Die Regierung von Neo-Premierminister Fumio Kishida hat vor wenigen Tagen angekündigt, in einem Zusatzbudget – zusammen mit einem Konjunkturpaket – auch den Wehretat erhöhen zu wollen. Japanische Medien wie Kyodo News berichten, dass Japan damit im Konzert mit seinen westlichen Verbündeten – USA, Großbritannien und Australien – auf die zunehmende chinesische Militarisierung im asiatisch-pazifischen Raum reagiere.

Japan plant demnach mindestens 770 Milliarden Yen (rund sechs Milliarden Euro) zusätzlich für Verteidigungsausgaben bereitzustellen. Dieser Betrag – der größte jemals für die Verteidigung in einem Nachtragshaushalt – würde die 430 Milliarden Yen (rund 3,3 Milliarden Euro) in den Schatten stellen, die bereits in einem zusätzlichen Budget für das Haushaltsjahr 2019 vorgesehen wurden. Laut einer Berechnung der Wirtschaftszeitung Nikkei ist der Betrag in Bezug auf die jährlichen Verteidigungsausgaben gegenüber dem vorherigen Höchststand aus dem Finanzjahr 2018 (der auch in zusätzlichen Budgets zugewiesen wurde), um etwa 50 Prozent gestiegen. Der Verteidigungsetat Tokios liegt damit in diesem Finanzjahr bei mehr als 52 Milliarden Euro.

@Nikkei
Premierminister Fumio Kishida will die Verteidigungsausgaben seines Landes weiter steigern.

Die neuen Mittel sollen Ausgaben für Raketen und Patrouillenflugzeuge sowie für die Stärkung der Verteidigungsfähigkeiten in der Nähe der südwestlichen Inseln beinhalten. Laut Japans Verteidigungsministerium will man neben weit mehr als 100 Stück des neuen Kampfjets F-35 nun auch Geld für den einheimischen Stealth-Jäger F3 – den Erprobungsträger Shin Shin gibt es schon – bereitstellen und Flugkörper, die unter anderem mehr als 1.000 Kilometer zurücklegen können, beschaffen. Weiters sollen auch die Cyber-, Weltraum- und elektronischen sowie elektromagnetische Kriegsführungsfähigkeiten und die Signalaufklärung ausgebaut werden.

Historische Budgetbeschränkung wird aufgegeben
Japan hatte sich vor Jahrzehnten verpflichtet, die Höhe seines Militärbudgets mit maximal ein Prozent seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu beschränken. Damit sollte eine mögliche Wiederbelebung des imperialen japanischen Militarismus aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs verhindert werden. Da in Tokio zuletzt aber die Besorgnis über Chinas Militär und die Machtansprüche Pekings in den umstrittenen Gewässern des Süd- und Ostchinesischen Meeres gewachsen ist, hat die regierende Liberaldemokratische Partei (LDP) vor den Wahlen am 31. Oktober das Ziel aufgenommen, in Hinkunft zwei Prozent des BIP oder mehr für das Militär auszugeben.

@Archiv
Japan betreibt entlang seiner gesamten Küstenlinie ein dichtes Netz an Radar- und Überwachungsstationen.

Noch immer gewichtig dahinter: Shinzo Abe
Der ehemalige japanische Premierminister Shinzo Abe, der in der Regierungspartei nach wie vor einflussreich ist, sagte am 19. November, Japan ziele darauf ab, die Beziehungen zum Verbündeten USA und anderen befreundeten Nationen zu intensivieren und gleichzeitig seine eigene Verteidigungsposition zu stärken, da man mit einer zunehmenden militärischen Expansion Chinas konfrontiert sei. Japan müsse mit den sogenannten AUKUS-Sicherheitspartnern USA, Großbritannien und Australien speziell bei künstlicher Intelligenz und Cyberfähigkeiten zusammenarbeiten: „Ein Schlüssel zur Verwirklichung eines freien und offenen Indopazifiks ist die Sicherstellung des mittel- bis langfristigen Engagements gleichgesinnter Länder in der Indopazifischen Region. Von diesem Standpunkt aus begrüße ich die Gründung von AUKUS. Es ist äußerst wichtig, mehrschichtige Anstrengungen zu unternehmen, um den Frieden und die Stabilität der Indopazifischen Region zu fördern. Ich glaube, dass Japan sich an der Zusammenarbeit der AUKUS in Bereichen wie Cyberfähigkeiten, künstliche Intelligenz und Quantentechnologien beteiligen sollte”, so Abe in einer Rede auf einem Online-Forum, welches von einem australischen Think Tank organisiert wurde.

Zu den Beziehungen Japans zu Australien sagte Abe in diesem Forum, die beiden Länder müssten ihre besondere strategische Partnerschaft weiter vertiefen: „Angesichts des zunehmend verschärften regionalen Sicherheitsumfelds ist es notwendig, die bilaterale Sicherheits- und Verteidigungszusammenarbeit zwischen Japan und Australien auf eine neue Ebene zu heben.”

@AP Photo
Japanischer Seefernaufklärer vom Typ P-3C über den umstrittenen Senkaku-Inseln im Ostchinesischen Meer.

AUKUS
Wie berichtet, ist der im September – speziell für Frankreich und die Europäer überraschend – verkündete AUKUS-Pakt (der Australien die Technologie für den Einsatz nuklear angetriebener U-Boote eröffnet) weithin als Reaktion auf die chinesische Militarisierung in der Region, insbesondere im strategisch wichtigen Südchinesischen Meer, angesehen. Peking hat dort bekanntlich künstlich Inseln geschaffen, Atolle vergrößert und militarisiert und behauptet die Gewässer darum – bis über 1.000 Kilometer von Hainan entfernt – als unter seiner Jurisdiktion. Für zusätzliche Alarmierung sorgt jüngst auch die – Peking sagt es war ein „Raumschiff” – Umrundung des Globus durch einen chinesischen Hyperschall-Wiedereintrittskörper (Militär Aktuell berichtete).

Der britische Premierminister Boris Johnson hatte im September vorhergesagt, dass, obwohl die AUKUS-Partnerschaft mit nuklearbetriebenen U-Booten beginnen wird, die Allianzmitglieder erwarten, die Entwicklung anderer fortschrittlicher Verteidigungssysteme, einschließlich Cyber, KI und Quantencomputing, zu beschleunigen.

Die „Quads”
Japan bildet mit Indien und den beiden AUKUS-Mitgliedern Australien und USA auch die sogenannte Quad-Gruppierung. Deren Staatschefs hielten erst im September ihren ersten persönlichen Gipfel ab (siehe Bericht), bei dem sie – angesichts der gemeinsamen Besorgnis über Chinas Aktivitäten und Drohungen speziell im Hinblick auf das als „abtrünnig” bezeichnete Taiwan – eine einheitliche Front demonstrierten.

Nachsatz: Auf RT wird übrigens aktuell berichtet (siehe auch Video unten), dass der „noch immer starke Mann” Shinzo Abe China warnt, nicht mit militärischer Aktion gegen Taiwan „wirtschaftlichen Selbstmord” zu begehen.

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Quelle@Roméo A. on Unsplash, Nikkei, AP Photo
Der Autor ist einer der renommiertesten österreichischen Luftfahrtjournalisten, Korrespondent des britischen Jane’s Defence und schreibt seit vielen Jahren für Militär Aktuell.