Der Puch Haflinger ist eines der bekanntesten Bundesheer-Fahrzeuge überhaupt. Walter Blasi hat dem legendären Offroad-Fahrzeug daher nun ein eigenes Buch gewidmet und informiert auf 116 Seiten im Detail über die Fahrzeugentwicklung, Exportversionen und die Verwendung in den rot-weiß-roten Streitkräften.

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haflinger mit vier rädern trifft auf haflinger mit vier beinen Der Name des Fahrzeugs beim Bundesheer leitete sich vom bestens bewährten Gebirgspferd ab; der Name Haflinger entstand spontan während einer Vorführung.

Nach dem Abschluss des Staatsvertrages im Jahr 1955 konnte mit der Aufstellung des Bundesheeres, das aus der B-Gendarmerie heraus entstand, begonnen werden. Die vier Besatzungsmächte versorgten die neue Armee mit Ausrüstung und Fahrzeugen, alleine die USA überließen Österreich Gerät für etwa zwei Divisionen. Zur Deckung seines künftigen Fahrzeugedarfs arbeitete das Bundesheer in weiterer Folge eng mit der heimischen Fahrzeugindustrie zusammen – das erste erfolgreiche Produkt dieser Kooperation war der Lkw 0,4 t (4×4) Haflinger der Steyr-Daimler-Puch AG.

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Königin an Bord: Elisabeth II. auf Staatsbesuch in Österreich (1969). Hinter ihr sitzt der Landeshauptmann von Tirol, Eduard Wallnöfer.

Die Weichen für die Entwicklung des Fahrzeugs wurden im Jahr 1956 gestellt. Damals wurde bei einer Vorführung von Puch-Motorrädern vor Angehörigen des Bundesheeres auch ein Prototyp des Puch 500 mit einer Kübelkarosserie gezeigt. Dieses Fahrzeug (Bezeichnung Puch 600 M) war ursprünglich als Rikscha-Ersatz für asiatische Länder gedacht, begeisterte mit seiner Geländegängigkeit und Wendigkeit aber auch die rot-weiß-roten Militärs. Nachdem damals gerade Bedarf an einem Allradfahrzeug mit geringer Nutzlast gegeben war, wurde ein entsprechendes Pflichtenheft erstellt und das Vorführmodell über Jahre zu einem alltagstauglichen Fahrzeug weiterentwickelt. 1957 wurden die ersten Prototypen gebaut, bei einem Eigengewicht von 600 Kilo betrug die Nutzlast 500 Kilogramm, der Heckmotor leistete 24 PS bei 4.500 U/min, die Steigfähigkeit bei voller Beladung lag bei 50 bis 65 Prozent! Nach umfangreichen Testfahrten und einer eingehenden Erprobung in mehreren militärischen Dienststellen – unter anderem bei der Versuchsgruppe der Heereskraftfahrschule (HKS), dem Jäger-Bataillon Nr. 30 aus St. Johann/ Pongau und der Tel-Truppen-Schule – sowie der Einarbeitung zahlreicher Verbesserungen ging das Geländefahrzeug 1959 unter der Bezeichnung Haflinger Typ 700 AP (AP stand für Arbeitsplattform) schließlich in Serie. Am 25. März 1960 wurden dann die ersten 100 Haflinger vom damaligen Verteidigungsminister Ferdinand Graf feierlich übernommen. Knapp zwei Monate später wurde das Fahrzeug bei einer Parade anlässlich der Feiern zu „Fünf Jahre Staatsvertrag” in Wien auch erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.

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Prototyp I: Haflinger mit der 10,6 cm rückstoßfreien Panzerabwehrkanone (rPAK). In der Bildmitte (mit Feldstecher) der spätere Armeekommandant Emil Spannocchi.

In der Folge entstanden aufgrund von Wünschen auch vieler internationaler Kunden verschiedenste weitere Varianten und Prototypen wie beispielsweise ein Haflinger 6×6 mit luftgekühltem Vier­zylinder-Boxermotor und Haflinger als Waffenträger für rückstoßfreie Panzerabwehrkanonen (rPAK) im Kaliber 7,5 cm und 10,6 cm. Ab 1967 wurde das Fahrzeug als verstärkte und technisch verbesserte Serie II angeboten, bis zur Produktionseinstellung 1974 liefen von den beiden Serien 16.647 Fahrzeuge vom Band. Davon gingen zwischen 1959 und 1964 insgesamt 2.918 Haflinger an das Bundesheer, wo sie vor allem als Beobachter-, Funk- und Fernsprechfahrzeuge Verwendung fanden. Erst 1996 dürfte der letzte Haflinger aus dem aktiven Dienst ausgeschieden worden sein. Allerdings erfreut sich der „Kraxler” weiterhin großer Beliebtheit, 2011 waren in Österreich mehr als 1.500 Fahrzeuge angemeldet.

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Der Steyr-Puch Haflinger des Österreichischen Bundesheeres, von Walter Blasi, erschienen 2020 in der Edition Winkler-Hermaden, 23,5 × 20 cm Querformat

Zu den größten der insgesamt 110 Exportkunden zählten Indonesien, das 1.000 Haflinger in der sogenannten Tropenausführung mit Zyklon-Luftfilter auf der Front bestell­te, Deutschland, Südafrika, die Schweiz (dort wurden sogar 4.535 Stück beschafft), Mexiko, Australien, Italien, Schweden und die USA. Für Schweden und die Schweiz wurde der Haflinger sogar für den Einsatz als Lenkwaffenträger für Bantam-Raketen und Bofors-Lenkwaffen konfiguriert. Auch auf einigen Bundesheer-Fahrzeugen wurden Panzerabwehrlenkwaffen montiert – die im Heckbereich verbauten Moskitos konnten allerdings nicht vom Fahrzeug aus abgefeuert werden. In kleiner Stückzahl fand das Allradfahrzeug mit Sonderausstattung sogar bei der Royal Navy Verwendung, um Hubschrauber und Flugzeuge an Deck von Flugzeugträgern zu schleppen.

@HBF
Prototyp II: Version für Schweden mit Bofors-Lenkwaffen während einer Vorführung. In der Schweiz kam der Haflinger mit Bantam-Panzerabwehrlenkwaffen zum Einsatz.

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Quelle@HBF, Samlung Constantin Kiesling, Edition Winkler-Hermaden
Der Autor ist Chefredakteur von Militär Aktuell. An militärischen Themen reizt ihn besonders die Melange aus Technik, Strategie und geomilitärischen Entwicklungen. „Und diese Mischung versuchen wir gut lesbar, mit einem ausgewogenen Verhältnis von Nähe und Distanz sowie Qualität in Text und Bild, für unsere Leser aufzubereiten.“