Das älteste einsatzfähige Kampffahrzeug, das (zumindest auf dem Papier) noch im aktiven Dienst einer Armee steht, ist ein über hundertjähriger Rolls Royce und heißt „Sliabh na mBan”.

Der Rolls Royce Armoured Car in seinen verschiedenen Versionen kann als der Urvater des Panzerspähwagens gelten – zwar war er keineswegs das erste als Panzerwagen konzipierte Fahrzeug, er war aber der erste Panzerwagen, der in signifikantem Maßstab taktische Erfolge erzielte. Umso erstaunlicher ist es, dass er weder auf einem LKW-Chassis aufbaute, noch auf einem eigens entwickelten Fahrgestell, sondern dass ihm die Fahrzeugtechnik eines Luxuswagens zugrundelag.

Außerdem ist bemerkenswert, dass er seine Rolle nach dem Ende des Ersten Weltkriegs weiterführen konnte, in einigen Konflikten der Zwischenkriegszeit war er sogar von entscheidender Bedeutung. Sogar im Zweiten Weltkrieg, als er durch das Erscheinen modernerer Typen längst technisch obsolet geworden war, konnte er beachtliche Erfolge erzielen – auch dank der hervorragenden Ausbildung und des Einsatzwillens seiner Besatzungen. Deshalb soll der Fokus der Betrachtung in diesem Aufsatz auf der Zwischenkriegszeit und dem Zweiten Weltkrieg liegen.

@Irish Defense Forces
Rolls-Royce Armoured Car bei einer Vorführung.

Als Henry Royce, der kreative Kopf der Fahrzeugentwicklung des britischen Nobelherstellers Rolls Royce, den „Silver Ghost” (das war nie die  Werksbezeichnung, der Wagen hieß werksseitig „Rolls Royce 40/50 hp.”) entwickelte, dachte er an einen luxuriösen und robusten Wagen der Oberklasse, der allen Anforderungen der (teils hervorragenden, aber auch oftmals abscheulichen) Straßenverhältnisse des ganzen britischen Empire gerecht werden könnte. Gerade für den Einsatz auf dem indischen Subkontinent musste ein solcher Wagen ein robustes Fahrwerk und einen langlebigen Motor haben. Der 1906 zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorgestellte Wagen war so erfolgreich, dass Rolls Royce bis 1925 (bis zum Produktionsbeginn des Phantom I) kein anderes Modell produzierte.

Zum Bestand der britischen Truppen in Frankreich gehörten im Jahr 1914 einige Rolls Royce. Bevor die Front zum Stellungskrieg erstarrte, gab es einige Manöver, bei denen bewegliche (und das heißt auch motorisierte) Einheiten eine gewisse Rolle spielten. Vorreiter waren die Belgier, die einige Minerva-Personenwagen mit einem Panzeraufbau versahen und bei der Verteidigung Antwerpens einsetzten. Dort kämpfte auch der RNAS, der „Royal Naval Air Service”. Zwischen Oostende und Dünkirchen operierte eine kleine Einheit unter Commander C. R. Samson von der Royal Navy. Samson hatte die Fahrzeuge behelfsmäßig panzern lassen (mit Herdplatten) und mit Maschinengewehren ausgestattet. Unter der Federführung der britischen Marineführung wurde nun ein Panzerwagen entwickelt. Im Oktober 1914 wurde eine Kommission zur Entwicklung des Panzeraufbaus eingesetzt, im Dezember 1914 waren die ersten drei Wagen fertig. Auf das Chassis des „Silver Ghost” wurde ein Panzeraufbau gesetzt, der einen von Hand drehbaren Turm mit einem wassergekühlten Maschinengewehr Vickers (im britischen Armeekaliber .303) trug. Es genügte, die Blattfederung des Fahrwerks einfach durch Einbau einer zusätzlichen Federblattes pro Radaufhängung zu verstärken.

Zur Unterstützung der bei Antwerpen kämpfenden britischen Truppen wurden sechs dieser Wagen von England herübergeschafft. Weitere Armoured Cars wurden produziert und in Armoured Car Squadrons zusammengefasst. Zunächst hatte das RNAS fünf Armoured Car Squadrons. Bei den Kämpfen in Frankreich und Belgien war ein solches System natürlich wenig zu gebrauchen, als die Front erst einmal erstarrt war. Auch beim Einsatz auf der Halbinsel Gallipoli konnte der „Rolls Royce Armoured Car 1914 Pattern”, von dem rund 120 Stück produziert wurden, nicht seine Stärken ausspielen.

