„Als Verteidigungsminister ist es meine oberste Priorität, Amerika vor aus- und inländischen Feinden zu verteidigen und sicherzustellen, dass unsere Truppen die führende Kampfkraft der Welt bleiben. Präsident Bidens Verteidigungshaushalt für das Geschäftsjahr 2022 erfüllt diese Verpflichtung mit kritischen Investitionen, die uns helfen, Ressourcen an Strategie und Politik nach dem Willen des amerikanischen Volkes anzugleichen. Dieser Haushalt bietet uns die Mischung der Fähigkeiten, die wir am meisten brauchen, und bleibt unserem Fokus auf die Herausforderung durch China treu, die schädlichen Auswirkungen des Klimawandels auf unsere militärischen Anlagen aber auch durch sie zu bekämpfen und unsere Fähigkeiten zu modernisieren, um den fortgeschrittenen Bedrohungen von morgen zu begegnen. Wichtig ist mir, dass dieser Haushalt somit in unser Volk investiert, jene tapferen Frauen und Männer in Uniform auf der ganzen Welt, die für diese große Nation dienen”, so US-Verteidigungsminister Lloyd J. Austin III am 28. Mai.

@DoD USA
US-Verteidigungsminister Lloyd J. Austin III: „Es ist meine oberste Priorität, dass unsere Truppen die führende Kampfkraft der Welt bleiben.”

Die Biden-Harris-Administration hat an diesem Tag dem US-Kongress den Haushaltsantrag des Präsidenten für das Haushaltsjahr 2022 (FY22) in Höhe von 752,9 Milliarden US-Dollar (617,3 Milliarden Euro) für nationale Verteidigung vorgelegt, davon 586,2 Milliarden Euro für das Verteidigungsministerium (DOD). Letztere Zahl sind 9,3 Milliarden Euro oder 1,7 Prozent mehr, als für 2021 beschlossen wurde (576,9 Milliarden Euro). Der Anstieg liegt jedoch etwas unter der erwarteten Inflationsrate, was bedeutet, dass das Budget – wenn es so angenommen würde – inflationsbereinig leicht sinkt. Die Vorlage spiegelt die Prioritäten von Präsident Biden wider, die sogenannten „ewigen Kriege” zu beenden, in innovative Fähigkeiten für den militärischen beziehungsweise gesamtnationalen Sicherheitsvorsprung in der Zukunft zu investieren und – nach den Alleingängen und der Refokkussierung der Trump-Jahre – Amerikas weltweites Netzwerk von Allianzen und Partnerschaften „wiederzubeleben”. Letzteres in erster Linie einhergehend mit dem Versuch, die umfassend zunehmende und auch militärisch unbekümmerte Macht Chinas einzuhegen. Schon heute hat die aufstrebende asiatische Regionalmacht mehr Kriegsschiffe als die US-Marine – die Situation erinnert damit durchas an das maritime Wettrüsten vor 1914.

Jedenfalls steht das US-Militär sowohl versus China und graduell auch Russland – mit dem das Verhältnis schon lange nicht so kühl war – vor großen auch qualitiativ-technischen Herausforderungen gegenüber jenen sogenannten „Near Peers”. Aber ebenso als Bedrohungen für die globale Sicherheit werden der Klimawandel und die Covid-19-Pandemie genannt. Der Haushaltsentwurf geht auf diese und andere Herausforderungen ein, indem er „wichtige Investitionen tätigt, die unsere Nation verteidigen, während er innovativ ist und modernisiert, sich um unsere Krieger kümmert und neben anderen Elementen der nationalen Sicherheit starke Beziehungen zu unseren Verbündeten und Partnern aufbaut”, wie es heißt.

Auch dieser Verteidigungshaushalt für das FY22 spiegelt natürlich die nationalen Sicherheitsprioritäten des amtierenden Präsidenten und seines Teams wider. Er wird als „strategiebasierter Haushalt” bezeichnet, der an die absehbare strategische Ausrichtung der Biden-Administration für die nationale Sicherheit angepasst ist und die folgenden Punkte hervorhebt:

  • „Eine feierliche Verpflichtung, die Sicherheit des amerikanischen Volkes zu schützen.”
  • „Anhaltendes Interesse an der Ausweitung des wirtschaftlichen Wohlstands und der Chancen.”
  • „Ein Bekenntnis zur Verwirklichung und Verteidigung der demokratischen Werte im Herzen der amerikanischen Lebensweise.”
@SIPRI
Das US-Verteidigungsbudget in Relation zu den zehn Ländern mit den nächsthöheren Wehretats.

