Das Resultat einer Unterhaltung am Rande der Rüstungsmesse IDET in Brünn wirft ein neues Licht auf den Ukraine-Krieg: Demnach sind zahlreiche der von Russland vermeldeten Raketentreffer auf Panzer und andere militärische Fahrzeuge nichts weiter als heiße Luft – ein Gutteil der Angriffe gilt aufblasbaren Attrappen der Firma Inflatech.

Die Angaben der Vertreter des tschechischen Unternehmens gegenüber Militär Aktuell sind zwar nicht unabhängig verifizierbar, schenkt man ihnen Glauben, könnten aber beispielsweise mehr als ein Drittel der von Russland vermeldeten Himars-Abschüsse in Wahrheit Täuschkörper-Scheinziele des Unternehmens getroffen haben. Viele russische Erfolgsmeldungen wären demnach „aufgeblasen”.

Das Portfolio von Inflatech umfasst inzwischen Täuschkörper (Decoys) für Dutzende von Ost- und West-Systemen: Panzer, Artillerie, Boden-Boden-Raketen, Luftverteidigungssysteme – und sogar ganze Kampfflugzeuge. Am Freigelände der IDET in Brünn ausgestellt waren aufblasbare Decoys, welche Panzer vom Typ Leopard 2A4 imitieren und den tschechischen Kommunikationsstörsender Starkom. Neben Imitaten der US-Artillerie M777 und Himars wären auch „Fake Panzer” Leopard und T-72 an die Ukraine geliefert worden, heißt es von Inflatech, 35 Stück könne man pro Monat herstellen. Auch NATO-Einrichtungen wie in Deci in Sardinien würden mittlerweile Ost-Imitate von Inflatech-Produkten nutzen, so die Mitarbeiter.

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An alles gedacht
Täuschkörper dienen dazu, einen Feind durch die Simulation von Objekten in die Irre zu führen und ihn zudem zur Verschwendung wertvoller Munitionsbestände zu verleiten. Das aber ist keineswegs etwas Neues: Die vielleicht berühmteste Täuschung der jüngeren Militärgeschichte gelang 1944 den Allierten mit der „Operation Fortitude”, als sie zur Ablenkung im Vorfeld der Invasion in der Normandie (D-Day) massenhaft Decoys von Sherman-Panzern und US-Lkw in Südengland vis-a-vis von Calais platzierten und intensive Funk-Aktivitäten vortäuschten.

@Inflatech
Gut getarnte „Aufblas-Artillerie“: M777-Decoy in der Ukraine.

Viele der damals verwendeten Attrappen waren aus Gummi und Holz. Der nun auf der IDET ausgestellte aufgeblasene Leopard 2A4 wiegt hingegen nur 44 Kilogramm, der Starkom-Lockvogel gar nur 35,2 Kilogramm. Laut dem Hersteller beträgt ihre optische „Körnigkeit” 0,2 µm, die thermische 0,6 µm und ihre elektronische 4 µm. Damit sollen sie der Optik einer durchschnittlichen Drohne aus einer Entfernung von ab 1.500 Metern wie reale Objekte erscheinen. Die diversen Produkte können mit einem 150-ccm-Viertakt-Benzin- oder Dieselmotor aufgeblasen werden, zwei Personen brauchen für Aufstellen oder Packen zehn Minuten. Laut Hersteller sind sie bei Wind bis zu 15 Meter/Sekunde stabil, wasserabweisend sowie von minus 20 Grad bis plus 50 Grad einsetzbar. Wenigstens 50 Vorgänge lang bliebe das Material brauchbar.

Die Highlights der IDET-Messe in Brünn

Um einem Täuschkörper die richtige, reale Form zu geben und Gewicht zu reduzieren, vermeidet Inflatech die Verwendung von Metall- oder Kunststoffstrukturen und konstruiert stattdessen eine nicht näher erläuterte interne Struktur. Um die Infrarotsignatur zu verbessern wird zudem Heißluft dort in die Kammern der Struktur eingeleitet, wo auch beim echten Gerät Wärme detektierbar wäre. Zur Täuschung feindlicher Radargeräte werden flexible Funkreflektoren und spezielle Funkreflexfolien eingesetzt.

„Körnungsgrade” Wellenlängen-Spektrum Auflösung
Optisch 0,4 – 1,1 mkm weniger als 0,20 Meter
Thermisch 3 – 5 mkm, 8 – 14 mkm weniger als 0,60 Meter
Radar 0,8 – 30 sm weniger als 6 Meter
Quelle@Georg Mader, Inflatech
Der Autor ist einer der renommiertesten österreichischen Luftfahrtjournalisten, Korrespondent des britischen Jane’s Defence und schreibt seit vielen Jahren für Militär Aktuell.