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Rolls Royce Armoured Car im Jahr 1940 in Bardia.

In den beweglich geführten Kämpfen in Südwestafrika, in Ostafrika, bei den Feldzügen Allenbys in Palästina, in Mesopotamien, an der russischen und an der rumänischen Front bewies der Rolls Royce (nun zumeist zur British Army transferiert) dann aber seine Feldtauglichkeit. Auch beim Einsatz der britischen Truppen gegen die Bolschewiken in Archangelsk wurden Rolls Royce Armoured Cars verwendet.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs war der Waffenbestand für die nunmehr zahlenmäßig rapide schrumpfenden britischen Truppen zumindest quantitativ mehr als ausreichend. Von den Rolls Royce Armoured Cars bestellte die Regierung allerdings 1920 100 Stück zum Stückpreis von 2.000 Pfund. Das „1920 Pattern” genannte Modell unterschied sich in einigen Details von den Vorläufern. Besonders augenfällig waren die Stahlscheibenräder anstelle der älteren Speichenräder und die Hinterachse war nun doppeltbereift. 1922 wurde die älteren Rolls Royce Armoured Cars 1914 Pattern offiziell ausgesondert, einige liefen aber trotzdem weiter. Einige Rolls Royce Armoured Cars dienten auch bei den in Irland im Einsatz befindlichen britischen Truppen.

Als 1921 mit einem Friedensabkommen zwischen der Regierung Großbritanniens und der des „Irish Free State” die Feindseligkeiten beendet wurden, wollten radikalere Kräfte innerhalb der irischen Unabhängigkeitsbewegung dieses Abkommen nicht einhalten. Sie wollten den Kampf gegen Großbritannien und gegen die protestantischen Nordiren weiterführen und schreckten auch nicht davor zurück, die rechtmäßige irische Regierung zu stürzen. Die Regierung des Freistaates Irland hingegen verpflichtete sich gegenüber der britischen Regierung, gegen die militanten Gegner des Friedensschlusses notfalls auch mit militärischer Gewalt vorzugehen, um Angriffe auf die nordirischen Protestanten und auf britische Einrichtungen (etwa die Flottenstützpunkte in Irland) zu unterbinden.

Ein fahrender Bunker, schwer und massig: Der Bison

Im Gegenzug lieferte die britische Regierung 1921 und 1922 große Mengen Materials, das nicht von britischen Streitkräften benötigt wurde und auch noch nicht zum Verkauf angeboten worden war. Als der Bürgerkrieg zwischen der National Army des Freistaates Irland und den Terroristen der IRA eskalierte (mit zum Teil schweren Gefechten in Dublin) stieg der Waffenbedarf der National Army an. Personal war bald in ausreichender Anzahl vorhanden, zumal viele Iren als Angehörige der britischen Streitkräfte im Ersten Weltkrieg gedient hatten und der katholische Klerus sich auf die Seite des Freistaates stellte.

General Mulcahy schlug vor, aus Irland abziehende britische Truppen sollten einfach ihr schweres Material an die National Army übergeben. Der Duke of Devonshire, höchster britischer Repräsentant in Irland, erkannte das Dilemma, dass die britischen Truppen ohnehin schon nicht mehr zeitgemäß ausgestattet waren. Auf der anderen Seite musste er aber die Notwendigkeit anerkennen, der National Army in ihrem Kampf beizustehen. Denn sollte sie ihn verlieren, drohte eine Neuauflage der britisch-irischen Feindseligkeiten. So wurde vereinbart, dass die National Army britisches Fahrzeugmaterial erhalten sollte, das durch Nachkauf, finanziert durch die irische Regierung, in Großbritannien ersetzt werden sollte.

Dazu gehörten beispielsweise 111 Lancia Armoured Cars, gepanzerte Mannschaftstransporter, die eine entscheidende Rolle in den Gefechten zwischen National Army und IRA spielen sollten. Die irische Seite war aber besonders am Erwerb der Rolls Royce Armoured Cars interessiert, die in Irland „Whippet” genannt wurden. Das ging allerdings nicht, da die britischen Streitkräfte, sowohl Army als auch Royal Air Force, die Rolls Royce Armoured Cars selbst dringend benötigten. So blieb es bei den ursprünglich (das heißt nach dem Abschluss der britisch-irischen Waffenstillstandsverhandlungen) an den Freistaat transferierten Fahrzeugen. 14 Stück wurden insgesamt von der National Army eingesetzt.

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Captain McAlister und sein Rolls Royce AC vor dem Talbot Hotel Wexford 1922.

