Am Rande der Verabschiedung des aktuellen österreichischen Kontingents bei der EU-Ausbildungsmission EUTM Mali am 26. November (Militär Aktuell berichtete) war die mögliche Präsenz russischer Söldner in dem krisengeschüttelten westafrikanischen Land bereits Thema. Damals gab es laut Brigadier Christian Riener, der mit Jahresende das Kommando der gesamten Mission übernahm, aber noch keine Bestätigung dafür. Im Interview mit Militär Aktuell einige Wochen später bekräftigte er dann die unsichere Sicherheitslage vor Ort („Ja, die Bedrohungslage ist hoch und ja, die Sicherheitslage ist schlecht – da gibt es nichts schönzureden.”) und inzwischen hat sich die Situation deutlich geändert.

Nach besorgt-ärgerlichen Wortmeldungen besonders aus Frankreich (laut Präsident Emmanuel Macron „nicht mit französischem Militäreinsatz kompatibel”) aber auch Deutschland („Söldner nicht im Einklang mit internationalem Einsatz”), hatte Russlands Außenminister Sergej Lawrow bereits im September „Kontakte„ zwischen den aktuellen Machthabern von Mali und dem russischen Militärunternehmen bestätigt. Lawrow interpretierte damals die Kontaktaufnahme im Zusammenhang mit einer möglichen Reduktion der französischen Militärpräsenz in dieser ehemaligen Kolonie Frankreichs.

Jüngsten Informationen des französischen Auslandssenders RFI beziehungsweise von France-24 zufolge (siehe Bericht) halten sich bewaffnete Mitarbeiter der Sicherheitsfirma Wagner bereits seit dem 22. November in Mali auf. Demnach lässt sich der malische Staat den Söldner-Einsatz von rund 500 Mann an zehn verschiedenen Orten mehrere Millionen Euro jährlich kosten, Teil der Finanzierung seien auch Abbaurechte an Gold- und Magnesium-Minen. Russische Kollegen berichten, Wagner sei bereits im September um Unterstützung beim Kampf gegen Terroristen gebeten worden. Die Anwerbung und der Einsatz ausländischer Paramilitärs war damals seitens der nach einem (weiteren) Militärputsch an die Macht gekommenen Obristen-Regierung mit der Gefahr gerechtfertigt worden, die durch einen Rückzug französischer Truppen entstehe.

@ArchivLetzteres ist nicht ganz falsch, denn Frankreich hatte seit Mitte 2021 damit begonnen, Truppen seiner Operation Barkhane abzuziehen. Angesichts eines Kampfes, der scheinbar kein Ende in Sicht hat, kündigte Emmanuel Macron im Juli Pläne an, die 5.100 französischen Soldaten um etwa die Hälfte zu reduzieren und französische Stützpunkte im Norden Malis zu schließen, um eine breitere europäische Anstrengung einzuleiten. Zuvor hatte die antifranzösische Stimmung in der Bevölkerung stark zugenommen. Paris wird beschuldigt, nichts gegen die ständig wachsende Gewalt im Land zu tun, sondern vielmehr eine versteckte Agenda zu verfolgen. Nach dem Abzug französischer Truppen aus einem Stützpunkt im nördlichen Timbuktu sind dort jüngsten Informationen zufolge nun Russen stationiert. Sie sollten einheimische Truppen ausbilden, sagte ein malischer Armeesprecher der Nachrichtenagentur Reuters.

Vor diesem Hintergrund haben 15 europäische Länder – aber nicht Österreich – plus Kanada am 23. Dezember eine gemeinsame Erklärung (siehe ganz unten) veröffentlich. Die Vereinigten Staaten schlossen sich dieser Erklärung nicht an, aber Außenminister Antony Blinken warnte Mali vor Weihnachten, Wagner-Söldner zu akzeptieren und sagte, ein solcher „Deal” würde dringend benötigte Mittel (die Kosten für die Söldner sollen laut einem Erst-Offert angeblich bei knapp 100 Millionen Euro pro Jahr liegen) umleiten und das Land weiter destabilisieren. Es war dies die erste offizielle Bestätigung der westlichen Hauptstädte, dass der Einsatz von Kämpfern in Mali – nach monatelangen Warnungen an die Regierung in Bamako – begonnen hat. Die Erklärung geht allerdings nicht so weit, zu sagen, dass die Anwesenheit der russischen Söldner in Mali zu einem echten Rückzug ausländischer Streitkräfte führen würde, die im Kampf gegen bewaffnete Islamisten-Gruppen in der Region eingesetzt sind.

