Der in Österreich verwendete Kampfpanzer Leopard 2A4 stammt aus den späten 1970er-Jahren. Einige Bauteile haben ihr Lebensende erreicht und sind am Markt nicht mehr erhältlich. Es bestehen zahlreiche Möglichkeiten für eine Nutzungsverlängerung und Kampfwertsteigerung. Damit wäre für dieses unentbehrliche Hauptwaffensystem des Bundesheeres eine Weiterverwendung möglich.

Seit dem Jahr 2017 hat die Panzerwaffe in Österreich immer wieder von sich reden gemacht. Mit dem Sieg bei der Strong Europe Tank Challenge 17 (Militär Aktuell berichtete), bei der die Soldaten des Panzerbataillons 14 (PzB14) selbst die Favoriten der deutschen Bundeswehr und der US Army hinter sich lassen konnten, war – national und noch mehr international – unter Beweis gestellt, dass die „Welser Hessen” ihr Handwerk beherrschen. Den teilnehmenden Soldaten und den verantwortlichen Kommandanten war aber von Beginn an bewusst: Wir haben nicht wegen, sondern trotz des Leopard 2A4 gewonnen. Die Panzer, die 2017 weit modernere Rivalen in den Schatten gestellt haben, sind – selbst für langlebiges Kriegsgerät – der Jugend schon lange entwachsen.

@Panzerbataillon 14
Die notwendigen Modernisierungsmaßnahmen würden die Kampfkraft der „Leos” steigern, aber auch den Schutz der Besatzungen verbessern.

Die Grundkonzeption des Leopard 2A4 war in den späten 1970er- und frühen 1980er-Jahren das Beste, das deutsche Ingenieurskunst zu bieten hatte. Es wurde langlebige, stabile Halbleitertechnologie verbaut, die einzelnen Bedien- und Rechnerkomponenten miteinander verkabelt und ein höchst komplizierter Schaltplan sorgte dafür, dass der 55 Tonnen schwere Panzer bei Geschwindigkeiten von mehr als 60 km/h fahrende Ziele in einer Entfernung von bis zu 3.000 Metern mit einer hohen Ersttrefferwahrscheinlichkeit bekämpfen konnte. Auch die Nachtkampf­fähigkeit war beeindruckend.

Seit der Produktion des dritten Loses in den Jahren 1983 bis 1985, aus dem die Panzer des Bundesheeres stammen, gab es aber weitere erhebliche technische Fortschritte. So betreibt die Bundeswehr den Leopard mittlerweile in der Version 2A6M und die Version 2A7 befindet sich in der Einführung. Schweden nutzt den Stridsvagn 122, eine schwedische Version des Leopard 2A5, den deutsche Panzeroffiziere „off records” als den besten Leopard, der je gebaut wurde, bezeichnen. Dänemark befindet sich ebenfalls in der Einführung des Leopard 2A7 und auch Kanada, dessen ehemaliger Generalstabschef einst meinte, dass die kanadischen Streitkräfte mit der Abschaffung der Kampfpanzer einen Mühlstein um den Hals abgeworfen hätten, hat wieder Kampfpanzer gekauft und verbessert ständig deren Rüststand. Der jüngste Leopard-Nutzerstaat ist Ungarn. Die Soldaten der Honvédség (ungarische Streitkräfte) fiebern der Indienststellung von 44 Stück des 2A7 ab dem Jahr 2023 entgegen. Bis dahin haben sie zum Umstieg von der bisherigen T-72-Flotte zwölf Leopard 2A4 von Hersteller Krauss-Maffei Wegmann (KMW) geleast und werden auf diesem Modell vom PzB14 ausgebildet. Bei diesen Panzern handelt es sich um Fahrzeuge der Koninklijke Landmacht (Niederländische Streitkräfte), die 1996 an Österreich verkauft und von Österreich wiederum an KMW weiterverkauft worden waren. Der Kreis schließt sich damit zwar nicht, zeigt aber klar, dass die Panzerwaffe der österreichischen Streitkräfte viel leistet, technisch aber längst im Pensionsalter angekommen ist.