Sie dienten in einer ganzen Reihe von taktischen Verwendungen, dabei noch am wenigsten als Panzeraufklärer. Sie fuhren zur Sicherung von Konvois, sie konnten schnell Schwerpunkte bilden, sie sicherten statisch Gebäude und Flussübergänge, sie transportierten manchmal Schlüsselpersonal und Verwundete, und sie waren in der Lage, andere Fahrzeuge abzuschleppen. Da der Gegner über kaum nennenswerte Abwehrmittel verfügte, hatten die Rolls Royce den taktischen Stellenwert, wie ihn in späteren Konflikten veritable Kampfpanzer hatten. Den ersten Einsatz gegen IRA-Leute hatten die Whippets in Dublin. Rund 200 IRA-Angehörige hatten sich im Gerichtsgebäude der Four Courts verschanzt und unternahmen von dort Ausfälle mit dem Ziel von Plünderungen und Anschlägen. Diesen Vorgängen setzte die Regierung erstmal ein Ende, indem sie Whippets in den Straßen rund um die Four Courts aufziehen ließ.

Als sich die Kampfhandlungen nach der Erstürmung der Four Courts auf das flache Land verlagerten, wurden die Whippets einzeln oder in kleinen Gruppen an den verschiedensten Brennpunkten eingesetzt. Dieses Vorgehen, eigentlich ganz gegen den Grundsatz Guderians („Nicht kleckern, sondern klotzen”), erwies sich am Ende als erfolgreich. Die Ursache ist in der Tatsache zu suchen, dass die Briten die Panzerwagen verschiedener Typen (und viele ungepanzerte Fahrzeuge) zu weit verstreuten Sammelpunkten verbracht hatten, wo sie dann von den Soldaten der Freistaatarmee übernommen wurden. Es gab zunächst kein zentrales Kommando über die Panzerwagen (die in unabhängigen Kampgruppen, die man „Free Lances” nannte, operierten), bis am 14. September 1922 das Cavalry Corps (von Anfang an vollmotorisiert) unter Commandant Joe Hyland ins Leben gerufen wurde.

Im Juli 1922 gelang General O´Duffy die Einnahme Limericks mit einer mobilen Kolonne, die von einem Whippet unterstützt wurde. Bei der Eroberung von Waterford spielten vier Whippets eine maßgebliche Rolle.

Der Whippet mit dem Namen Danny Boy (später in „Tom Keogh” geändert) wurde unter dem Kommando von Lieutenant O´Brien im County Limerick eingesetzt und hatte eine wichtige Rolle bei der Erstürmung von Limerick, Adare, Newcastle West inne. Im September 1922 wurde der Wagen nach Kerry verlegt und nahm an den Gefechten von Killorglin und Castlemaine teil.

An dem berühmtesten Zwischenfall des ganzen Krieges, dem Tod von General Michael Collins während eines Gefechtes bei Beal na mBlath am 22. August 1922, war ein Whippet mit dem Namen „Slievenamon” (in den 1960er-Jahren wurde aus dem angloirischen Slievenamon das gälische Sliabh na mBan, es ist aber derselbe Wagen) beteiligt. Der MG-Schütze des Wagens, der aus Glasgow stammende Jock McPeak, war sogar in ein ein Komplott verwickelt, das der IRA den Panzerwagen in die Hände spielte. Nach einer großangelegten Suche, an der auch Flugzeuge beteiligt waren, konnten die Freistaattruppen den Wagen ausfindig machen und bergen.

@San Diego Air & Space Museum
Rolls Royce Armoured Car in Mesopotamien.

Ein anderer Rolls Royce Armoured Car, von den Freistaattruppen genutzt, trug den Namen „The Ballinalee”. Er wurde am 13. Juli 1922 von den IRA-Leuten bei Rockwood erbeutet und von den IRA-Kräften eine Zeit lang gegen die früheren Besitzer eingesetzt (jetzt hieß der Wagen „Lough Gill”). Als die IRA-Einheit mit dem Wagen von überlegenen Freistaatkräften blockiert worden war, wurde das Fahrzeug durch eine Explosion zerstört (vermutlich eine Bombe der IRA, die den Wagen unbenutzbar machen wollte). Damit überlebten „nur” 13 Fahrzeuge den irischen Bürgerkrieg und liefen weiter bei der irischen Armee. Sie trugen die Kennungen ARR 1 bis ARR 13 und zusätzlich individuelle Namen.

