Am 4. Februar unterzeichneten der indische Verteidigungsminister Rajnath Singh und Shri R Madhavan, Vorsitzender (CMD) und Geschäftsführer des staatlichen Aerospace-Konzern Hindustan Aeronatics (HAL), im Rahmen der Aero-India auf der Yelahanka Airbase bei Bangalore den Kauf von 73 leichten Kampfflugzeugen LCA Tejas Mk.1A-Varianten und zehn LCA Tejas Mk.1-Zweisitzer-Flugzeugen.

Wie in den Ansprachen betont wurde, sei der Aufwuchs – im Sinne von „Make in India” – essentiell für hunderte Zulieferer in allen indischen Bundesstaaten, aber auch um die Kampfkraft der indischen Luftwaffe (IAF) zu stärken. Jene, aber auch viele Parlamentarier beklagen angesichts der anhaltenden Spannungen mit den Nachbarn China und Pakistan seit Jahren das Fehlen von zehn Staffeln (nicht zehn Flugzeugen!). Die im Moment 17 von gerade zulaufenden 36 Dassault Rafále (Militär Aktuell berichtete) sind da nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

@HAL
HAL-Vorstandschef Shri R Madhavan hat auf der Aero-India für sein Unternehmen eine Reihe von Projekten an Land gezogen, deren frontverwendungsreife Umsetzung er in seinem Arbeitsleben wohl nicht mehr erleben wird.

HAL-Vorsitzender Madhavan gab anlässlich der vorangegangenen Sitzung des Kabinettsausschusses für Sicherheit (CCS) unter dem Vorsitz von Premier Narendra Modi auch eine genaue Aufschlüsselung der Kostenbestandteile bekannt: Demnach entfallen vom Gesamtvolumen des Auftrags von 5,41 Milliarden Euro etwas mehr als die Hälfte (2,82 Milliarden Euro) auf den Grundpreis der Flugzeuge inklusive den Design- und Entwicklungskosten für die Aeronautical Development Agency (ADA). Die Bodenausrüstung und andere erforderliche Infrastrukturanpassungen an den Stützpunkten schlagen mit 1,24 Milliarden Euro zu Buche und der Rest ist für Ausbildung und zur Abdeckung von Währungsschwankeungen (wegen ausländischer Zulieferer) veranschlagt. Jede Kampfflugzeugversion des Modells koste Indien laut dem HAL-Vorsitzenden 34,8 Millionen Euro, jeder Trainer 31,6 Millionen Euro. Dieser Preis ist sicher knapp kalkuliert, aber wir sind damit einverstanden”, so Madhavan. Die Auslieferung an die IAF beginnt im März 2024, jährlich sollen bis zur Abarbeitung des Vertrags 16 Flugzeuge ausgerollt werden.

Madhavan behauptet, dass der Tejas Mk.1A-Jet im Vergleich zum pakistanisch/chinesischen Rivalen JF-17 Thunder insgesamt ein überlegenes Leistungsniveau aufweise, da er neben einem Vorsprung in der Gesamttechnologie ein besseres Triebwerk, ein besseres AESA-Radarsystem und eine bessere Ausstattung zur elektronischen Kriegsführung (EloKa) aufweist. „Der größte Unterschied ist natürlich die Möglichkeit zur Luft-Luft-Betankung, die im Flugzeug des Konkurrenten nicht vorhanden ist”, ergänzte er. Das stimmt so allerdings nicht (mehr). In einer eher „hemdsärmeligen” Ausführung wurde kürzlich eine starre Sonde zur Luftbetankung als optionale Nachrüstlösung ab der 25. Maschine der laufenden Block-II-Produktion des JF-17 entwickelt, die von der pakistanischen Luftwaffe aber bislang nicht flottenweit eingerüstet wird. Bei der kürzlich im Werk Kamra begonnenen Block-III-Fertigung soll eine entsprechende Lösung – etwas eleganter ausgeführt – bereits ab Werk Standard sein.

@AI-2021
Zukunft auch als Trainer: Der Tejas-Doppelsitzer deckt auch Einsatzmöglichkeiten als LIFT (Lead-In Fighter Trainer) ab.