@Panzerbataillon 14
HARD FACTS Die in der Version A4 eingeführten Panzer Leopard 2 des Bundesheeres verfügen als Hauptwaffe
über eine 120-Millimeter-Kanone, das Kampfgewicht liegt bei 55 Tonnen und die Motorleistung bei 1.500 PS.

Neue Nerven für den Leopard
Was muss also eine Frischzellenkur umfassen, um den Leopard 2A4 noch länger mit ausreichender Kampfkraft zu erhalten? Dies wird mit dem sperrigen Wort Obsoleszenzbereinigung zusammengefasst. Die verbaute Elektronik stammt aus der Mitte der 1970er-Jahre und Anfang der 1980er-Jahre des vorigen Jahrhunderts. Diese Bauteile sind mittlerweile nicht mehr verfügbar beziehungsweise können die neuen Komponenten damit nicht mehr gesteuert werden. Alle Maßnahmen der Nutzungsverlängerung in anderen Staaten, wie auch bei unserem Nachbarn Schweiz, erfordern daher als grundlegende, alle weiteren Maßnahmen bedingende technische Voraussetzung den Einbau einer neuen Verkabelung. Dabei handelt es sich um einen Controller-Area-Network (CAN)-Bus, also eine offene Datenringleitung, die auch die Aufnahme weiterer oder neuerer Baugruppen ermöglicht. Durch die Sequenzierung der Daten wird die Leitung besser genutzt und das System gibt die Datenleitung nach Priorität frei. Ein CAN-Bus ist notwendig, um die zunehmenden digitalen Informationen, beispielsweise aus einem Führungsinformationssystem oder von zusätzlichen Sensoren für aktive und passive PAL-Abwehrsysteme, die in weiterer Folge auch zur Drohnenabwehr genutzt werden können, zu verarbeiten. Kurz gesagt benötigen die österreichischen Leoparden ein neues Nervensystem.

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Optische Ziel- und Sichteinrichtungen
Zusätzlich zur Erneuerung der Verkabelung ist auch der Austausch von essenziellen Baugruppen notwendig. Die Detektion von Zielen bis zu einer Entfernung von 4.000 Metern erfordert eine präzise, nachtkampffähige Optik für den Richtschützen und den Kommandanten. Die in der Version Leopard 2A4 verbauten Wärmebildgeräte (WBG) sind technisch grundsätzlich gleich mit jenen in den Versionen A5, A6 und A7, allerdings etwa 30 Jahre älter. Sie wurden zwar im Bundesheer stetig instandgesetzt, aber noch nie erneuert. Außerdem müssen sich der Panzerkommandant und der Richtschütze das eine WBG teilen, was nicht mehr dem Stand der Technik entspricht. Die derzeitige Hauptoptik des Panzerkommandanten ist das Rundumblickfernrohr PERI (Periskop) R17A1. Dieses ist kreisel­gesteuert und verfügt über keine Nachtsicht, die Kreisel reagieren zudem empfindlich auf Hitze und Kälte, besonders im hohen Alter. Daher muss diese Optik ersetzt werden. Hier hat die Schweizer Armee einen brauchbaren Weg beschritten, bei dem die Aufnahme für das PERI vergrößert und ein neues, nachtsichtfähiges Modell am gleichen Platz verbaut wird. Eine weitere Sichteinrichtung, die betrachtet werden muss, ist jene des Panzerfahrers. Hier entspricht eine Kamera­lösung dem aktuellen Stand der Technik. Der Einbau einer Kamera bedingt einen Bildschirm am Fahrerplatz. Dieser könnte in weiterer Folge mit einem Führungsinformations- und Navigationssystem gekoppelt werden. Technisch ist außerdem die Übertragung des Bildes einer noch nicht vorhandenen Rückfahr­kamera möglich, die dem Schutz der Besatzung dienen würde, da sich der Kommandant während des Einweisens beim Rückwärtsfahren nicht außerhalb der Luke exponieren muss. Zusätzlich würde eine Rückfahrkamera auch die allgemeine Verkehrssicherheit erhöhen und ist alleine schon deshalb als Teil des Nutzungsverlängerungsprogramms anzudenken.

