Die Unterzeichnung des Nuklearabkommens mit dem Iran, die Krise um die Ukraine, die Aufkündigung des Friedensprozesses innerhalb der Türkei und die rasant steigende Bedrohung durch das Terrorregime Islamischer Staat (IS) haben binnen weniger Monate die Situation im Nahen und Mittleren Osten dramatisch verändert.

Obwohl die Türkei nach langem Drängen einige Flughäfen für die Angriffsflüge auf den IS geöffnet und sich der Koalition angeschlossen hat, gilt ihr eigentlicher Kampf der kurdischen PKK. Während sich die militärische Lage im Irak zu stabilisieren scheint und der IS dort zumindest vorerst nicht weiter vorrücken kann, verschärft sich die Lage in Syrien dramatisch. Assads Truppen geraten immer stärker in Bedrängnis und Russland fühlt sich genötigt, noch mehr zu seiner Unterstützung zu tun und greift mit Kampfflugzeugen und Raketenangriffen direkt in die Kämpfe ein.

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Teheran und Moskau unterstützen den syrischen Machthaber Assad auch weiterhin.

Auch Teheran hält an Assad fest und schlägt gemeinsam mit Russland eine Koalition der Gleichgesinnten zur Bekämpfung des IS, der nunmehr stärksten Kriegspartei, vor. Das Nuklearabkommen hat dem Iran politisch den Rücken gestärkt – wohl auch in der US-Hoffnung, dadurch einen konstruktiven iranischen Beitrag zur Stabilisierung der Region erwarten zu können. Erzrivale Saudi-Arabien führt inzwischen mit arabischen Verbündeten einen Interventionskrieg im Jemen, um dort einer iranischen Einflussnahme vorzubeugen. Es sieht sich vermutlich genötigt, seine Außenpolitik zu überdenken und allenfalls zum gegebenen Zeitpunkt auch vom sofortigen Rückzug Assads abzurücken.

Europa spielt dabei keine entscheidende Rolle, auch wenn sich einige Staaten an den Luftschlägen beteiligen. Allerdings leistet es einen großen Beitrag bei der Unterstützung der völlig überforderten Nachbarstaaten Libanon und Jordanien.Die Flüchtlingsströme, die sich nun über die Türkei in Richtung Europa ergießen, sind auch Ausdruck der Perspektivenlosigkeit in dieser Kriegsregion. Ob allerdings die sich abzeichnenden Veränderungen in absehbarer Zeit eine bessere Zukunft für die geschundene Bevölkerung bringen können, bleibt dahingestellt.

Lesen Sie dazu auch die Analyse „Nach dem Kampf ist vor dem Kampf” von IFK-Expertin Jasmina Rupp. Hier geht es außerdem zu weiteren Beiträgen von IFK-Leiter Brigadier Walter Feichtinger.
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Der Autor ist seit 2002 Leiter des Instituts für Friedenssicherung und Konfliktmanagement (IFK) an der Landesverteidigungsakademie.