Im Gespräch mit EUTM Mali Kommandant Brigadier Riener

Auch rund um Mali ist man mit den jüngsten Entwicklungen keineswegs glücklich. Die Ankunft russischer Paramilitärs könnte sich auf Malis Mitgliedschaft in der „G5 Sahel”-Gruppe auswirken, die sie zusammen mit dem Tschad, Burkina Faso, Mauretanien und Niger teilt. Die Staats- und Regierungschefs der G5 zeigten sich jedenfalls zutiefst besorgt. Der Tschad ist besonders wachsam, da Wagners Männer auch bereits für den libyschen General Khalifa Haftar unmittelbar an der Grenze zum Tschad und außerdem in der benachbarten Zentralafrikanischen Republik arbeiten, zu der die Beziehungen seit Monaten besonders angespannt sind.

Der Söldnerführer: Putins Ex-Koch Prigoschin
Die russische Regierung bestritt lange jegliche Verbindungen zur Wagner Gruppe. Das offiziell private Unternehmen wird von russischen Journalisten mit einem Mann namens Jewgeni Prigoschin in Verbindung gebracht und ihm finanziell zugeordnet. Er war ursprünglich Gastronomie-Geschäftsmann und soll Präsident Wladimir Putin nahestehen. Der oftmals als „Putins Koch” bezeichnete Gründer der Konkord AG (siehe Video unten) stammt wie der russische Staatschef aus St. Petersburg und hat nach einer Haftstrafe von neun Jahren (Betrug und Zuhälterei Minderjähriger) Mitte der 1990er-Jahre ein Luxuslokal eröffnet, in dem er eigenen Angaben zufolge im Jahr 2000 den damaligen Vizebürgermeister als Gast kennenlernte. In Folge bewirtete er viele hohe Staatsgäste Putins wie den ehemaligen französischen Staatschef Jacques Chirac und Ex-US-Präsident G.W. Bush. Er bereitete zahlreiche Geburtstagsfeiern für den Kremlchef und betreibt das einzige private Restaurant im Gebäude des russischen Parlaments in Moskau.

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Mittlerweile stellt seine Konkord-Catering 90 Prozent der Verpflegung in den russischen Kasernen, die entsprechenden Aufträge summieren sich diesem Bericht zufolge auf mehr als eine Milliarde Euro jährlich. Dazu kommt außerdem die Verpflegung des Katastrophenschutzes oder auch der kommunalen Wohnungsverwaltung von hunderten Garnisonsstädten. Nach Angaben des bekannten Oppositionellen Alexej Nawalny landen mittlerweile sogar die Aufträge zum Neubau neuer Garnisonsstädte ausschließlich bei Prigoschin. „In gewissem Sinne kann man sagen, er ist der wichtigste Mann für die russische Armee nach dem Verteidigungsminister”, resümierte Nawalny.

Der Name Wagner Gruppe (CHVK Vagner oder ЧВК Вагнера) geht auf Dmitri Utkin und dessen Kampfrufnamen „Wagner” zurück. Der Oberstleutnant der Reserve (Podpolkownik) schied 2013 aus dem aktiven Militärdienst aus, zuvor befehligte er eine Speznaz-Einheit des Militärnachrichtendienstes GRU. Dort erhielt er den Namen wegen seiner auffälligen Begeisterung für den deutschen Komponisten Richard Wagner. Seit 2014 kommandiert er eine private Einheit der Vorläufer-Söldnergruppe „Slawisches Korps” und war einer der Überlebenden des ersten – und desaströsen – Syrien-Einsatzes (siehe weiter unten). Über die genaue Truppenstärke der Gruppe Wagner ist wenig bekannt, das Unternehmen soll aktuell aber bis zu 2.500 Mann in Syrien im Einsatz haben oder zumindest gehabt haben.