Fahrgestellnummer           Armeekennung                   Name
101 WO                              ARR 1                               Danny Boy / Tom Keogh
103 WO                              ARR 2                               Slievenamon
200 WO                              ARR 3                               The Fighting 2nd
108 WO                              ARR 4                               The Baby
181 WO                              ARR 5                               Mutineer
161 WO                              ARR 6                               Custom House
182 WO                              ARR 7                               Moneygall
185 WO                              ARR 8                               The Big Fella
173 WO                              ARR 9                               Ex-Mutineer
30 PG                                ARR 10                             Flying Fifty
174 WO                              ARR 11                             Kilmichael
162 WO                              ARR 12                             Knockanana
111 WO                              ARR 14                             High Chief

Die Panzerwagen gehörten zum Armoured Car Corps, das über das ganze Land verteilt war. 1924 wurde es im Curragh Camp konzentriert und 1934 erfolgte die Umbenennung zum Cavalry Corps. Die Effektivstärke Anfang der 1930er-Jahre betrug elf Panzerwagen, denn zwei befanden sich immer in einer dreimonatigen Generalüberholung. Trotz der ungeheuren Belastung, die Panzerwagen liefen fast pausenlos, waren die robusten Fahrzeug in einem besseren Zustand als die Vielzahl von Anfang der 1920er-Jahre erworbenen Fahrzeuge, die langsam ausgesondert werden mussten.

Im Sommer 1930 wurde Pläne gemacht, sechs Rolls Royce Armoured Cars 1924 Pattern zu kaufen, das Finanzministerium genehmigte den Kauf von dreien. Aus dem ganzen Projekt wurde aber nichts, da die Armee nun lieber den schwereren Lanchester Armoured Car haben wollte. Von 1932 bis 1933 wurde zwei Rolls Royce an eine Spezialeinheit der irischen Polizei ausgeliehen, die damit den Regierungssitz gegen Putschversuche sichern sollte. Ein Ersatz der Rolls Royce durch den Leyland Armoured Car, zumindest partiell eine irische Eigenentwicklung (es wurden auf angekaufte Leyland-Fahrgestelle, umgebaute Panzeraufbauten der alten Peerless-Panzerwagen aufgesetzt und mit moderner Bewaffnung versehen) scheiterte aus Kostengründen.

Der ins Auge gefasste Ersatz aller 13 Rolls Royce durch schwedische Landsverk-Panzerwagen konnte ebenfalls nicht umgesetzt werden, da nur acht Landsverk L180 angekauft werden konnten (die fünf anderen Fahrzeuge konnten wegen der alliierten Boykottmaßnahmen gegen Firmen mit starken Firmenkontakten zu den Achsenmächten – Landsverk gehörte dazu – nicht mehr beschafft werden). Die Landsverk-Fahrzeuge wurden 1940 auf die vier Motor Squadrons der irischen Armee aufgeteilt, neun Rolls Royce kamen nebst den vier Leylands zur 1st Armoured Squadron, neun Rolls Royce neben zehn in Irland selbst gefertigten leichten Panzerwagen zur 2nd Armoured Squadron, die den Auftrag hatte, die irischen Flugplätze zu sichern. Die Rolls Royce wurden dabei auf dem Rineanna Aerodrom (heute der Shannon-Airport) stationiert.

Ab 1941 war die Rolls Royce Flotte dem schieren Ersatzteilmangel ausgesetzt. Einige Rolls Royce Tourenwagen wurden angekauft und kannibalisiert, aber ab 1944 sank die Zahl der einsatzfähigen Rolls Royce Armoured Cars. 1954 wurden zwölf Stück (nach Abnahme der Panzeraufbauten) an zivile Nutzer verkauft. Das erfolgte im Rahmen von Versteigerungen, die dabei erzielten Erlöse beliefen sich auf 27 bis 60 Pfund.

@Archiv
Rolls Royce Armoured Car der britischen Truppen in Irland 1920 oder 1921.

Auf der anderen Seite der Grenze, in Nordirland, benutzte die Royal Ulster Constabulary, die damals paramilitärische Polizei, sechs Rolls Royce Armoured Cars 1920 Pattern, die ursprünglich zum Bestand einer Armoured Car Company des britischen „Motor Machine Gun Corps” gehört hatten. Sie fuhren zunächst mit gemischten Besatzungen aus RUC-Angehörigen und Armeepersonal und wurden dabei hauptsächlich zur Grenzsicherung eingesetzt. Dabei zeigten sie große Flaggen – den Union Jack. Die Panzerwagen der irischen Armee, die auf der anderen Seite der Grenze Streife fuhren, trugen die irische Trikolore. Die Fahrzeuge der RUC blieben bis 1948 in Dienst, dann wurden die Panzeraufbauten abgenommen und die Chassis auf dem Zivilmarkt verkauft

