Tragbare Systeme bilden das Rückgrat der ukrainischen Luftverteidigung. Was genau sind Manpads aber eigentlich? Wie funktionieren sie? Und welche Voraussetzungen sind für ihren effektiven Einsatz notwendig?

Bei der Bekämpfung anfliegender russischer Drohnen, Kampfjets und Hubschrauber kommen auf ukrainischer Seite sehr unterschiedliche Abwehrsysteme zum Einsatz. Die Bandbreite reicht von dem von Deutschland gelieferten Gepard-Panzer und vergleichbaren Systemen sowie größeren S-300 und Buk aus sowjetischer Fertigung, Nasams aus den USA und Iris-T SLM aus Deutschland bis hin zu schultergestützten Raketen (Manpads) wie Igla oder Stinger. Letztere ermöglichen mit einem vergleichsweise geringen Material- und Ressourceneinsatz die Zerstörung millionen-teurer Ziele.

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Was sind Manpads?
Ganz konkret handelt es sich bei Manpads um Man-Portable Air Defense Systems, also Boden-Luft-Raketen, die von einer einzelnen Person getragen und abgefeuert oder von mehreren Personen getragen und von mehr als einer Person abgefeuert werden können.

Die meisten Manpads bestehen aus:
– einer Rakete, die in einer Röhre verpackt ist,
– einem wiederverwendbarer Abschussmechanismus (allgemein als „Gripstock” bekannt), der in einigen Fällen mit einem elektronischen Freund/Feind-Erkennungssystem ausgestattet ist und
– einem Einweg-Batterie/Kühlgas-Behälter.

Die Röhren, die den Flugkörper bis zum Abfeuern schützen, sind Einwegartikel. Darauf sind zum Teil rudimentäre Visiere montiert. Ein kombinierter Einwegbatterie/Gasbehälter wird typischerweise verwendet, um den Flugkörper vor dem Start mit Energie zu versorgen und den Suchkopf zu kühlen.

Manpads-Startrohre haben typischerweise eine Länge von bis zu zwei Meter und einen Durchmesser von etwa sieben bis acht Zentimeter. Ihr Gewicht mit Trägerrakete erreicht bis zu 25 Kilogramm. Sie sind leicht zu transportieren und benötigen wenig Raum. Einige der am häufigsten verbreiteten Manpads passen problemlos in den Kofferraum eines Autos. Die Raketen erreichen Geschwindigkeiten von etwa Mach 2 und können gegen Ziele in Entfernungen von bis zu fünf Kilometer und Höhen von bis zu drei Kilometer eingesetzt werden.

Die Mehrzahl der Systeme hat einen Infrarotsuchkopf (IR), die moderneren Varianten schon seit längerem bildgebende Sensoren manchmal in mehreren IR-Bändern. Der Schütze visiert das Ziel an bis die Rakete einen Ton von sich gibt, anhand dem der Schütze erkennt, dass der Suchkopf das Ziel erfasst hat. Danach wird die Rakete abgefeuert.

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Im Team zum Abschusserfolg
Das Geheimnis der Effektivität der Manpads liegt in der, auf die Eigenschaften der Waffe hin optimierten, Organisationsstruktur. Die leichtesten und tragbarsten Systeme verfügen über Einwegbatterien, die das System nur für längstens eine Minute versorgen können. Der Schütze erfasst, zielt und schießt in diesem engen Zeitfenster auf ein Flugziel oft in einer Entfernung, die ihm eine eindeutige Identifizierung zumindest erschwert.