Die Angehörigen der Gruppe Wagner sind meist ehemalige Soldaten der russischen Armee. Der britische „Daily Telegraph” berichtete auch von serbischen Wagner-Kämpfern in Syrien. Anhand der ausgewerteten Todesfälle kämpfen offenbar ehemalige Soldaten vom einfachen Rang eines Gefreiten bis hin zum Oberstleutnant (Podpolkownik) für die Firma. Und laut „Nowaja Gaseta”-Journalist Denis Korotkow (siehe Bericht) kann die Truppe sogar schweres Gerät zum Einsatz bringen: „Bei Bedarf bekommen sie Artillerie, Panzer, Raketenwerfer, Drohnen, Störsender und Mörser zugeteilt. Es handelt sich dabei um Material, das kein normaler Sicherheitsdienst auf Lager hat.” Wohl aber das russische Verteidigungsministerium…

@IISSPrivate Militärunternehmen waren in Russland per Gesetz bis 2017 eigentlich verboten. Die Teilnahme an bewaffneten Konflikten auf dem Gebiet eines anderen Staates wurde bis dahin mit bis zu sieben Jahren Haft geahndet (Paragraf 359) und auf das Bewerben, Trainieren und Finanzieren einer solchen Gruppe standen bis zu 15 Jahre Gefängnis. Kurz vor dem Jahreswechsel 2016/2017 unterschrieb Wladimir Putin jedoch eine Gesetzesänderung und am 9. Jänner 2017 trat das „Gesetz Nummer 53” über die Militärdienstpflicht in Russland in Kraft. Seit diesem Zeitpunkt gilt man – mit absolviertem Grundwehrdienst oder als Reservist – wie ein russischer Militärangehöriger, wenn man dazu beiträgt „internationale terroristische Aktivitäten außerhalb des Territoriums der Russischen Föderation zu verhindern”. Da fast jeder männliche Russe nach der Schule den Grundwehrdienst abgeleistet hat, betrifft das Gesetz fast alle männlichen Bürger. Mit dem Gesetz wird es möglich, russische Söldner weltweit einzusetzen, und es schafft die Voraussetzung, das russische Militär mit privaten Militärunternehmen legal zu „erweitern”.

EU-Sanktionen
Zu Prigoschins Firmennetzwerk gehört auch die Ölfirma Evro Polis, die im Bürgerkrieg in Syrien die Rechte für 25 Prozent zur Ausbeutung der dortigen Ölquellen erhalten haben soll. Die Vergabe dieser Anteile war laut den erwähnten investigativen Journalisten an die Bedingung geknüpft, die Quellen zunächst mit eigenen Kräften von der Terrormiliz IS zu erobern und zu sichern. Jene Kämpfer, die dafür im Februar 2018 in Khasham – auch mit einigen eigenen Gefallenen – eingesetzt wurden, gehörten zu der von Dmitri Utkin gegründeten Gruppe Wagner. Die weitere gemeinsame und finanzielle Verflechtung schlug sich auch – im Zuge der Reaktion auf den Giftanschlag auf Alexei Nawalny – in Sanktionen der EU nieder und Jewgeni Prigoschin wurde bereits am 15. Oktober 2020 aufgrund seiner finanziellen Verbindungen zur Gruppe Wagner mit Sanktionen belegt. So ist ihm die Einreise in die EU verboten, etwaige Vermögen in der EU sowie Gelder auf EU-Bankkonten wurden gesperrt.

In seinen Aktivitäten dürfte ihn das aber kaum einschränken. Seit einiger Zeit sind er und die russische PMC (Private Military Company) ohnehin auf Afrika konzentriert (siehe Bericht). Mitte Dezember 2021 haben die Außenminister der EU-Staaten dann neue Sanktionen (siehe Erklärung ganz unten) gegen Wagner und mit ihr verbundene Unternehmen und Personen beschlossen. Grund für den Schritt sind insbesondere die Details über die Aktivitäten von Wagner in Syrien, Libyen, der Zentralafrikanischen Republik sowie den Lugansker und Donetzker-Oblasten in der Ost-Ukraine, wie der Rat der Mitgliedstaaten und Diplomaten ausführten. Neben Einreisen und Konten betrifft dies auch Unternehmen und Bürger aus der EU, die mit den Betroffenen keine Geschäftsbeziehungen mehr anbahnen oder unterhalten.