Auf der anderen Seite des Erdballs wurden Rolls Royce einer anderen Variante eingesetzt. Die indische Regierung erwarb eine kleine Anzahl von Rolls Royce Armoured Cars India Pattern. Sie unterschieden sich von den anderen Varianten des Rolls Royce Armoured Cars in zweierlei Hinsicht. Zunächst war der andere Turm. Es war ein kuppelförmiger Turm mit vier Kugelblenden zum Einbau von Vickers-MGs. Es wurden allerdings meist nur zwei, manchmal nur ein Maschinengewehr montiert. Mit diesem Turm ähnelte das Fahrzeug sehr den Crossley Armoured Cars, die ebenfalls für den Einsatz in Indien gebaut worden waren. Außerdem hatten die Rolls Royce Armoured Cars India Pattern nicht die Ladefläche hinter dem Panzeraufbau. Dieser war stattdessen länger und so wesentlich geräumiger.

Diese Variante des Rolls Royce Armoured Car lief bei der 9th Armoured Car Company des Royal Tank Corps bis 1936. Dann wurde die Einheit auf leichte Panzer umgerüstet und die Rolls Royce gingen an verschiedenen Territorial- und Volunteereinheiten. Kriegseinsätze sahen sie 1942 bei der Burma Auxiliary Force (kurz BAF) gegen die vorrückenden Japaner in Burma. Vermutlich gingen alle Rolls Royce Armoured Cars India Pattern dabei verloren. Einige wenige Rolls Royce Armoured Cars India Pattern wurden auch für Persien gefertigt.

@LOC
Rolls Royce Armoured Car im Mandatsgebiet.

Sehr schnell im Kampfeinsatz stand die Number 2 Armoured Car Company Royal Air Force, die 1922 in Heliopolis bei Kairo aufgestellt worden war. 1924 befand sich König Ibn Saud mit dem haschemitischen Königreich im Konflikt. Er unterstützte den Vormarsch von 3.000 radikalen Glaubenskriegern gegen Amman. Sie überrannten das Dorf Tenaib und ermordeten alle Bewohner. Die transjordanischen Grenzwachen versuchten, die Fanatiker aufzuhalten, schafften es aber nicht. Das gelang erst Bombern der No 14 Squadron der Royal Air Force. Dann erschien ein Rolls Royce Armoured Car auf der Szene, nahm die Fanatiker unter Beschuss und meldete die Situation. Zwei weitere Panzerwagen erschienen und beschossen den Feind aus rund 800 Metern Entfernung. Als ihre Munition langsam ausging, kamen die Bomber wieder. Inzwischen hatten sich die transjordanischen Grenzwachen wieder gesammelt und griffen nun zusammen mit den Panzerwagen an. Der Feind wurde vernichtend geschlagen.

1925 wichen drusische Stammeskrieger aus dem Libanon auf transjordanisches Territorium aus, um von dort ihre Angriffe gegen die französische Mandatsmacht fortzuführen. Das konnten weder das Emirat noch die Londoner Regierung zulassen. Transjordanische Verbände und Rolls Royce Panzerwagen der Number 2 Armoured Car Company Royal Air Force vertrieben die Drusen. 1928 beendeten die Panzerwagen eine Stammesfehde, die sich über die syrisch-transjordanische Grenze entspann. Ab 1936 halfen die Panzerwagen, einen Aufstand arabischer Freischärler im Mandatsgebiet Palästina niederzuschlagen.

Die Number 3 Armoured Car Company Royal Air Force im Protektorat Aden war ebenfalls mit Rolls Royce Armoured Cars ausgestattet. Abgesehen davon, dass bei den Soldaten der Dienst in Aden sehr unbeliebt war, hatten diese Rolls Royce (ebenso wie die bei der Number 1 Armoured Car Company Royal Air Force im Irak) gegenüber denen der in Palästina stationierten Number 2 Armoured Car Company Royal Air Force einen gravierenden Nachteil: Sie hatten keinen gepanzerten Wagenboden. Mit einer Handgranate unter dem Wagen oder (bei stehenden Fahrzeugen) mit einem Brandsatz waren die Armoured Cars vergleichsweise leicht auszuschalten.

Leichtgewicht mit schwerem „Punch“: der M8 HMC

Der Albtraum einer jeden Armoured Car-Besatzung war, dass arabische Freischärler eine Schafherde in einen fahrenden Rolls Royce treiben konnten. Die Tierkadaver konnten leicht die Lenkung blockieren, das wäre die Chance für einen Attentäter, sich im toten Winkel dem Wagen zu nähern und einen Brandsatz zu schleudern.

Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs vefügte die British Army über 42 Rolls Royce Armoured Cars 1920 Pattern Mk I; dann noch zehn Rolls Royce Armoured Cars 1920 Pattern Mk IA und 24 Rolls Royce Armoured Cars 1924 Pattern. Dazu kamen noch die Rolls Royce der Armoured Car Companies der Royal Air Force: die „Number 1 Armoured Car Company RAF” hatte 18 Rolls Royce Armoured Cars, die „Number 2 Armoured Car Company RAF” hatte acht Fordson Armoured Cars, das waren (modernisierte) Rolls Royce Armoured Cars, deren Panzeraufbauten auf Chassis von Fordson-LKW umgesetzt worden waren und eine unbestimmte Anzahl (zehn?) originaler Rolls Royce Armoured Cars. Die „Number 3 Armoured Car Company Royal Air Force” in Aden verfügte neben ihren Rolls Royce Armoured Cars noch über einige weitere Fahrzeuge anderer Typen.

@Mr. Bainbridge War Office official Photographer
Rolls Royce Armoured Car der Northern Irish Horse, Nordirland 1941.

Die meisten Heeresfahrzeuge wurden in Großbritannien zu Schulungszwecken verwendet, einige patrouillierten auf den Küstenstraßen, um mögliche deutsche Landungsversuche abzuwehren, so die Rolls Royce Armoured Cars der North Irish Horse in Portrush, Nordirland. Auch zum Bestand der Derbyshire Yeomanry, die ein altes Kavallerieregiment war, gehörte in der Anfangsphase des Krieges neben einem Lanchester Armoured Car und einigen Beaverettes auch ein Rolls Royce Armoured Car.

Die 11th Hussars in Ägypten wurden mit einer modernisierten Version ausgerüstet: die Fahrzeuge hatten einen oben offenen Turm (den Frazer-Nash Turm), der mit einer Boys-Tankbüchse, einem Bren-MG und einem Rauchgranatenwerfer ausgestattet war. 1940 und 1941 nutzen die 11th Hussars diese Fahrzeuge in den Kämpfen in Nordafrika gegen italienische Truppen. Zu den spektakulären Erfolgen der 11th Hussars gehörten die Einnahme von Ford Capuzzo und die Gefangennahme des italienischen Generals Romolo Lastucci.

Die D-Squadron der 11th Hussars bestand aus zehn Rolls Royce von der No. 2 Armoured Car Company RAF, mit Air Force Personal. Diese Fahrzeuge hatten noch den alten Turm mit dem Vickers-MG, erhielten aber zum Teil zusätzliche Fla-MG. Durch Feindeinwirkung, meistens Minen, gingen einige Panzerwagen verloren. Die 11th Hussars, inklusive der von der Royal Air Force detachierten Squadron, gehörten zu einer gemischten Kampfgruppe, die Anfang Februar 1941 den Rückzug der italienischen Truppen bei Beda Fromm abschnitt, dem Gegner hohe Verluste zufügte und jede Menge Gefangene einbrachte. Rund einen Monat später rüsteten die 11th Hussars auf Marmon-Herrington Panzerspähwagen um. Die von der Royal Air Force detachierten Panzerwagen kehrten zu ihrer Stammeinheit zurück.

Die „Number 1 Armoured Car Company RAF” war 1941 in Habbaniya, Zentralirak, stationiert. Sie diente dem Schutz der dortigen 4th Service Flying Training School der Royal Air Force. Neben den 18 Rolls Royce gab es noch zwei uralte Panzer, „Seal” und „Walrus” genannt. Im Irak kam es zum Staatsstreich, der Regent musste außer Landes flüchten, der starke Mann der neuen (illegalen) Regierung, Rashid Ali el-Gailani, nahm Kontakte zu den Achsenmächten auf und ließ britische Einrichtungen angreifen. Die erwähnte 4th Service Flying Training School nebst ihren Werkstätten, Quartieren und den vielen Zivilisten, die sich dorthin geflüchtet hatten, wurden Angriffsziel der irakischen Armee. Es befanden sich 84, zumeist veraltete, Flugzeuge auf dem Fluggelände, kein einziges modernes Kampfflugzeug darunter.

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Rolls Royce Armoured Car der Free State Army.

