Generalleutnant Norbert Gehart ist seit vergangenem Juli Leiter der Sektion Beschaffung. Dort ist er unter anderem für Neu- und Ersatzbeschaffung zuständig und damit unmittelbar von den aktuellen Einsparungen beim Bundesheer betroffen.

Herr General, die Krone hat heute mit der Schlagzeile „das Bundesheer wird kaputtgespart” aufgemacht – sehen Sie das ähnlich?
Nein, aber wir können vor dem Hintergrund der aktuellen Budgetnotwendigkeiten ganz sicher nicht weiter quer durch das Bundesheer gehen und überall ein paar Mittel einsparen. Das haben wir in den vergangenen zehn Jahren gemacht, nun sind wir dazu gezwungen, tiefgreifendere Schritte zu setzen.

Wie könnten diese aussehen?
Da wir die Wehrdienstreform bestmöglich umzusetzen haben und die Einsatzbereitschaft des Bundesheeres aufrechterhalten müssen, brauchen wir alle derzeitigen Verbände. Wir müssen vor diesem Hintergrund nun die einsatzwahrscheinlichsten Aufgaben vorreihen, um diese bestmöglich abzudecken, und nicht so wahrscheinliche Aufgaben hinten anreihen.

Welche Bereiche könnten von diesem „hinten anreihen” betroffen sein?
Wir haben in unseren Waffensystemen etwa Kampfpanzer und Artillerie, die für die Aufgabenstellung der militärischen Landesverteidigung unabding-bar sind, deren Einsatzwahrscheinlichkeit aber sehr gering geworden ist. Logisch wäre es also in Zukunft, keinen Schwerpunkt mehr auf diesen Bereich zu legen.

Welche Mittel lassen sich dadurch einsparen?
Wenn wir die Zahl der Waffensysteme in einzelnen Bereichen verringern, lassen sich nur begrenzt Mittel freischaufeln, weil Grundausgaben zur Erhaltung eines Systems trotzdem anfallen. Namhafte Einsparungen strukturell und im Betrieb lassen sich also nur erzielen, wenn man auf ein System komplett verzichtet …

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Generalleutnant Norbert Gehart im Gespräch mit Militär Aktuell-Chefredakteur Jürgen Zacharias.

… was aber gerade beim Beispiel eines Panzerbataillons, dem man die Panzer wegnimmt, wenig sinnvoll erscheint?
Wir können die Verbände in so einem Fall zur infanteristischen Truppenausbildung einsetzen, was vor Ort aber natürlich nicht für Applaus sorgen wird. Deshalb versuchen wir auch, durch andere Schritte Geld zu sparen. Durch die neue Sanitätsorganisation und die damit verbundene Schließung von Heeresspitälern, die wir aktuell bereits umsetzen, lassen sich etwa Betriebseinsparungen von 10 Mio. Euro pro Jahr erzielen. Zudem schränken wir unseren Übungsbetrieb ein, ersetzen wir die alten Puch G nur teilweise und nehmen wir den Pinzgauer früher aus dem Betrieb, um weitere Reparaturen zu vermeiden.

Wie lässt sich der Betrieb trotz dieser Einschränkungen im Materialsektor weiter gewährleisten?
Einerseits ersetzen wir einen Teil der Fahrzeuge durch neue Mitsubishi L200-Pick-ups, andererseits werden wir uns mit Umverteilungsmaßnahmen behelfen müssen. Da wir nicht mehr in der Lage sind, den alternden und zerfallenden Fahrzeugbestand direkt zu ersetzen, werden die verbleibenden Fahrzeuge dorthin verschoben, wo sie am dringendsten benötigt werden. Das ist zwar kein erfreulicher Zustand, aber derzeit nicht zu ändern.

Wie sieht es mit anderen geplanten Beschaffungen aus, etwa dem angekündigten Ankauf dreier neuer Black Hawks?
Diesen Plan haben wir wieder fallen gelassen, auch die Anschaffung neuer Dingos zum Schutz unserer Soldaten fiel dem Sparstift zum Opfer. Im Zulauf befinden sich derzeit neben Mehrzweckfahrzeugen auch neue Arbeits- und Transportboote für die Pioniere, geplant ist auch der Zulauf von Sturm- und Flachwasserbooten zur raschen Verbringung von Infanterie.

Was ist mit der geplanten Beschaffung der Hägglunds-All-Terrain-Fahrzeuge?
Da haben wir zwei Vorgänge laufen. Der eine, den wir weiter vorantreiben, betrifft die Anschaffung von gebrauchten, ungeschützten Hägglunds, die wir von den Schweden übernehmen, fahrtüchtig gestalten und mit einem österreichischen Dieselmotor ausstatten. Zudem hätten wir 20 Stück gepanzerte Hägglunds für robuste Einsätze beschaffen wollen, was aber nun nicht mehr darstellbar sein wird.

Wäre auch die Luftraumüberwachung ein Bereich, den man zurückfahren oder – ähnlich wie das andere Länder wie Slowenien bereits machen – auslagern könnte, um dadurch Gelder für andere Bereiche freizuschaufeln?
Da ist sicherlich zu hinterfragen, ob man nicht Verfahren anpasst und verändert, um weniger Flugstunden zu verbrauchen. So gibt es etwa Überlegungen, nicht mehr den ganzen Tag ganz Österreich aktiv zu überwachen, sondern zeitlich begrenzte Planquadrate zu setzen. Von einem derartigen Schritt direkt betroffen wäre aber die Fitness der Piloten – streicht man zu viele Flugstunden, kann man weniger Piloten auf einem entsprechenden Fitnessgrad halten …

… womit sich die Katze in den Schwanz beißt. Sind Einsparungen also direkt mit einem Qualitätsverlust gleichzusetzen?
Zweifellos werden viele Maßnahmen bei der Truppe spürbar werden, unser Ziel ist es, den Qualitätsverlust dabei möglichst gering zu halten.

Wie groß ist intern im Generalstab und unter den Sektionschefs das Verständnis für entsprechende Abstriche, Kürzungen und Einsparungen?
Der Generalstabschef verwendet sehr viel Zeit darauf, um mit uns intern in Klausur zu gehen, und dabei haben wir uns selbst die Richtlinie verordnet, vor allem intern nach Einsparungspotenzialen zu suchen. Wir diskutieren dann alles gut aus, versuchen auf einen gemeinsamen Nenner und auf eine bestmögliche Lösung zu kommen, auch wenn diese oft schmerzhaft sein wird.

Wie könnte diese Lösung beim Grundwehrdienst aussehen?
Wir werden den Fokus wohl auf eine solide soldatische Grundausbildung mit infanteristischem Charakter und einem hohen Erlebniswert legen müssen, Stichwort Feldlagerwoche oder tiefgreifende Erste-Hilfe-Ausbildung. Ziel muss es sein, dass junge Österreicher ihre Zeit bei uns als spannend und lehrreich empfinden und hier etwas fürs Leben lernen.

Das klingt nach Beschäftigungstherapie?
Könnte aber, frei nach dem Motto „gib den jungen Menschen etwas mit, was sie für das Leben brauchen können” eine Art Schule der Nation sein und das wäre durchaus eine Rolle, mit der ich mich anfreunden könnte.

Quelle@Bundesheer/Julian Scharf