Anlässlich der von Defence-IQ und den österreichischen Luftstreitkräften organisierten „Airpower Eastern Europe”-Konferenz führte Militär Aktuell ein Hintergrundgespräch mit dem Kommandanten der Luftwaffe der ukrainischen Armee, Generaloberst Serhii Drozdov.

@Georg MaderHerr Generaloberst, die Ukraine geht – trotz des Konflikts mit Russland – weiter in Richtung NATO. Was bedeutet das für die Luftwaffe?
Das stimmt, infolge des Konflikts wurden die Bemühungen möglicherweise sogar intensiviert. In einem ersten Schritt geht es nun darum, unsere Logistik und unser Training an die neuen Standards anzupassen und unser Personal vorzubereiten. In weiterer Folge wird es dann auch um neues Material und die Anpassung unserer Ausrüstung gehen. Dazu „westernisieren” wir auch bereits laufend Su-27, MiG-29, Su-24 und Su-25.

Ihre Luftwaffe war einst die drittgrößte der Welt …
… und ist nun die siebtgrößte Europas. Noch vor Beginn des Konflikts mit Russland wurden Hunderte Fluggeräte abgestellt und zahlreiche Basen geschlossen. Inwiefern damit die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes gefährdet wurde, wird aktuell gerichtlich untersucht. Im Krieg selbst haben wir 19 Flugzeuge und Hubschrauber verloren, plus 40, die Russland nicht an uns zurückgegeben hat. Aber wir werden das mit Hilfe unserer Partner aufholen. Die Zahl der stationierten russischen Luftmittel östlich der Ukraine und auf der besetzten Krim dürfte mittlerweile bei 500 taktischen Jets und 340 Hubschraubern liegen. Damit hat Russland in jedem Fall eine numerische Überlegenheit.

Gehört auch Aserbaidschan zu diesen Partnern? Ich habe dort zuletzt blaue MiG-29 gesehen, die aus der Ukraine sein sollen.
Ja, und das sogar samt Simulator. Die Depot-Wartungen dieser Flugzeuge erfolgen bei uns in Lemberg. Die vertiefte Kooperation in lufttechnischen Aspekten besteht bereits seit 2016 und Ähnliches konnten wir auch bereits mit Georgien etablieren.

@Georg Mader
Generaloberst Serhii Drozdov ist Kommandant der ukrainischen Luftstreitkräfte.

Stimmt es, dass sich die Ukraine für die leichten Kampfflugzeuge EMB-314 Super-Tucano von Embraer interessieren?
Ja, Sie sind gut informiert. Deshalb begleitete im vergangenen Sommer auch ein Su-25-Fluglehrer den Staatsbesuch unseres Präsidenten in Brasilien. Das Konzept ist sehr interessant und eignet sich bei niedrigen Betriebskosten gut für Präzisions-Lufteinsätze in niedrigschwelligen Konflikten. Noch wurde über eine Beschaffung aber nicht entschieden.

Wird es absehbar westliche Flugzeuge im Inventar geben?
Wir haben bereits türkische Bayraktar-2-Drohnen, weitere Beschaffungen wird es nach unserem NATO-Beitritt geben. Polen zeigt den Weg vor, Warschau kauft nun sogar F-35-Jets.

Hier geht es zu den anderen Beiträgen unserer Serie „5 Fragen an”.

Quelle@Georg Mader, Ministry of Defence of Ukraine