Obwohl die EU den Protestierenden schon mehrfach ihre Unterstützung signalisiert hat, setzt Alexander Lukaschenko weiterhin auf gewaltsames Ausharren. Aber auch die Protestwelle scheint nicht abzureißen.

Demonstrationen, Aufstände, Verhaftungen, Chaos, Gewalt und Todesopfer. Die weißrussische Bevölkerung hat bereits mehr als zwei Protestwochen hinter sich gebracht. Für die protestierende Opposition kommt zwar Unterstützung aus der EU, mit der Rückendeckung Russlands setzt Alexander Lukaschenko jedoch weiterhin auf das Prinzip des Ausharrens angereichert mit gewalttätigem Vorgehen gegen die Protestierenden.

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Präsident Alexander Lukaschenko sieht sich seit Bekanntwerden des Wahlergebnisses mit wachsendem Widerstand konfrontiert.

Seit der Präsidentschaftswahl am 9. August findet das Land keine Ruhe. „Verzieh dich, bevor es zu spät ist”, teilte die weißrussische Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch via Radio Free Europe Lukaschenko mit. Die Solidarität unter den Protestierenden scheint zu wachsen und konterkariert die Zahlen, die nach der Präsidentenwahl präsentiert wurden. Demnach soll der 65-jährige Alexander Lukaschenko nämlich 80,23 Prozent der Stimmen bekommen haben, seine Gegnerin Swetlana Tichanowskaja nur 9,9 Prozent. Ein Ergebnis, das nicht nur von Tichanowskaja angezweifelt wurde. Noch Stunden nach der Schließung der Wahllokale veröffentlichte die Wahlkommission keine ersten offiziellen Ergebnisse. Außerdem war die Website der Wahlleitung nicht abrufbar gewesen und in den sozialen Netzwerken kursierten Videos von Manipulationen an den Stimmzetteln. Seither kommt es vor allem in der Hauptstadt Minsk immer wieder zu Protesten, erst kürzlich mit bis zu 200.000 Teilnehmern.

Alexander Lukaschenko stapft indes bewaffnet und von Sicherheitsorganen bewacht durch das Stadtzentrum der weißrussischen Hauptstadt. Wie angespannt die Situation ist, zeigt unter anderem ein Vorfall mit fast schon absurd-komischer Ausprägung: Erst vor Kurzem entdeckte die weißrussische Luftabwehr die Verletzung des eigenen Luftraums durch Litauen, woraufhin das Militär einen Mi-24-Hubschrauber entsandte, der das verdächtige Objekt abschoss. Später stellte sich heraus, dass es sich dabei um acht Luftballons gehandelt hatte.

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Anhaltende Proteste: Seit Wochen gehen gegen den Staatschef zehntausende Demonstranten auf die Straße.

Über den Erfolg der Protestbewegungen lässt sich momentan noch nicht sehr viel sagen. Bislang konnte Lukaschenko in 26 Jahren an der Macht immer noch jeden Widerstand brechen. Auch nach der letzten größeren Protestbewegung im Zuge der Wahl von 2010 wurden die Demonstrationen brutal niedergeschlagen. Außerdem sei, die Protestbewegung, wie Politikwissenschafter Gerhard Mangott gegenüber dem ORF erklärt, nicht homogen und nicht wirklich mit einer Führungspersönlichkeit ausgestattet. Aus der Sicht der Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja, die anstelle ihres Ehemannes Sergej Tichanowski zur Wahl angetreten war, wird sich die weißrussische Bevölkerung nicht auf einen Kompromiss einlassen, solange Lukaschenko im Amt bleibt. Sie würden ihn „niemals” als Präsidenten akzeptieren, sagt sie bei ihrer ersten Pressekonferenz seit ihrer Flucht nach Litauen. Der Wunsch nach einem politischen Wandel sei ihrer Meinung nach schon zu stark ausgeprägt. Sollte es zu einer Neuwahl kommen, würde sie aber nicht nochmals ins Rennen gehen, erklärt sie. Ihr Antrag auf Annullierung der umstrittenen Präsidentenwahl wurde jedoch am 25. August vom Obersten Gerichtshof in Weißrussland abgelehnt.

Zusätzlich hatte Lukaschenko stets betont, auch das Militär einsetzen zu können, sollte er eine weitere Amtszeit in Gefahr sehen. Wie der Generalstab in Minsk berichtete, stünde die Armee schon bereit, um sich auch den Gefahren im eigenen Land zu stellen. Viele Menschen in Weißrussland befürchten nun, dass Lukaschenko eine Militärdiktatur errichten könnte. Eine Verstärkung des Grenzschutzes an den Grenzen zu Polen und Litauen sei ebenfalls schon angeordnet worden.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar „Lukaschenka-Aus und dann?” von Osteuropa-Experte Alexander Dubowy.

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