiziere durch. Diese ist Teil eines Fortbildungskonzepts zwecks Angleichung des aktuellen Wissens für höchste Führungskräfte des Österreichischen Bundesheeres.

Ziel der diesjährigen Fortbildung war die Diskussion der Rolle des Militärs im gesamtstaatlichen Verbund vor dem Hintergrund der Krise Covid-19, mit dem Zweck der Stärkung des Bewusstseins für die wesentlichen Aufgaben des Österreichischen Bundesheeres als Machtinstrument des Staates neben Wirtschaft, Diplomatie, Zivilem und Information. Dabei ging es vor allem darum, auf militärstrategischer Ebene Stärken und Schwächen zu erkennen, und das Alleinstellungsmerkmal des Militärs im Vergleich zu anderen Institutionen herauszuarbeiten.

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Der Kommandant der Landesverteidigungsakademie, Generalleutnant Erich Csitkovits.

Hochrangige Vortragende des Bundesheeres aus den Bereichen zur Planung und Einsatzführung, aber auch aus der Wirtschaftskammer Österreich konnten einen umfassenden Gesamteindruck zur größten gesamtstaatlichen Herausforderung der letzten Jahrzehnte vermitteln. Darüber hinaus gelang es einen Zeitzeugen aus der Phase der Erstellung des Landesverteidigungsplanes (der konzeptiven Gestaltung der Umfassenden Landesverteidigung), und einen Vortragenden zur Zukunft gesamtstaatlicher Planungen (Future Operations Platform) auf Ebene des Bundeskanzleramts zu gewinnen. Dieser Mix an Expertise war die Grundlage einer angeregten Diskussion in Kleingruppen zwecks Optimierung militärstrategischer Überlegungen für die Zukunft als Beitrag zum gesamtstaatlichen Krisenmanagement.

Wesentliche Kernaussagen aus den Diskussionen der Teilnehmenden bestätigten die zwingende Notwendigkeit einer gesamtheitlichen, strategischen Ebene, welche in Abstimmung mit allen zur Verfügung stehenden Ressourcen eines Staates langfristige Entscheidungen zu treffen hat. Krisen können – und konnten! – zum Teil vorhergesehen werden, was deren Bewältigung durch entsprechende Vorkehrungen erleichtert. Hier kann wieder der Bezug zur Vergangenheit hergestellt werden. Die Umfassende Landesverteidigung (Geistige, Zivile, Militärische und Wirtschaftliche Landesverteidigung) war in den 1980er-Jahren eine konzeptive Grundlage zur Erhöhung der gesamtstaatlichen Resilienz. Insbesondere Vorkehrungen aus den Bereichen der Zivilen und Wirtschaftlichen Landesverteidigung können Auswirkungen bei Krisen, wie auch bei der aktuellen in Teilbereichen abschwächen. Covid-19 zeigte auch, dass das Österreichische Bundesheer vielseitige Beiträge als „Strategische Handlungsreserve” des Staates leisten kann, weil es eine dementsprechende Autarkie in vielen Bereichen besitzt (Fähigkeit zur Führung unter Ausfall ziviler Netze, logistische Durchhaltefähigkeit über längere Zeiträume, aber auch personell durch Rückgriff auf das Milizsystem, usw.). Diese Eigenschaft erfordert jedoch die Bereitstellung und Vorhaltung von Mitteln außerhalb von Krisen und ist naturgemäß daher nicht ökonomisch im Sinne eines Unternehmens. Gerade diese Eigenständigkeit gilt es aber für eine flexible Reaktion auf unvorhersehbare Ereignisse zu erhalten, um dem Anspruch als essentielle „Strategische Handlungsreserve” zu erhalten.

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Diskussion in Kleingruppen.

Ein weiterer Diskussionspunkt waren die Kernkompetenzen des Österreichischen Bundesheeres. Dies wurde durch vielfältige Assistenzen während der Krise sowie die aktuelle mediale Diskussion ausgelöst. Könnte man aus der aktuellen Krise oberflächlich ableiten, dass Assistenzen eine Hauptaufgabe des Bundesheeres sind, wird bei umfassender Betrachtung klar, dass diese zwar notwendig sind, jedoch eine Selbstbegründung aufgrund subsidiärer Aufgaben zu wenig ist. Alleine die wirtschaftliche Betrachtung von Covid-19 bestätigt dies. Um einen wirtschaftlichen Wiederaufschwung zu garantieren benötigt es in einer globalisierten Welt Handelsbeziehungen basierend auf Import und Export. Absatzmärkte spielen dabei eine entscheidende Rolle um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Gerade für Europa spielt dabei neben zahlreichen Beispielen am Balkan (insbesondere österreichischen Wirtschaftsinteressen) auch Afrika eine größer werdende Rolle.

Voraussetzung für Wirtschaftsbeziehungen ist Sicherheit, nur so können Ressourcen abgesichert und Absatzmärkte gewonnen werden. Das Militär als äußerstes Mittel zur Umsetzung staatlicher Interessen kann in seinem Alleinstellungsmerkmal, dem Teilstreitkräfte übergreifenden Einsatz beziehungsweise Kampf der verbundenen Waffen diese Sicherheit durch Abwehr von Bedrohungen von außen, aber auch mit friedensschaffenden oder friedenserhaltenden Einsätzen außerhalb der Grenzen garantieren. Die aktuelle globale Lage, welche sich nicht nur durch Covid-19 sondern auch durch Migration, globale Machtverschiebungen oder Terrorismus und vieles mehr eher volatil darstellt, zeigt diese Notwendigkeit, die auch in der Zukunft bestehen wird.

Abschließend zeigte die Diskussion um die aktuelle Pandemie die unverzichtbare Bedeutung von gesamtstaatlichem, langfristigem strategischem Denken unter Synchronisation aller Machtinstrumente des Staates unter bestmöglicher Nutzung ihrer Alleinstellungsmerkmale und Kernkompetenzen. Aufgabe der militärstrategische Ebene ist es dabei, die Politik beim Einsatz des Militärs bestmöglich zu beraten.

Quelle@Medienstalle Landesverteidigungsakademie