Während die Techniker und Piloten (oft noch Flugschüler) daraus mit improvisierter Bewaffnung eine Luftstreitmacht aufstellten, wurden die 18 Rolls Royce in ihrer originären Rolle bei der RAF, der Flugfeldverteidigung, eingesetzt. Die Belagerung von Habbaniya dauerte vom 29. April bis zum 6. Mai 1941, dann mussten die Iraker geschlagen abziehen. Noch während Habbaniya angegriffen wurde, war aus dem Mandatsgebiet Palästina eine Entsatztruppe unterwegs, deren Vorauskommando, Kingcol, auch Elemente der „Number 2 Armoured Car Company RAF” mit acht Fordson Armoured Cars beinhaltete. Einer ging beim Vormarsch durch den Irak verloren, beim Waffenstillstand am 30. Mai 1941 stand die Kompanie unter dem Kommando von Squadron Leader Casano wenige Meilen vor Bagdad.

Nach der Befriedung des Iraks nahmen die Rolls Royce und Fordson Armoured Cars noch an der Besetzung des von vichy-französischen Kräften gehaltenen Syriens teil, dabei agierten die Feindkräfte wesentlich professioneller, als es die Iraker in der Lage gewesen waren. Am 16. Juni 1941 kam es zu einem Schusswechsel zwischen zwei Fordson Armoured Cars und vier Vichy-französischen Panzerwagen. Dabei behielten die Soldaten der RAF-Armoured Car Company unter Flight Lieutenant Vernon die Oberhand und vertrieben den Gegner.

Von der Front und der Tiefe des Raums

Anfang Juli kam es auch in der Nähe der Stadt Sadat zu Gefechten, bei denen die Armoured Cars geschickt eingesetzt wurden, um den Gegner in den Schussbereich von Panzerabwehrwaffen zu locken. Nach dem Ende der Feindseligkeiten verlegte die Squadron nach Amman. Von dort wurde die Squadron dann nach Nordafrika verlegt, wo sie im Rahmen der „Operation Crusader” kämpfte.

Es existiert ein Bilddokument, das General Rommel bei der Inspektion eines abgeschossenen Rolls Royce Armoured Car 1920 Pattern zeigt. Das Bild wurde in der Cyrenaika im November 1941 aufgenommen. Da die 11th Hussars, jedenfalls die Stammformation, zu dieser Zeit bereits längst mit moderneren Fahrzeugen (jetzt mit Humber Armoured Cars, rund 50 Stück) ausgestattet war, könnte es sich um einen Fordson-Panzerwagen der „Number 2 Armoured Car Company RAF” handeln. Das Bild zeigt eine typische Modifikation der RAF-Panzerwagen: neben dem .303 Vickers-Maschinengewehr ist eine Boys-Panzerbüchse koaxial montiert (häufig wurde auf einer Fliegerabwehrlafette ein Lewis-MG montiert, dieses später durch Vickers-K- oder Browning-MGs auf Zwillingslafette ersetzt). Statt der Boys-Panzerbüchse wurde häufig ein überschweres Browning Kaliber .50 Maschinengewehr montiert.

Die „Number 2 Armoured Car Company RAF” nahm ihre ursprüngliche Rolle der Flugfeldverteidigung war, rettete notgelandete Flieger aus der Wüste und schoss mehrere deutsche Flugzeuge ab: eine Ju 88 und eine Me 110. Zu den Husarenstückchen von Casanos Männern gehörte die Bergung einiger britischer Panzer, die eine Einheit aus Mangel an Fahrern hatte zurücklassen müssen. Casano folgte mit fünf Panzerwagen den Spuren im Sand und fand die Panzer. Obwohl weder Casano noch irgendeiner seiner Leute jemals vorher einen Panzer gefahren hatte, brachten sie die Panzer unbeschadet zu den eigenen Linien. Nach der zweiten Schlacht von El Alamein wurde die „Number 2 Armoured Car Company RAF” auf Otter Reconnaissance Cars umgerüstet (aus kanadischer Produktion).

Auch die „Number 1 Armoured Car Company RAF” kämpfte in der Nordsahara, sie stand unter dem Kommando von Squadron Leader WO Jones.

Die „Independent Carpathian Rifle Brigade”, eine Einheit der polnischen Exilarmee, wurde ebenfalls in Nordafrika eingesetzt. Ihre Aufklärungseinheit (das „Carpathian Lancer Regiment” oder „Pulk Ulanow Karpacknich”) bewachte von Mai 1942 bis Oktober 1942 wichtige Objekte im ägyptischen Hinterland und kam in dieser Zeit nicht zum Kampfeinsatz. Zu ihrer Ausrüstung gehörten zwei Rolls Royce Armoured Cars (neben Bren-Carriern, Marmon-Herringtons, vier leichten Stuart-Kampfpanzern, drei erbeuteten Panzern III und einem erbeuteten Autoblinda 41- Panzerspähwagen).