@Bundesheer
Aktueller Bestand: Das Bundesheer übernahm in den 1990er-Jahren von der niederländischen Armee Leopard 2A4 als Ersatz für die Kampfpanzer vom Typ M60A3Ö. Von den einst zugelaufenen 114 Panzern sind heute noch insgesamt 48 Fahrzeuge (drei Kompanien mit je 14 Panzern) beim Panzerbataillon 14 in Wels in Dienst.

Bewaffnung
Das Hauptcharakteristikum des Kampfpanzers ist seine Bewaffnung. Im Falle des Leopard ist dies eine Glattrohrkanone Kaliber 120 mm. Ursprünglich wurde ein Rohr mit 44 Kaliberlängen (L44) verbaut. Als Antwort auf verbesserte Panzerungen kamen ab dem Modell A6 Kanonen mit 55 Kaliberlängen (L55) zum Einsatz. Zusätzlich wurden leistungsfähigere Munitionsarten entwickelt, die aber weiter mit der L44 verschießbar sind. Das L55-Rohr ist auf große Distanzen durch eine höhere Durchschlagsleistung gekennzeichnet. Allerdings zeigt sich, dass im bewaldeten und verbauten Gelände sowie beim Überschreiten tiefer Gräben die L55-Rohre Nachteile in der Beweglichkeit mit sich bringen. Daher ist das L44-Rohr mit seiner Einsatzschussweite im Großteil Österreichs mit seiner hügeligen Topografie als durchaus ausreichend zu betrachten. Bedarf besteht hier allerdings bei der Waffennachführanlage (WNA), die bei einer Digitalisierung des Panzers auf das auf dem Markt erhältliche elektrische – kurz E-WNA – System umgebaut werden muss. Gleiches gilt für die Rohrbremsen. Hier sind nur mehr verstärkte, auf die höhere Druckbelastung durch leistungsgesteigerte Munition ausgelegte, Rohrbremsen verfügbar und müssen daher gewechselt werden. Das koaxial gelagerte Maschinengewehr (MG) des Typs FN-MAG wurde bereits überholt und den Bedürfnissen der Panzer­besatzung angepasst. Das Turmdach-MG, ebenfalls ein FN-MAG, ist brauchbar und nicht von Obsoleszenz betroffen. Das Fahrgestell, die Wanne und der Turm bedürften keiner Erneuerungen, aber einer guten Überarbeitung. Die Wanne muss an den Bug- und Heckkanten verstärkt werden, um teilweise vorhandene Ermüdungserscheinungen nicht zu einem Ausfallgrund werden zu lassen. Die beschriebenen Maßnahmen sind notwendig, um das System Kampfpanzer für die Ausbildung und den Einsatz weiter betreiben zu können und halten sich auch budgetär in überschaubaren Grenzen.

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Was noch möglich wäre
Die bisher beschriebenen Maßnahmen sind zur Nutzungsverlängerung des Kampfpanzers notwendig. Der Katalog einer umfassenden Kampwertsteigerung ist jedoch weitaus umfangreicher. Technisch gesehen kann aus jedem Leopard 2A4 ein A7 gemacht werden. Dies hat die deutsche Bundeswehr mit massivem Geldeinsatz bewiesen. So könnten neben einer drohnen­detektions- und abwehrfähigen Waffenstation, wie sie das Rüstungsunternehmen Kongsberg anbietet, und aktiven Schutzmaßnahmen gegen Panzerabwehrlenkwaffen (beispielsweise das System Trophy), der Schutz gegen panzerbrechende Bombletmunition am Turm und Wannendach, die bereits beschriebene Panzerkanone L55, die zusätzliche Panzerung des Turmes und der Wanne sowie die Verstärkung der Bodenplatte zum besseren Minenschutz in Betracht gezogen werden. Das Tarnsystem Barracuda wäre konsequenterweise ebenfalls zu beschaffen. Weiters könnten Powercaps (elektrische Speicher, die Spannungsspitzen aufnehmen) sowie ein Hilfsaggregat verbaut werden, das aber nur mit Eingriffen in die Turm- und Wannenstruktur möglich wäre. Solche Metallarbeiten an Panzerstahl sind selbst für hochqualifizierte Facharbeiter aufwendig und damit zeit- und kostenintensiv. All diese Maßnahmen führen zu einer Steigerung des Gesamtgewichts bis an die 70 Tonnen, weshalb auch Modifikationen am Fahrwerk notwendig wären. Dies würde ebenfalls einer Verstärkung der Drehstäbe und zusätzlicher hydraulischer Endanschläge bedürfen. Der höhere und teure Kettenverschleiß sei hier zur Komplettierung des Bildes angeführt. Wären all diese Komponenten verbaut, müsste man ihnen in weiterer Folge beibringen, sich digital zu verstehen, was ebenfalls zeit- und kostenintensiv ist.

