Hillary Clinton oder Bernie Sanders vs. Donald Trump. Wer im US-Wahlkampf schlussendlich das Rennen macht, beschäftigt in den kommenden Monaten die amerikanische Öffentlichkeit, aber auch die US-Generäle. Mit der Präsidentenfrage direkt verknüpft ist laut Heinz Gärtner nämlich auch die Frage nach der zukünftige Ausrichtung und Geostrategie der amerikanischen Armee. Ein Kommentar.

Im derzeitigen Vorwahlkampf der USA betonen alle Kandidaten, dass sie für starke Streitkräfte sind. Wofür diese aber verwendet werden, ist Gegenstand heftiger Kontroversen. Der Ausgangspunkt ist das Abstimmungsverhalten der damaligen Senatorin Hillary Clinton vor dem Krieg im Irak 2002. Sie hatte damals für den Krieg gestimmt, im Wahlkampf aber mittlerweile eingeräumt, dass das ein Fehler war. Dafür wird sie von ihrem demokratischen Gegenkandidaten Bernie Sanders wie auch vom republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump heftig kritisiert. Der tiefere Grund dieser Auseinandersetzung ist die Frage, ob das amerikanische Militär Instrument für die Verbreitung amerikanischer Werte und gewaltsamen Regierungswechsel ist, oder ob es im engeren Sinne amerikanische Interessen verteidigen soll. In diesem Sinne erscheint Clinton der Falke unter den Kandidaten zu sein, weil sie auch den Regimewechsel in Libyen 2011 betrieb und sich für Flugverbotszonen in Syrien einsetzt. Sanders warnt zu vorsichtigem Einsatz und glaubt nicht, dass durch gewaltsamen Regimewechsel massive Menschenrechtsverletzungen autoritärer Regierungen wirksam verhindert werden können.

@Getty ImagesVon Donald Trump gibt es widersprüchliche Aussagen zur Rolle der amerikanischen Streitkräfte. Einerseits überhöht er deren Rolle mit übersteigertem Lob, andererseits beklagt er, dass es überall in der Welt herumgeschoben und schlecht behandelt werde. Er reagiert damit, dass er einen beleidigten Rückzug der US-Streitkräfte in der Welt ankündigt, wenn die befreundeten Staaten nicht für die Anwesenheit der US-Truppen bezahlen. Er bedient sich allerdings der Argumente, die im Sicherheitsestablishment bereits vorhanden sind, aber nie offen ausgesprochen werden. Die Europäer sollten höhere Beiträge an die NATO leisten, sonst würden die USA die NATO verlassen. Südkorea und Japan sollen zahlen oder sich selbst verteidigen – und sei es mit Nuklearwaffen. Saudi-Arabien hätte genügend Geld aus den Ölverkäufen, um die USA für ihren Schutzschirm zu entschädigen. Trump betrachtet die Streitkräfte aus rein marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten. In dieser Gleichung nicht berücksichtigt wird, dass die USA selbst auf Partner angewiesen sind, die ihnen Stützpunkte zur Verfügung stellen, um ihre geopolitischen Interessen in der Welt zu wahren. Das betrifft Asien ebenso wie den Mittleren Osten, aber auch Europa, und sei es aus logistischen Gründen.

Dennoch sind Trumps Argumente nicht einfach aus der Luft gegriffen, nur unverantwortlich leichtsinnig ausgesprochen. Der ehemalige US-Verteidigungsminister Robert Gates hatte 2011 die Europäer mit strengen Worten aufgefordert, mehr für die eigene Verteidigung zu tun; US-Präsident Obama hat Saudi-Arabien als Trittbrettfahrer bezeichnet; und in Südkorea und Japan macht man sich hinter verschlossenen Türen Gedanken darüber, ob man sich wirklich auf den amerikanischen Nuklearschirm verlassen kann und ob man nicht eigene Alternativen entwickeln sollte. Für Trump könnten Nuklearwaffen auch eingesetzt werden, was ihm von Hillary Clinton den Vorwurf des leichtfertigen Umgangs mit Nuklearwaffen eintrug. Nuklearexperten wissen aber, dass Nuklearwaffen auch einsetzbar sein müssen, um Abschreckungswirkung zu haben.

Man kann argumentieren, dass ein gewählter Präsident vorsichtiger mit den Streitkräften umgeht, als er es im Wahlkampf ankündigt. Allerdings kann auch das Umgekehrte eintreten, wie wir von George W. Bushs Irakkriegsentscheidung wissen. Bei Donald Trump kann man sich keinesfalls sicher sein.

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