Der Schlüssel zum Erfolg ist somit den oder die Schützen im Einsatzgebiet mit einer optimalen Information über die Luftlage im bodennahen Luftraum zu versorgen. Die wichtigste Vorabinformation ist das Wissen über Ort und Zeit von Einsätzen eigener Luftfahrzeuge um „friendly fire” zu vermeiden. Sofern die Einsatzplätze gegnerischer Luftfahrzeuge beobachtet werden können, ist es auch von Vorteil zu wissen, wann und von wo welche Luftfahrzeugtypen ihre Einsatzflüge begonnen haben. Von ganz besonderer Bedeutung ist die gute Information der gesamten Fliegerabwehr, wenn, wie in der Ukraine der Fall, beide Seiten zum Teil mit den selben Luftfahrzeugtypen ausgerüstet sind.

 

Luftlage
Das Luftlagebild muss dem/den Schützen nicht zwingend auf höchstem technischen Niveau übermittelt werden, es kann durchaus auch „banaler” Sprechfunk sein. Jedenfalls aber müssen dem/den Schützen sehr präzise Angaben über Luftfahrzeugtype, Geschwindigkeit, Flughöhe und Richtung sowie Ort und Zeit der Sichtung zur Verfügung stehen, um den Einsatz der Manpads optimal zu timen. Manche Länder setzen die Manpads in Zweimann-Teams ein. Das Team besteht aus einem Kommandanten, der sich um eben dieses Luftlagebild kümmert, und aus einem Schützen, der sich auf die Bedienung seiner Waffe konzentrieren kann und auf das Luftziel eingewiesen wird.

Im Idealfall sind der/die Schützen nicht überrascht, dass plötzlich ein Luftziel auftaucht, sondern sie wissen bereits seit einigen Minuten, dass sich ein zu bekämpfendes feindliches Luftfahrzeug im Luftraum befindet und aus welcher Richtung, in welcher Höhe und mit welcher Geschwindigkeit es sich ihrer Position nähert. Gefühl und Verständnis für Raum, Zeit und Geschwindigkeit helfen ungemein.

Technische Hilfsmittel können zu einer Verbesserung der Qualität des Luftlagebildes beitragen, haben mitunter aber auch Nachteile. Radargeräte, die auf die Erfassung von tief fliegenden Luftfahrzeugen hin optimiert sind, können dem Gegner beispielsweise einen Hinweis auf die Anwesenheit von Manpads im betreffenden Raum liefern. Als aktiv sendende Komponenten können solche Radargeräte natürlich auch bekämpft werden. Zu viel Technik in der Organisation um das Manpads kann dem System daher auch einen Teil seines größten Vorteils rauben – seinem minimalen und somit schwer auffindbaren „Fußabdruck”.

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Das Ziel
Ziele für Manpads sind heute alle gegnerischen Luftfahrzeuge im Leistungsbereich der Lenkwaffe, seien es unbemannte Drohnen, Cruise Missiles, Hubschrauber oder Flugzeuge. Seit vielen Jahren etabliert sind diverse Schutzsysteme für Luftfahrzeuge gegen Manpads. Die bekanntesten davon sich abwerfbare pyrotechnische Täuschkörper – bezeichnet als „Flares” – die den Infarotsuchkopf der Rakete verwirren sollen. Generell nimmt die Fähigkeit solcher Systeme, die Luftfahrzeuge effektiv zu schützen, allerdings ab. Die Qualität der in Manpads verbauten elektrooptischen Komponenten sowie die Rechenleistung der Mikroelektronik nimmt immer mehr zu. Gleichzeitig versucht die Industrie, die Raketen mit zunehmend rauchlosen Motoren auszustatten. Ganz allgemein berichten Piloten, dass wegen den extrem kurzen Zeitfenstern nur vollautomatische Systeme Aussicht auf einen Abwehrerfolg bieten.

Der bekannt technisch letzte Stand der Abwehrtechnik sind optische Detektoren, welche die Infrarotsignatur der Raketentriebwerke erkennen und im Verbund mit anderen Systemen die „Energiestrahlen” auf die Rakete richten. Das kann gebündeltes Laserlicht oder auch intensive elektromagnetische Strahlung zur Störung der Elektronik sein.

Quelle@58th Independent Motorized Infantry Brigade