Die „Wagner-Tupolew”
Da über die Jahre einige „Wirkungsorte” der Wagner-Kämpfer bekannt wurden, konnten Franzosen und US-Dienste, aber auch Flugzeugspotter (auch über sogenannte ADSB-Transponder-Trecking-Seiten) längst Bewegungs- und Transportmuster der Söldner identifizieren: „Wir sehen wiederholte Luftrotationen mit militärischen Transportflugzeugen der russischen Armee und Einrichtungen am Flughafen Bamako, um die Ankunft einer beträchtlichen Anzahl von Söldnern zu ermöglichen”, verlautbarte kürzlich eine französische Regierungsquelle, die nicht namentlich genannt werden wollte, gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.

@Georg Mader
Bevorzugtes Transportmittel der Wagner Gruppe: Diese Ty-154M mit der Registriernummer RA-85042 wurde bereits mehrmals an potenziellen Einsatzorten der russischen Söldner gesichtet.

Eine solche Maschine, die Ty-154M mit der Registrierungsnummer RA-85042, dürfte fix der Logistik der Söldnerfirma zuzuordnen sein. Sie gehört zur sogenannten „Einheit 223”, die eine Art „Doppelstatus” als zivilen Firma und zugleich militärische Einheit der russischen Luftwaffe (VKS) hat. Daher auch die äußerliche Erscheinung ähnlich der VIP-Staatsairline Rossija. Bereits das Auftauchen der „223er” in Ostlibyen fiel dort mit dem Engagement der russischen Söldnerfirma zusammen. Die Maschine ist dann auch dem Militär-Aktuell Autor Mitte November in Dubai zufällig vor die Linse geflogen. Sie war im Oktober bereits in Bangui (Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik) gesehen worden und in Mali wurde sie am 19. Dezember um 22.08 Uhr Ortszeit in Bamako registriert, geparkt südlich der Landebahn am militärischen Teil des Flughafens Modibo Keita. Jener Flug begann in Moskau, mit Zwischenstopps in Damaskus und Bengasi. Nach fünf Stunden hob der Dreistrahler – in Europa der Lärm- und Emissionswerte wegen, wenn dann nur mehr als Staatsluftfahrzeug zu sehen – wieder ab, um nach Libyen zurückzukehren.

Söldner sondierten die Lage mit Geologen
Französische Quellen sagen auch, dass es mit solchen Flügen im Vorfeld seit 2020 wiederholte Besuche von Wagner-Führungskräften in Bamako und in Folge Aktivitäten russischer „Geologen” gegeben habe, die für ihre Verbindung mit Wagner bekannt sind. So beispielsweise durch einen gewissen Sergej L., geboren 1968 in Moskau, der zuvor für das russische Unternehmen schon in der Zentralafrikanischen Republik tätig war. Er kam erstmals im März 2020 mit einem gewöhnlichen Reisepass in die Hauptstadt Bangui und wurde von einem anderen, um 21 Jahre jüngeren Ingenieur namens Evgeni F. begleitet. Beide führten mehrere Untersuchungen an geschützten Bergbaustandorten im mittleren Osten des Landes durch. Mit Hilfe einer vom Bergbauministerium ausgestellten Reisegenehmigung besuchten sie vom 24. März bis 23. April 2020 auch Bambari, Ndassima, Ndjakadja und Bakala. Im Februar desselben Jahres erteilten die Behörden der Zentralafrikanischen Republik der Wagner-nahen „Midas Ressources” Explorationsgenehmigungen für Goldminen in Ndassima (der einzige bekannte Goldstandort des Landes mit Industriepotenzial), zu Lasten bisheriger Konzessionen des kanadischen Unternehmens Axmin und chinesischer Bergbauunternehmen (Bericht). Die Rechnung der Gruppe für die gegenüber bewaffneten Gruppen erzielte „Wiederherstellung von Frieden und Normalzustand” soll übrigens mehr als 200 Millionen Euro ausgemacht haben.

