Wer es laut, staubig und fordernd mag, ist im Panzergrenadierbataillon 35 in Felixdorf (NÖ) richtig. Die Ulan-Schützenpanzer bekommen nun eine Verjüngungskur und eine Tarnkappe mit Klettverschluss.

Schauplatz Wüste. Einen Kilometer vor uns liegt ein desolates Gehöft. Rauchsäulen steigen auf und verraten, dass sich dort ein paar Schurken eingenistet haben. In der Deckung von Büschen nähern sich zwei Ulan-Schützenpanzer. „Ziel nehmen und sichern!” befiehlt der Zugskommandant via Funk und gibt gleichzeitig Anweisungen, welche der zwei Gruppen sich wie annähern und wo sie vom Ulan absitzen sollen. In einer staubigen Senke hinter Büschen öffnen sich die Heckklappen und die Grenadiergruppen arbeiten sich zu Fuß weiter – eine feuert, eine rennt. Dann geht es im Ziegelgebäude Raum für Raum mit Knallkörpern und Gewehrschüssen weiter.

@Sebastian Freiler
Zu Fuß: Nachdem die Grenadiere abgesessen sind, dringen sie in die Gebäude ein.

Die Besatzungen der beiden Schützenpanzer verfolgen aus der Entfernung das Geschehen. Stets bereit, um bei Bedarf mit ihrer 3-Zentimeter-Maschinenkanone einzugreifen. Mittels grüner Fahnen aus den Fenstern zeigen ihnen die Grenadiere den „Frontverlauf”, damit im Falle des Falles keine eigenen Soldaten zu Schaden kommen. Nach wenigen Minuten ist die Aktion erledigt. Panzer und Grenadiere sichern das Gehöft nach außen und die Kompanie könnte nachrücken, denkt man das Szenario weiter. Aber jetzt heißt es für die Grenadiere zunächst, Staub aus dem Gesicht wischen, denn der Landstrich, in dem sich die Jansa-Kaserne, Heimat des Panzergrenadierbataillons 35 befindet, heißt nicht umsonst „Wüste”.

„Wir haben den Ruf eines rauen Verbandes. Aber jeder, der schon einmal bei uns war, weiß, dass schnelle und laute Befehle wichtig für unsere Kampfführung sind.“

Battailonskommandant Oberst MIchael Lex

Die „35er” genießen das Privileg eines direkt an die Kaserne angrenzenden Übungsplatzes. Groß genug, um ihre gut 50 Stück Ulan auszuführen und die 720-PS-Motorleistung in gigantische Staubwolken umzuwandeln. Bis zu 70 Stundenkilometer schafft so ein Schützenpanzer. Gebäude und Wäldchen fungieren als Terrain für die abgesessenen Grenadiere.

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Der Schützenpanzer Ulan gibt aus der Entfernung Feuerschutz.

Das Wechselspiel aus schnellem, geschütztem Transport im Panzer über die freie Fläche und das Absitzen der Soldaten, die dann blitzschnell in Häuser eindringen können, macht die Waffengattung Panzergrenadier so besonders. Und gleichzeitig zu einer der herausforderndsten. „Wir haben den Ruf eines rauen Verbandes”, erzählt Bataillonskommandant Oberst Michael Lex. „Aber jeder, der schon einmal bei uns war, weiß, dass schnelle und laute Befehle wichtig für unsere Kampfführung sind”, führt er fort und betont, dass die Kameradschaft unter den elf Personen Besatzung pro Ulan besonders intensiv ist. Das wirkt sich auch positiv auf den Korpsgeist der „35er” aus.

Der Bundesheer-Schützenpanzer Ulan

Körperlich müssen Grenadiere topfit sein, denn den extremen Temperaturen im Panzer und der kräftezehrenden Prozedur des Auf- und Absitzens samt Waffen und Gerät ist nicht jeder gewachsen. Viele machen den Job daher nicht „ewig”. Oberst Lex hingegen ist leidenschaftlicher Panzeroffizier und hat sich seine ersten Sporen im damaligen Panzerbataillon 33 in Zwölfaxing verdient. Nach weiteren Stationen an der Militärakademie und bei den „35ern” ist er seit Anfang des Jahres nun ihr Kommandant.

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Oberst Michael Lex ist seit Anfang 2023 Bataillonskommandant.

