Heeressportler Nico Langmann gehört zur Weltspitze der Rollstuhltennisspieler. Wir haben mit dem Olympiastarter über seine Karriere, seinen Sport, seinen Trainer Wolfgang Thiem und seine Beziehung zum Bundesheer gesprochen. 

Herr Langmann, Sie gehören zur Weltspitze der Rollstuhltennisspieler und liegen aktuell im Ranking auf Platz 30. Angenommen Sie treten gegen Tennisspieler ohne Beeinträchtigung an, wie sehr könnten Sie da mithalten?
Mein größtes Handicap ist die Platzabdeckung. Den Schläger kann ich recht schnell schwingen, Aufschläge können – obwohl der Winkel deutlich flacher ist – auch sehr schnell werden. Unter dem Strich kann daher definitiv jeder Tennisspieler mit mir seinen Spaß haben, da wird sich immer ein gutes Spiel entwickeln. Ich habe auch schon mit Dominic Thiem gespielt und konnte ihn ganz gut aufwärmen. (lacht)

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Nico Langmann im Gespräch mit Militär Aktuell-Chefredakteur Jürgen Zacharias.

Sie sind seit rund eineinhalb Jahren in Traiskirchen Teil einer Trainingsgemeinschaft mit Dominic Thiem und seinem Vater Wolfgang. Inwiefern hat Sie das sportlich weitergebracht?
Es ist weltweit einzigartig, dass ein Rollstuhltennisspieler im gleichen Umfeld und mit dem gleichen Trainer trainiert, wie ein Top-Profi. Das ist für mich sportlich natürlich eine tolle Möglichkeit, es ist aber auch ein tolles Zeichen nach außen, dass die Elite des heimischen Tennissports – ganz unabhängig davon, ob da zufälligerweise einer im Rollstuhl sitzt – gemeinsam trainiert. Es wäre wünschenswert, dass das auch anderswo ähnlich umgesetzt werden könnte.

Mit wem trainieren Sie im Training? Sind dort auch andere Rollstuhltennisspieler dabei?
Nein, da bin ich der einzige, weshalb ich natürlich vor allem mit Spielern ohne Beeinträchtigung spiele. Da mache ich dann aber keinen Unterschied, ich spiele gegen 15- oder 16-jährige Nachwuchsspieler ebenso wie gegen gestandene Top-Spieler. Tennisübungen können immer so gestaltet werden, dass sie für beide Spieler eine Herausforderung bedeuten.

Sie sind aktuell Nummer 30 der Weltrangliste, waren allerdings schon auf Platz 18. Inwieweit ist es für Sie ein Ziel wieder dorthin zu kommen?
Ich sehe mich leistungsmäßig aktuell irgendwo zwischen Platz zehn und 20, aber es war klar, dass es nach dem Trainerwechsel zu Wolfgang Thiem vor eineinhalb Jahren einige Zeit dauern wird, bis ich meine beste Leistung abrufen werde können. Wir haben damals einige Umstellungen in meinem Spiel vorgenommen, die nicht über Nacht funktionieren können, mich aber langfristig nach vorne bringen werden.

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Aktuell liegt Nico Langmann in der Weltrangliste der Rollstuhltennisspieler auf Platz 30 – in Zukunft will er im Ranking aber ganz vorne mitmischen.

Um was geht es da beispielsweise?
Da geht es viel um Technisches: Wir haben beispielsweise Griffe geändert und Bewegungsabläufe klarer und anders gestaltet, damit ich mehr Power hinter die Bälle bringe. Ich bin dann im Ranking ein paar Plätze zurückgefallen und gerade als es anfing besser zu laufen, kam Corona dazwischen und es gab keine Möglichkeit mehr, meine Leistung auf den Platz zu bringen. Spielerisch habe ich mich sicherlich verbessert, jetzt bräuchte es Turniere, in denen ich das auch beweisen kann. Es gab jetzt im ersten Quartal abseits vom Grand Slam Turnier in Australien, wo aber nur die besten acht Spieler qualifiziert sind, nur ein Turnier, das ich spielen konnte. Ich hoffe, dass es bis zu den Olympischen Spielen in Tokio ein paar weitere Turniere gibt, um Spielpraxis zu sammeln und sich mit Gegnern zu messen.