Der Budgetantrag um diese Zeile zu erreichen …

  • „… nimmt einen umfassenderen Ansatz für die nationale Sicherheit ein, um Bedrohungen wie Klimawandel, Covid-19 und Extremismus zu begegnen.”
  • „… trifft intelligente und disziplinierte Entscheidungen in Bezug auf unsere nationale Verteidigung, insbesondere indem wir unsere Ressourcen auf sich entwickelnde Bedrohungen ausrichten.”
  • „… adressiert den strategischen Wettbewerb mit der Volksrepublik China durch kalkulierte Verteidigungsinvestitionen.”

Vorgesehene Mittel zu diesen – eher generellen – Punkten werden wie folgt detailliert:

  • Covid-19 und Pandemievorsorge – rund 500 Millionen Euro
  • „Pazifische Abschreckungs-Initiative” – 4,2 Milliarden Euro
  • Vorbereitung auf, Anpassung beziehungsweise Abschwächung des Klimawandels – 506 Millionen Euro

Für die Marine und die Luftwaffe gibt es zu letzterem Punkt zusätzliche Investitionen, um den – in erster Linie sie betreffenden – strategischen Wettbewerb mit China zu bewältigen. Für die Armee spiegelt der Antrag die durchaus umstrittene Entscheidung des Präsidenten wider, alle US-Truppen vor Beginn des FY22 aus Afghanistan abzuziehen. Und zum ersten Mal seit dem 11. September 2001 werden Direktkriegs- und dauerhafte Betriebskosten in den Basisbudgetantrag einbezogen und nicht als separater Antrag beispielsweise auf das Konto Übersee-Notfalloperationen (Overseas Contingency Operation, OCO) gebucht.

Einige ausgewählte Einzelposten (FY22-Gesamtvoranschlag unter Office of the Under Secretary of Defense (Comptroller)):

Bezogen auf Budgetmittel für Investitionen in neue Waffensysteme wird explizit um 22,7 Milliarden Euro für die Erneuerung der nuklearen Abschreckung angesucht, im Detail um:

  • Weiterentwicklung sowie alsbaldige Demonstrationsphase des B-21 Long Range Strike Bomber – 2,5 Milliarden Euro
  • Ballistische Raketen-U-Boote der Columbia-Klasse – 4,1 Milliarden Euro
  • Langstrecken-Abstandsflugkörper (Hyperschall) – 499 Millionen Euro
  • Landgestützte strategische Abschreckung (Erhalt der Silo-Raketen) – 2,1 Milliarden Euro
@DoD
Moderater Anstieg: Die Verteidigungsausgaben sollen 2022 um 1,7 Prozent über jenen von 2021 liegen. Inflationsbereinigt bedeutet das sogar einen leichten Rückgang.

Investitionen in Raketenabwehr für 16,7 Milliarden Euro:

  • Seegestützte Abfangflugkörper SM-3 IIA und SM-3 IB – 530 Millionen Euro
  • Seegestützes ballistisches Raketenverteidigungssystem (AEGIS BMD) – 820 Millionen Euro
  • Landgestützte Mittel-Flugbahn- und verbesserte Homeland Defense/Next Generation-Abfang-Flugkörper (NGI) – 1,4 Milliarden Euro
  • Portable Terminal High Altitude Area Defense (THAAD) Raketenabwehrsysteme – 461 Millionen Euro
  • Leistungssteigerung der Advanced Patriot-Systeme – 637 Millionen Euro

Mit 91,8 Milliarden Euro bislang umfangreichste Investition in sicherheitsbezogene Forschung, Wissenschaft und Entwicklung diesbezüglicher Fähigkeitsträger, darunter:

  • Forschung in relevante Wissenschaft und Technologie generell – 12,1 Milliarden Euro
  • Mikroelektronik – 1,9 Milliarden Euro
  • Künstliche Intelligenz-Forschung und Anwendungsevaluation – 717 Millionen Euro
  • 5G – 326 Millionen Euro

Plattformen für die Luftwaffe (USAF), insgesamt 42,9 Milliarden Euro:

  • 85 F-35A Joint Strike Fighter – 9,8 Milliarden Euro
  • 14 KC-46 Tanker – 2,1 Milliarden Euro
  • 12 F-15EX – 1,2 Milliarden Euro
  • 30 AH-64E Apache Kampfhubschrauber – 676 Millionen Euro
  • Erstproduktion der AGM-183A Hyperschallwaffe – 132 Millionen Euro
  • Upgrades für die teils 60 Jahre alten B-52, einschließlich des Triebwerksaustauschprogramms – 587 Millionen Euro
  • Budgetierte Mittel für die beiden Ersatzflugzeuge VC-25B Air Force One sanken von 655 auf 558 Millionen Euro