@Panzerbataillon 14Option Nutzungsverlängerung
Statt einer umfassenden Kampfwertsteigerung wäre es jedoch auch möglich, rasch und umfassend in Breite zu gehen und die Gesamtzahl der im Organisationsplan des PzB14 festgelegten Panzer einer reinen Nutzungsverlängerung zu unterziehen. Gesamtheitlich betrachtet ist die Verbandslösung mittelfristig zu bevorzugen. Wird eine gewisse verfügbare Stückzahl unterschritten, ist das System für den Kampf der verbundenen Waffen nicht ausreichend verfügbar. Dadurch ergibt sich eine Fähigkeitslücke für die gesamten Streitkräfte mit ihren interdependenten Waffengattungen. Außerdem müssten die Soldaten des Panzerbataillons zwei Typen an Kampfpanzern beherrschen. Dies führt wiederum zu einem gesteigerten Ausbildungs- und Übungsbedarf, der schwer zu bewerkstelligen und höchst unwirtschaftlich wäre. Die Mischung von Rüstständen ist logistisch komplex, da zwei Systeme mit unterschiedlichen Ersatzteilen zu versorgen sind. Daher hat sich in vielen europäischen Ländern die Ebene kleiner Verband als jene Ebene erwiesen, die als absolutes Minimum betrieben werden muss. Die bereits erwähnten ungarischen Streitkräfte sind von der Ein-Kompanie-Lösung aber wieder abgerückt, da der logistische sowie der Ausbildungsaufwand in Relation zur geringen Kampfkraft zu hoch waren. Die Anschaffung des Topmodells Leopard 2A7 war der nicht vorhandenen Verfügbarkeit von kostengünstigeren Varianten wie eines gebrauchten Bataillons Leopard 2A5/6 geschuldet. Dieser enorme Sprung in der Technik ist eine enorme Herausforderung für die Besatzungen. Solche schwierigen Erfahrungen machen die Panzertruppen von Deutschland und Dänemark ebenfalls mit dem scheinbar kleinen Schritt vom 2A6 auf den A7 durch.

Fazit
Der Kampfpanzer Leopard 2A4 hat sein technisches Lebensende erreicht. Für eine Weiterverwendung gibt es zwei Möglichkeiten: zum einem kann eine geringe Stückzahl Kampfpanzer mit bestmöglichem Rüststand mit Nutzungsverlängerung mit einhergehender Kampfwert­steigerung modernisiert werden, was jedoch hohe Kosten mit sich bringt. Zum anderen ist die breite Verbandslösung durch eine reine Nutzungsverlängerung durch Obsoleszenzbereinigung für alle in Verwendung stehenden Panzer möglich. Aufgrund der aufgezählten Fakten scheint die zweite Variante die bessere zu sein. Dies vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass der Mensch und nicht die Maschine der entscheidende Faktor auf dem Gefechtsfeld ist. Eine gewisse Breite in der Ausbildung und der verfügbaren Stückzahl an Kampfpanzern muss weiterhin gegeben sein, um in den österreichischen Streitkräften den gebotenen Anforderungen zu genügen.

Quelle@Panzerbataillon 14