Die Brigade Piron der belgischen Exilarmee hatte seit Februar 1941 eine Armoured Car Squadron (unter dem Befehl von Cdt. De Walckiers), erst im Jahr 1941 erhielt sie ihre ersten Panzerwagen: zwei Lanchester Armoured Cars und einen Rolls Royce Armoured Car (wenig später kamen noch 14 Guy Armoured Cars hinzu).

Library of Congress Matson Collection
Panzerwagen vom Typ Rolls-Royce Armoured Car in Jerusalem, Ende der 1930er-Jahre.

Beim Einmarsch indischer Truppen in Persien im Zuge der anglo-sowjetischen Invasion dieses Landes stießen indische Verbände auf vier von den Persern zurückgelassene und demolierte Rolls Royce Armoured Cars. Notdürftig instandgesetzt fuhren sie aus eigener Kraft bis nach Bagdad.

Im April 1941 wurde eine Armoured Car Section bei der Eroberung der italienischen Kolonie Somalia eingesetzt. Bilddokumente und Tagebücher belegen, dass Armoured Car 10 (AC 10) dazu gehörte, ebenso Armoured Car 5 (AC 5). Angeblich fuhren noch einige wenige Rolls Royce Armoured Cars in Somalia noch in den 1950er-Jahren. Es ist schwer zu verifizieren, ob die in ganz geringer Stückzahl bei der Kaiserlich Äthiopischen Armee vor dem italienischen Einmarsch 1935 vorhandenen Panzerwagen Rolls Royce waren.

1944 ließ das Air Ministry die meisten der noch verbliebenen Rolls Royce Armoured Cars der Royal Air Force verschrotten. Einer der überlebenden Rolls Royce Armoured Cars steht im Tank Museum im englischen Bovington. Das Fahrzeug wurde 1920 in Derby Works gefertigt und im Woolwich Arsenal mit dem Panzeraufbau versehen.

Es wurde der No. 5 Armoured Car Company zugeteilt, die bis 1922 in Irland diente, dann bis 1927 in Scarborough, Yorkshire, stationiert war. 1927 wurde sie nach Shanghai verlegt, wo sie Teil der Schutztruppe des Völkerbundes war. Von 1929 bis 1932 war die Einheit als Teil des Royal Tank Corps in Ägypten. 1932 wurde sie neuausgerüstet (mit leichten Panzern). Die Rolls Royce Armoured Cars wurden den 12th Royal Lancers übergeben, die bei ihrer Rückverlegung nach Großbritannien 1934 die Fahrzeuge den 11th Hussars übergaben. Diese rüsteten 1938 auf die neuen Morris CS 9 Armoured Cars um, und einige Rolls Royce wurden nach Großbritannien zurückgebracht. Der abgebildete Wagen kam zur 1st Derbyshire Yeomanry und wurde für Patrouillen an der Küste von East Anglia genutzt. 1940 kam er zur Panzertruppenschule in Bovington.

Er ist fahrbereit, mit beeindruckender Geschwindigkeit übrigens, 1997 wurde er verwendet, um Ihre Majestät, Königin Elizabeth II, bei ihrem Besuch im Tank Museum zu transportieren.

Technische Daten           1914 Pattern           1920/1924 Pattern
Gewicht:                          rund 3,6 Tonnen        rund 3,8 Tonnen
Länge:                             5,03 Meter                5,18 Meter
Breite:                             1,91 Meter                1,90 Meter
Höchstgeschwindigkeit      95 km/h                    95 km/h
Reichweite                       240 Kilometer            240 Kilometer

Wenn er nicht gerade im Einsatz ist (meist zu zeremoniellen Zwecken) ist Sliabh na mBan im Curragh Museum, dem Museum des irischen Heeres, zu besichtigen.

Quelle@Irish Defense Forces, San Diego Air & Space Museum, LOC, Mr. Bainbridge War Office official PhotographerArchiv
Hagen Seehase (Jahrgang 1965) absolvierte nach seinem Wehrdienst bei der deutschen Bundeswehr ein Studium der Germanistik und Geschichte. Heute ist er Lehrer im staatlichen Schuldienst und kann auf bislang 24 Buchveröffentlichungen zu historischen und militärhistorischen Themen zurückblicken. Hagen Seehase ist verheiratet, zwei Kinder, Jäger und Sportschütze, Segelflieger und Modellbauer.