Italiens Wirtschaft hatte unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie besonders stark zu leiden und soll daher nun von der EU ordentliche Konjunkturspritzen genehmigt bekommen. Die Rede ist von bis zu 200 Milliarden Euro heimischer Beihilfen auch an Großunternehmen, auf Grundlage des am 19. März von der Kommission erlassenen „Befristeten Rahmens”, weitere 65 Milliarden Euro sollen ab 2021 aus dem EU-Wiederherstellungsfonds (nun „Recovery Fund“) kommen.

Zum Vergleich: Österreich erhält daraus drei Milliarden Euro. Noch offen ist, was mit den Geldern gefördert werden soll: Der Bau von Autobahnen oder grüne Technologien? Die italienischen Ministerien haben Hunderte Ideen gesammelt, überraschenderweise finden sich darunter auch einige zur Unterstützung der italienischen Luft-, Raumfahrt- und Rüstungsindustrie. Investitionen in diesem Bereich würden, so heißt es in einem Dokument des italienischen Industrieministeriums, „einen Technologiesprung in Forschung, Innovation und dem Bau von Hochleistungs- und Dual-Use-Plattformen mit reduzierter Umweltbelastung, besserer Cybersicherheit und digitaler Innovation ermöglichen”.

Der Präsident des Verbandes der italienischen Luft-, Raumfahrt- und Verteidigungsindustrie, Guido Crosetto, ist laut eigenen Aussagen „sehr daran interessiert und aktiv darum bemüht, dass sich Verteidigungsprogramme auf der endgültigen Auswahlliste finden.” Beispiele dafür wären Flugzeuge der sechsten Generation – ein Hinweis auf eine mögliche Teilhabe Italiens am britischen Tempest-Programm (Militär Aktuell berichtete) – sowie fortschrittliche U-Boot-Technologien und unbemannte Systeme in verschiedensten Bereichen. Aber auch künstliche Intelligenz, Schiffe und Schiffsantriebe sowie Hubschrauber wie der Kampfhubschrauber AW249, Nachfolger des AW129 Mangusta.

Mit den Geldern aus Brüssel könnte sich Italien möglicherweise sogar in den USA bei den „Future Vertical Lift”- und „Future Long-Range Assault-Aircraft”-Programmen engagieren. Bei diesen geht es um die Entwicklung von Hubschraubern der nächsten Generation, gegenwärtig gibt es zwei Technologiedemonstratoren: Bells Kipprotor V-280 Valor (siehe unten) und Sikorskys SB-1 Defiant-Koaxialflugzeug. Sikorsky (nun unter Lockheed-Martin) hat gegenüber Militär Aktuell bereits auf der ILA 2018 erwähnt, mit Leonardo Gespräche über eine mögliche Zusammenarbeit zu führen. Man sei auf der Suche nach einem europäischen Partner, der das Risiko des europäischen Vertriebs übernehme.

V-280 Valor: Bell zeigt die Drehflügler-Zukunft

Quelle@Georg Mader
Der Autor ist einer der renommiertesten österreichischen Luftfahrtjournalisten, Korrespondent des britischen Jane’s Defence und schreibt seit vielen Jahren für Militär Aktuell.