… für US-Marine und Marinekorps:

  • 9 CH-53K King Stallion Großhubschrauber – 1,4 Milliarden Euro
  • 20 F-35C Trägerversion – 1,9 Milliarden Euro
  • 17 F-35B Marines-Trägerversion – 2,5 Milliarden Euro
  • 8 CMV-22B Ospreys als Ersatz für C-2A Greyhound – 870 Millionen Euro

US-Marine – Wasserfahrzeuge um insgesamt 28,4 Milliarden Euro:

  • Ballistische Raketen (zur Zahl wurde keine Angabe geacht)) für Atom-U-Boote der Columbia-Klasse (à US Marine)
  • Weiterführung der Fertigung der CVN-78 Ford-Klasse Flugzeugträger – 2,4 Milliarden Euro
  • 2 nukleare Jagd-U-Boote der Virginia-Klasse – 5,7 Milliarden Euro
  • 1 DDG-51 Arleigh Burke-Zerstörer – 1,9 Milliarden Euro
  • 1 FFG-X Fregatte (mit Leonardo US) – 1,1 Milliarden Euro
  • 1 Flottentanker (Öler) – 699 Millionen Euro
  • Unbemannte Oberflächenschiffe (groß) – 166 Millionen Euro
  • 2 Schlepp-, Bergungs- und Rettungsschiffe (T-ATS) – 151 Millionen Euro
  • 1 Ozeanüberwachungsschiff – 356 Millionen Euro

Fahrzeuge für die Landstreitkräfte (US-Army) um 10,1 Milliarden Euro:

  • 799 leichte taktische Kampffahrzeuge (JLTV) – 900 Millionen Euro
  • Modifikationen und Upgrades an 70 M-1 Abrams Kampfpanzern – 820 Millionen Euro

…und für US-Marinekorps:

  • 92 amphibische Einsatz/Landungsfahrzeuge – 503 Millionen Euro
@OMB
Das US-Verteidigungsbudget macht fast 50 Prozent des gesamten US-Staatshaushalts aus.

Die Kalkulation für Einsparungen/Umschichtung durch Stilllegungen sowie Veräußerungen beträgt 2,3 Milliarden Euro. (Anmerkung: Hier wird wohl noch der meiste Diskussionsbedarf mit den Senatoren be- oder entstehen, beispielsweise punkto Ausscheiden der A-10, wovon aber immer noch 239 Stück bis 2030 verblieben.):

  • Marine: Stilllegung von Schiffen (CG, LSD, auch relativ neue LCS) und Veräußerung von Flugzeugen (F/A-18 A-D, RQ-21) – Wert 1,1 Milliarden Euro
  • USAF: Insgesamt sollen 201 Flugzeuge ausgeschieden werden (42 A-10, 47 F-15 C/D, 48 F-16 C/D, 18 KC-135, 14 KC-10, 13 C-130H, 16 E-8, 20 RQ-4 Block 20 und 30) – Wert 1,2 Milliarden Euro

Wie explizit ausgeführt wird, sind das wichtigste Asset des DoD seine SoldatInnen und seine MitarbeiterInnen. Der Budgetantrag beinhaltet dazu:

  • Eine Gehaltserhöhung von 2,7 Prozent für das gesamte militärische und zivile Personal
  • Unterstützung von Familienförderprogrammen mit Investitionen in Höhe von 7,1 Milliarden Euro für berufliche Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Angehörige und militärische Ehegatten, hochwertige Kinderbetreuung für mehr als 160.000 Kinder von Militärangehörigen, Jugendförderprogramme für mehr als eine Million Familienmitglieder und Ausbildungsgeld für 74.000 Schüler in DOD-zugehörigen Schulen.
  • Stärkung der DOD-Werkzeuge zur Identifizierung und Bekämpfung von Extremismus in den eigenen Reihen

Dazu erfolgen Investition in militärischen Bau- und Familienwohnungsneubau in Höhe von rund 8 Milliarden Euro, eine Steigerung von 17 Prozent gegen FY21. Zudem sollen in Restaurierung und Modernisierung von Einrichtungen 12,3 Milliarden Euro fließen.

Quelle@SIPRI, DoD USA
Der Autor ist einer der renommiertesten österreichischen Luftfahrtjournalisten, Korrespondent des britischen Jane’s Defence und schreibt seit vielen Jahren für Militär Aktuell.