Das Heer hat eine Grundsatzentscheidung getroffen: Der Eurofighter soll weiterhin das Rückgrat der rot-weiß-roten Luftstreitkräfte bilden und dafür mit neuen Komponenten aufgerüstet werden. Dazu könnte auch der Zielbeleuchtungs- und Darstellungsbehälter Litening V von Rafael aus Israel gehören. Ein Gespräch mit Rafael-Vice-President Gideon Weiss.

Herr Weiss, was genau kann der Litening V und worin unterscheidet sich das System von seinen Vorgängern?
Wir haben mit dem Litening V eine neue Version unserer bewährten Zielbeleuchtungs- und Darstellungsbehälter-Familie vorgestellt, die neue Fähigkeiten wie beispielsweise ein Synthetic Aperture Radar bietet. Damit machen wir den Litening V zu einem Allwetter-Ziel-Pod, der Kampfflugzeugen die Zielerfassung sowie -erkennung deutlich erleichtert und beides über größere Gebiete hin ermöglicht. Die Piloten können damit Bedrohungen durch bodengebundene Luftabwehr deutlich reduzieren.

Was ist sonst noch neu?
Das System verfügt nun auch über einen verbesserten Mittelwellen- und Kurzwellen-FLIR mit großer Apertur von 1,2 K × 1,2 K und HD-Farbbilder bei Tag. Es stützt sich auf visuell-optische und verschiedene Infrarotsensoren, bietet echte Multispektralfähigkeit und fortschrittliche Bildverarbeitung. Dadurch verbessert sich die Leistung bei eingeschränkten Sichtverhältnissen und es wird die Arbeitsbelastung des Bedieners oder Piloten durch Prozessautomatisierung bei der Zielerkennung und -verfolgung verringert. Zusätzlich zu seiner neuen Stand-off-Leistung verbessert der Litening V auch die sogenannte „Stand-in-Fähigkeit”, insbesondere gegen komplexe gegnerische Ausrüstung mit geringer Signatur.

@Georg Mader
Militär Aktuell-Autor Georg Mader im Gespräch mit Rafael-Vice-President Gideon Weiss.

Der „5er” erweitert unter dem Strich also die Einsatzflexibilität?
Und das beträchtlich. Der Litening V ist nicht mehr nur ein Zielbehälter, sondern ein echtes Intelligence, Surveillance, Target-Acquisition and Reconnaissance (ISTAR)-System. Das macht ihn auch für neue potenzielle Nutzer interessant.

Ein möglicher neuer Nutzer ist auch das Bundesheer. Hierzulande wäre aber die Integration in ältere Tranche-1-Eurofighter notwendig. Wie ließe sich das technisch realisieren?
Im Moment ist die Kompatibilität ab Tranche 2 gegeben, aber die Fähigkeit auch zur Einrüstung auf Tranche 1 existiert definitiv. Die offene Architektur des Belälters erlaubt eine derartige Integration, die notwendigen Änderungen am Flugzeug bleiben dabei auf ein Minimum beschränkt.

Sie sprechen von einer Integration beispielsweise über Databus 1553?
Ja genau, das entsprechende Interface ist im Flugzeug ja bereits vorhanden. Vereinfacht gesagt ist deshalb zur Integration vom Flugzeughersteller nur eine Kabel-Signalübertragung zu den Bildschirmen im Cockpit herzustellen.

Was leistet der Behälter alleine ohne ergänzende Flugzeugsysteme, speziell auch mit Fokus auf die Zielerkennung bei Dunkelheit?
Die verwendeten Sensoren ermöglichen ein Erfassen, Verfolgen und Verifizieren von Zielen bei Tag und bei Nacht über sehr große Distanzen hinweg – auch ohne ergänzende Hardware am Fluggerät.

Was sind „große Distanzen” konkret?
Definitiv mehr als 100 Kilometer. Das System baut auf einem 16-Inch-Sensor (40 Zentimeter) mit guter Auflösung und hoher Sensitivität auf. Durch diese große Apertur ergibt sich die angesprochene Langstreckenfähigkeit, übrigens für Boden- ebenso wie für Luftziele. Das bedeutet: Wenn man Luft­polizeiaufgaben erfüllen will, muss man nicht mehr nahe an ein Ziel heranfliegen, um es identifizieren und verfolgen zu können. Zudem können niedrig und sehr niedrig fliegende Kontakte erfasst werden, also beispielsweise kleine Flugzeuge oder Drohnen. Dazu kommen ergänzend ein Kurz-, Mittel- und Langwellen-Infrarotsensor, sowie ein Lasermarkierer zur Zielmarkierung und ein Laser-Beleuchter zur Unterstützung der eigenen Bodentruppen.

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Besteht für alle diese Fähigkeiten die Möglichkeit des Abgleichs mit oder der Speicherung in einer Art Signalbibliothek?
Dank der hohen Auflösung sieht der Pilot das Ziel und wie es sich verhält und natürlich ist auch der Abgleich mit Datenbanken möglich. Allerdings liegt es nicht an uns, solche Datenbanken bereitzustellen – wobei wir natürlich bei der Einrichtung gerne behilflich sind. Unabhängig davon ist der Behälter auch für den Einsatz künstlicher Intelligenz zur Speicherung von Luft- oder Bodenzielen sowie weiteren Funktionen und Aufgaben eingerichtet.

Können die vom Behälter gesammelten Signale auch in andere Systeme integriert oder beispielsweise via Datalink übertragen werden?
Es gibt insgesamt drei Wege zur Connectivity moderner Kampfflugzeuge. Erstens können – ganz unabhängig vom Behälter – Sensordaten zwischen Flugzeugen übertragen und ausgetauscht werden. Zweitens gibt es die Möglichkeit, beispielsweise den Datalink ROVER (Remotely Operated Video Enhanced Receiver) für die Übertragung zu Bodenstationen und Bodeneinheiten zu nutzen. Und drittens bietet auch der Behälter selbst enorme Potenziale.

Inwiefern?
Dank der Miniaturisierung der Sensoren wurde intern viel Volumen frei, statt vier Elektronik-Baueinheiten benötigen wir jetzt nur zwei. Der gewonnene Platz kann – abhängig von Kundenwünschen – für zusätzliche Fähigkeiten genutzt werden, etwa für EloKa, für ELINT, SIGINT oder für ein Radar mit synthetischer Apertur. Für Letzteres haben wir die Zugangsklappe in eine Antenne umgewandelt. Der Kunde erhält damit unter dem Strich ein beträchtliches Erweiterungspotenzial – auch im Hinblick auf künftige Erfordernisse. Und all das, ohne in die Systeme des Flugzeuges eingreifen zu müssen.

Abschließend: Kann der Litening V auch für Fähigkeiten zur klassischen abbildenden Aufklärung genutzt werden, also ähnlich wie beim Recce Lite-Behälter ihres Unternehmens?
Das ist bis zu einem gewissen Grad möglich. Während mit Recce Lite aber eine sehr hochauflösende Digitalfotografie bei Tag und Nacht möglich ist, ginge Ähnliches beim Litening V nur mit geringerer Auflösung. Das genügt sicherlich für die heimische Luftüberwachung, klassische Kartierungen sind damit aber nicht möglich.

Quelle@Rafael, Georg Mader