Ein geopolitischer Ausblick auf das Jahr 2022

Bamako dementierte anfänglich
Die Machthaber im westafrikanischen Krisenstaat Mali haben im vergangenen Jahr zunächst Vorwürfe westlicher Regierungen zurückgewiesen, eine russische Söldnertruppe ins Land geholt zu haben. „Die Regierung dementiert diese unbegründeten Anschuldigungen und fordert Beweise durch unabhängige Quellen”, hieß es in einem – vor der Erklärung der 16 Länder – veröffentlichten Dementi. Ende September hatte der russische Außenminister Sergej Lawrow aber bereits erwähnt, dass sich Mali an private russische Unternehmen gewandt habe, „um die Sicherheit im Land zu erhöhen”. Er fügte aber hinzu, dass der Kreml nicht beteiligt sei. In Folge gab die Interimsregierung zu, dass sich russische Ausbilder im Lande aufhalten. Sie seien „mit dem gleichen Mandat ausgestattet wie die EU-Ausbildungsmission EUTM und wären zur Stärkung der Einsatzfähigkeit der malischen Streitkräfte im Einsatz”, hieß es im Wortlaut von Regierungssprecher Abdoulaye Maiga. „Die Regierung fordert dazu auf, an ihren Handlungen statt an Gerüchten gemessen zu werden und ruft in Erinnerung, dass der malische Staat mit Russland – einem historischen Partner – lediglich in einer Partnerschaft auf Staatsebene in Verbindung steht.”

Russische Hubschrauber
Am 30. September 2021 lieferte ein russisches Frachtflugzeug vier neue Hubschrauber Mi-171A3, Waffen und Munition aus Russland. Der zu deren Empfang gekommene amtierende Verteidigungsminister Sadio Camara sagte damals: „Mali hat diese Hubschrauber von der Russischen Föderation gekauft, ein freundliches Land, mit dem Mali seit jeher eine besonders fruchtbare und zuverlässige Partnerschaft unterhält.” Nach seinen Worten habe Mali den Kaufvertrag für die Helikopter bereits im Dezember 2020 unterschrieben.

@RH
Neu gelieferter M-171A3 mit vollem Zubehör.

Keine Wahlen vorerst
Mittlerweile steht übrigens auch fest, dass es im Februar nicht – wie ursprünglich geplant und von „Übergangsführer” Oberst Assimi Goita zugesagt – zur Abhaltung allgemeiner Wahlen kommen wird. Unmut darüber hat sich dann nicht zuletzt auch am jüngsten Gipfel der EU-Verteidigungsminister in Brest niedergeschlagen. Schon im Herbst davor hat die EU ihre Haushaltshilfe für Mali in Höhe von 70 Millionen Euro ausgesetzt. Ebenso wie Frankreich, das seine direkten Kreditlinien von jährlich 40 Millionen Euro für Bamako eingefroren hat. Wie hohe EU-Beamte nun am 13. Jänner einräumten, hätten sich die Beziehungen der EU zur Militärregierung in Mali wegen der Verschiebung der Wahlen und wegen der nunmehr bestätigten Anwesenheit russischer Söldner klar verschlechtert. Deren Einsatzszenarien würden sich zwar ausschließlich auf die „Sicherung” zuvor identifizierter Gebiete beschränken, in denen die dschihadistische und islamistische Bedrohung groß sei. Einige dieser Gebiete sind aber weniger als 50 Kilometer von der Hauptstadt entfernt.

„Wir setzen unsere Mission zur Ausbildung und Beratung der malischen Armee und Sicherheitskräfte vorerst trotzdem fort. Wir wollen uns weiterhin in Mali engagieren, wir wollen uns weiterhin in der Sahelzone engagieren, aber das sollte nicht um jeden Preis geschehen. Und das Risiko, dass sich die Situation in diesem Land verschlechtert, ist offensichtlich. Es gibt leider keine Anzeichen von Fortschritten seitens der (malischen) Behörden”, sagte EU-Chefdiplomat Josep Borrell vor Reportern.