Wenn bei den Grand Slam-Turnieren nur die Top-8 der Welt startberechtigt sind, dann müsste es doch ein Ziel sein, dorthin zu kommen, oder?
Definitiv. Es wäre natürlich ein Traum, dort einmal dabei zu sein und mittel- bis langfristig strebe ich dieses Ziel auch an. Allerdings ist das Ranking im Rollstuhltennis nur zu einem gewissen Grad beeinflussbar, weil dafür nicht nur die eigene Leistung ausschlaggeben ist. Wichtig ist auch, wie die anderen spielen. Daher setze ich mir lieber leistungsbezogene Ziele, wie die Verbesserung meiner Fitness, meiner Schlagqualität und der Sicherheit – dann kommen die Ergebnisse ohnehin von selbst.

Sie haben die Olympischen Spiele in Tokio angesprochen. Nach Rio werden Sie dort zum zweiten Mal bei einem Großereignis dabei sein – wie ist Ihre Erwartungshaltung?
Rio war in jedem Fall ein großes Erlebnis, ich hoffe aber, dass es nun vor allem sportlich anders laufen wird – in Rio bin ich gleich in der ersten Runde ausgeschieden. Der Vorteil ist, dass ich jetzt schon weiß, wie das dort abläuft und wie sich das ganze Drumherum auf die eigene Leistung auswirkt. Darauf kann ich in jedem Fall aufbauen und dann werden wir schauen, wie weit es geht.

Ist eine Medaille drinnen, wenn alles optimal läuft?
Wenn alles optimal läuft, warum nicht? Es wäre natürlich eine Überraschung, aber sag niemals nie. Die Dichte im Rollstuhltennis ist sehr groß, da kann grundsätzlich jeder jeden schlagen, wobei Rollstuhltennis eine der wenigen Behindertensportarten ohne Klassifizierungssystem ist, was für mich schon ein Nachteil ist.

Inwiefern?
Normalerweise tritt man im Behindertensport – abhängig vom Grad der eigenen Beeinträchtigung – in unterschiedlichen Klassen an. Damit soll mehr Chancengleichheit garantiert werden: Jemand, der ab dem achten Brustwirbel abwärts gelähmt ist, so wie ich, hat beispielsweise viel weniger Muskulatur zur Verfügung als jemand, der vom fünften Lendenwirbel abwärts gelähmt ist, und daher gewisse Nachteile. Rollstuhltennis nimmt darauf aber keine Rücksicht, da gibt es nur eine Rangliste und spielt derjenige, der keine Hüftstabilität hat, möglicherweise gegen jemanden, der „nur“ einen Hüftschaden hat und im Alltag sogar herumgeht. Acht Spieler der Top 10 können gehen. Das ist rein sportlich gesehen unfair, nach außen ist das Ranking dadurch aber übersichtlicher und der Sport dadurch leichter zu vermarkten.

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Nico Langmann gemeinsam mit Moderator Andreas Onea im Aufnahmestudie des Bundesheer-Podcasts „SportRapport”.

Inwiefern hilft Ihnen das Bundesheer beim täglichen Training und bei Ihrer Karriere?
Das Bundesheer ist der Grund, warum ich nach Rio weitergemacht habe. Ich habe nach der Matura ein Jahr lang versucht, nach Rio zu kommen und die Qualifikation zu schaffen und damit waren dann meine finanziellen Mittel erschöpft. Als sich dann die Möglichkeit aufgetan hat, zum Heer zu gehen und mit einer Festanstellung und Versicherung nochmals durchzustarten, habe ich natürlich zugesagt. Dadurch kann ich mich voll und ganz auf den Sport konzentrieren und meine Ziele verfolgen.

Umgekehrt gedacht: Inwieweit profitiert das Heer auch von Ihnen?
Es ist sehr lässig, wie Behindertensport in der Öffentlichkeit mittlerweile präsent ist. Ich analysiere das auch immer und komme im vergangenen Jahr auf einen Werbewert von 650.000 Euro. Bei jedem Auftritt ist das Bundesheer-Logo auf meiner Brust, insofern profitiert das Heer natürlich auch von mir – alleine schon weil dadurch ein positiver Imagetransfer stattfindet. Aus meiner Sicht ist die Partnerschaft mit dem Bundesheer also eine klassische Win-Win-Situation, die für alle Seiten nur Vorteile hat.

Programmtipp: Am 10. Mai ist Nico Langmann im Bundesheer-Podcast „SportRapport” zu Gast. Hier geht es zu allen Sendungen.

Quelle@Bundesheer/Stuchlik, Privat