Lex übernimmt den Verband zu einer Zeit, in der die Panzertruppe aufgrund des Ukraine-Russland-Krieges wieder mehr im Gespräch ist. So sehr, dass vor Kurzem die Verteidigungsministerin im Rahmen des „Mech-Pakets” gut eine halbe Milliarde Euro für das Update von Kampf- und Schützenpanzern lockergemacht hat. Ein notwendiger Schritt, wie sich zeigt. Denn den Schützenpanzer Ulan gibt es seit 2003 im Bundesheer und die Fahrzeuge sind nun an einem Punkt angekommen, an dem so manches Ersatzteil nicht mehr erhältlich ist. Ein Teil des Geldes für die mit Hersteller GDELS-Steyr geplante „Nutzungsverlängerung” wird daher in die Erneuerung von Bauteilen sowie Technik fließen, in einigen Jahren soll der Panzer dann wieder dem Stand der Technik entsprechen. „Kampfraum und Turm werden neu gebaut, die Fahrzeuge bekommen zudem eine optronische Zieleinrichtung mittels digitalem Monitorbild und Wärmebildgerät für die Nachtsichtfähigkeit”, zählt Lex einige Schmankerln auf. Freilich dürfen ein Upgrade des Energiemanagements und des Datenfunks nicht fehlen. Letzteres bindet künftig auch das Tactical Communication Network (kurz: TCN; siehe auch Beitrag „Zukunft des Heeres: WLAN statt Feldkabel”) ein.

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Das Barracuda-Tarnsystem wird per Klettverschluss montiert und steht bald allen Ulan-Panzern zur Verfügung.

In der Panzerhalle der Jansa-Kaserne offenbart sich ein weiteres Highlight: Das Tarnsystem Barracuda kommt wie ein unscheinbarer „Anzug” für den Ulan daher. Die mittels Klettverschluss an der Außenhülle angebrachten Matten haben es aber in sich: Sie verringern die Wärmeabstrahlung des Panzers und machen ihn auf feindlichen Wärmebildgeräten fast unsichtbar. „Aber natürlich funktioniert das nur in Kombination mit Naturtarnung”, erklärt Bataillonsschießlehrer Vizeleutnant Erich Pfeifer. Ansonsten wären die Fahrzeuge optisch rasch zu identifizieren.

Der Kampfpanzer ist obsolet! Wo sind die Kampfpanzer?

Die Barracuda-Tarnkappe ist zwar schon seit 2008 im Einsatz, wird aber laufend verbessert und künftig auch allen Ulan-Panzern zur Verfügung stehen. Der bisherige Flecktarn-Anstrich weicht dann dem Einheitsgrün.

Zwar sind technologische Innovationen entscheidend, um die Sicherheit der Soldaten und die Präzision des Kampffahrzeugs zu steigern. Aber disruptiv war bisher noch keine. „Das Konzept des Panzergrenadiers, das im Zweiten Weltkrieg entstanden ist, hat noch immer Gültigkeit”, analysiert Oberst Lex. Und er meint damit den von Experten immer wieder prognostizierten „Tod des Panzers”, der bisher nie eingetreten ist. Ganz im Gegenteil, denkt man an aktuelle Konflikte. „Was sich aber geändert hat, ist die Informationsgewinnung und das Lagebild. Man kann sich am Gefechtsfeld von heute fast nicht mehr verstecken”, meint Lex abschließend. Aber genau darauf sind die „35er” bestens vorbereitet, in der „Wüste” sind Verstecke nämlich sowieso Mangelware.

Im Gespräch mit Schießlehrer Vizeleutnant Erich Pfeifer

@Sebastian FreilerZur Geschichte:
Das Panzergrenadierbataillon 35 stellt mit dem Panzergrenadierbataillon 13 in Ried im Innkreis die zwei Grenadierverbände Österreichs dar. Beide gehören zur 4. Panzergrenadierbrigade („Schwere Brigade”). Gemeinsam haben sie einen Fuhrpark von 112 Schützenpanzern Ulan, die es seit 2003 im Bundesheer gibt. Zuvor war man mit dem Schützenpanzer Saurer unterwegs. Die „35er” sind in der Jansa-Kaserne in Felixdorf (NÖ) stationiert und hießen vor dem Jahr 1960 Panzerschützen-Schulbataillon. Heute umfasst der Verband 417 Personen, 58 Kettenfahrzeuge (darunter auch die Bergepanzer Greif und M88) sowie 54 Räderfahrzeuge. Namensgeber der Kaserne ist Feldmarschallleutnant Alfred Jansa, der ab 1935 bis 1938 die Abwehr eines Angriffs durch das Deutsche Reich plante („Jansa-Plan”). Das Bataillon gliedert sich in das Kommando, die Stabskompanie sowie drei Panzergrenadierkompanien (davon die 3. als Kaderpräsenzeinheit). In diesem Jahr stellen die „35er” zwei Assistenzkompanien (Burgenland sowie Objektschutz in Wien). Ebenso steht das Kampfgruppenschießen im Rahmen der Brigadeübung „Handwerk 23” auf dem Programm.

Hier geht es zu unserem Interview izeleutnant Erich Pfeifer, Bataillonsschießlehrer beim Panzergrenadierbataillon 35, und hier geht es zu unseren anderen Truppenbesuchen.

Quelle@Sebastian Freiler
Stefan Tesch ist Medienunternehmer, Journalist und Podcaster. Ebenso ist er Milizoffizier. Für Militär Aktuell gestaltet er am liebsten Reportagen über das Bundesheer und berichtet aus dem Felde.