Die IAF hatte zuvor übrigens bereits 20 etwas simplere Mk.1 in einer Anfangs-Konfiguration und 20 in der Voll-Konfiguration bestellt, welche seit 2016/17 mit acht Stück pro Jahr zulaufen. Wie auf der Aero-India allerorts betont, konzentriert sich die Regierung in Neu-Dehli auf jenem Sektor hauptsächlich auf die Steigerung der heimischen Verteidigungsproduktion. Viel weiterführende Pläne als nun um den Tejas manifestierten sich auf der Aero-India in Modellen und zuversichtlichen Interviews von einem künftigen zweistrahligen Tejas Mk.2, einem ebenfalls zweistrahligen Träger-Kampfflugzeug (mit der Verfügbarkeitsrate der MiG-29K ist man offen unzufrieden) und einem AMCA genannten Stealth-Fighter der fünften Generation. Was sich davon in den oft „byzanzinisch” beschriebenen indischen Beschaffungszyklen tatsächlich manifestiert, liegt in mindestens mittlerer Zukunft. Jedenfalls hat die Modi-Regierung ein Umsatzziel von 19,74 Milliarden Euro in der Verteidigungsgüterherstellung bis 2025 gesetzt. Schätzungen des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI zufolge werden die indischen Streitkräfte im selben Zeitraum voraussichtlich rund 107 Milliarden Euro für Beschaffungen ausgeben.

Warum dauerte der Tejas mehr als 30 Jahre?
Eigentlich wurde das Light Combat Aircraft (LCA) Tejas bereits 1983 und zwar als MiG-21-Ersatz konzipiert, es handelt sich dabei um das erste in Indien entworfene, entwickelte und (überwiegend) hergestellte Fly-by-Wire-Kampfflugzeug (FBW). In Dienst gestellt wurde es beim Geschwader Nr. 45 der Indischen Luftwaffe (IAF) in Sulur aber erst am 1. Juli 2016. Warum dieser biblisch lange Zeitraum? Dafür gibt es zwei Hauptgründe – mit Nebensträngen:

@HALAmtlich tatsächlich genehmigt wurde das erwähnte Konzept als „Full Scale Engineering Development-Programm” (FSED) erst im April 1993. Aber man hat sich danach in die Tiefen eines selbst entwickelten Turbofan-Triebwerks verrant, dem nie das nötige Leistungs-/Gewichtsverhältnis erreichenden Kaveri. Das führte zu einem Dominoeffekt von Verzögerungen, ehe man sich zum nötigen Umbau von GE-404- (und in Hinkunft GE-414-) Triebwerken aus den USA durchrang. Gerade als das Programm wieder auf Touren kam, führten dann 1998 Atomwaffentests Indiens zu US- und inernationalen Sanktionen. Bei insgesamt einem Drittel ausländischer Komponenten kam das Projekt fast zum Erliegen.

Madhavan: „Da man in Folge den Zugang zu bestimmten importierten Technologien versperrte, haben alle Lieferanten ihre Verträge gekündigt und auch europäische Firmen die Zusammenarbeit eingestellt. Damals haben wir begonnen, alles selbst zu machen, was zunächst für das Programm natürlich ein großer Rückschlag war. Die Sanktionen führten zu wesentlichen Designänderungen und einer weiteren Verzögerung beim Aufbau von Produktionsanlagen, die ebenfalls von Grund auf neu erstellt werden mussten.”

@Georg Mader
Nach den bereits 2016 bestellten 40 Maschinen, sollen in den kommenden Jahren nun bei den indischen Luftstreitkräften weitere 83 des – wie betont wird – kleinsten modernen Kampfflugzeugs der Welt zulaufen.

Der historische Jungfernflug des ersten Technologie-Demonstrators (TD1) fand folgedessen erst am 4. Jänner 2001 statt. Im Rahmen der mit 31. März 2004 abgeschlossenen FSED-Phase-1 wurden die Technologien in Vorbereitung eines betriebsbereiten Prototypen demonstriert und erprobt, dabei wurden alle Ziele der Technologieentwicklung erreicht. Anschließend wurden vier Flugzeuge (TD1, TD2 sowie Vorserie PV1 und PV2) budgetär genehmigt, der Erstflug des ersten Serienproduktionsflugzeugs (SP1) mit anfänglicher IOC-Konfiguration fand am 30. September 2014 statt. Die Maschine wurde am 17. Jänner 2015 vom Verteidigungsminister Shri Manohar Parrikar an die IAF übergeben. Im Jänner 2016 wurden dann zwei SP-Flugzeuge auf der Bahrain-Airshow gezeigt und geflogen, dem ersten Auftritt von Tejas außerhalb Indiens. Dort konnte sich auch Militär Aktuell erstmals in den Tejas vertiefen und mit beiden Testpiloten, dem Leiter der DRDO (Verteidigungsforschungsagentur), S Christopher, und dem Direktor der indischen Luftfahrtentwicklungsagentur (ADA), Commodore CD Balaji, ausgedehnte Gespräche führen. Man kannte sich bereits von einem Vortrag des Autors bei einem früheren Aero-India-Seminar, der Kontakt ist seither nicht abgerissen.

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Quelle@Georg Mader, HAL, AI-2021
Der Autor ist einer der renommiertesten österreichischen Luftfahrtjournalisten, Korrespondent des britischen Jane’s Defence und schreibt seit vielen Jahren für Militär Aktuell.