 

Stellungnahme zum Einsatz der Wagner-Gruppe in Mali vom 23. Dezember
„Wir, die internationalen Partner, die sich verpflichtet haben, Mali und sein Volk bei ihren Bemühungen um dauerhaften Frieden und Stabilität und die Bekämpfung des Terrorismus zu unterstützen, verurteilen entschieden die Entsendung von Söldnertruppen auf malischem Territorium. Dieser Einsatz kann die Sicherheitslage in Westafrika nur weiter verschlechtern, zu einer Verschärfung der Menschenrechtslage in Mali führen, jenes aus dem Algier-Prozess hervorgegangene Abkommen über Frieden und Versöhnung in Mali bedrohen und die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft behindern, den Schutz der Zivilbevölkerung zu gewährleisten und die malischen Streitkräfte zu unterstützen.

Wir bedauern zutiefst die Entscheidung der malischen Übergangsbehörden, die bereits knappen öffentlichen Mittel für die Bezahlung ausländischer Söldner zu verwenden, anstatt die malischen Streitkräfte und die öffentlichen Dienstleistungen zum Wohle des malischen Volkes zu unterstützen.

Wir sind uns der Beteiligung der Regierung der Russischen Föderation an der materiellen Unterstützung des Einsatzes der Wagner-Gruppe in Mali bewusst und fordern Russland auf, zu einem verantwortungsvollen und konstruktiven Verhalten in der Region zurückzukehren.

Wir erinnern an die Entscheidungen der ECOWAS und ihre Besorgnis über das Risiko der Instabilität für die Region, sollten private Sicherheitsunternehmen in Mali stationiert werden (sechzigste ordentliche Tagung in Abuja, 12. Dezember 2021). Wir erinnern auch an die Annahme einer Reihe restriktiver Maßnahmen durch die Europäische Union gegen die Wagner-Gruppe selbst und gegen acht assoziierte Personen und drei mit ihr verbundene Einrichtungen (Rat für Auswärtige Angelegenheiten am 13. Dezember 2021), die an schweren Menschenrechtsverletzungen beteiligt sind, einschließlich Folter und außergerichtlichen, summarischen oder willkürlichen Hinrichtungen und Tötungen oder an destabilisierenden Aktivitäten in einigen der Länder, in denen sie tätig sind.

Wir werden unsere Bemühungen, auf die Bedürfnisse der malischen Bevölkerung einzugehen, nicht aufgeben. Im Einklang mit den Zielen der internationalen Koalition für die Sahelzone bekräftigen wir unsere Entschlossenheit, die Bemühungen um den Schutz der Zivilbevölkerung, die Unterstützung des Kampfes gegen den Terrorismus in der Sahelzone und den Beitrag zum Aufbau langfristiger Stabilität durch die Unterstützung der nachhaltigen Entwicklung, der Achtung der Menschenrechte und des Einsatzes öffentlicher Dienstleistungen fortzusetzen. Wir werden die Situation weiterhin genau verfolgen und bewerten.

Wir fordern die malischen Übergangsbehörden nachdrücklich auf, Reformen durchzuführen und die verfassungsmäßige Ordnung durch die rechtzeitige Vorbereitung und Organisation von Wahlen wiederherzustellen, wie sie es vor dem malischen Volk, der ECOWAS und der internationalen Gemeinschaft zugesagt haben. Wir unterstützen die jüngsten Entscheidungen der ECOWAS in dieser Hinsicht voll und ganz.”

Unterzeichner: Belgien, Kanada, Tschechische Republik, Dänemark, Estland, Frankreich, Deutschland, Italien, Litauen, Niederlande, Norwegen, Portugal, Rumänien, Spanien, Schweden, Vereinigtes Königreich.

Quelle@Georg Mader, African Crisis Center, Archiv, RH, IISS
Der Autor ist einer der renommiertesten österreichischen Luftfahrtjournalisten, Korrespondent des britischen Jane’s Defence und schreibt seit vielen Jahren für Militär Aktuell.