Ende Februar bis Anfang März nahmen Soldaten des Jagdkommandos wie berichtet an der Übungsserie „Flintlock 2020” im Senegal teil. Wir haben mit Jagdkommando-Chef Oberst Philipp Ségur-Cabanac über die Ausbildungsmission, ihren Mehrwert für das Bundesheer sowie die Ausrüstungs- und Personalsituation beim Jagdkommando gesprochen.

Herr Oberst, das Jagdkommando engagiert sich bereits seit einigen Jahren bei der Übungsserie „Flintlock” in Nordafrika. Warum?
Die multinationale Übungsserie wird seit 2006 von den US-Streitkräften abgehalten und dient der Entwicklung von Kapazitäten afrikanischer Streitkräfte der Subsahara- und Sahelzone im Rahmen des internationalen Krisen- und Konfliktmanagements. Damit sollen diese Länder extremistische und terroristische Bedrohungen besser bewältigen können. Übergeordnetes Ziel ist die Verbesserung der Sicherheitslage vor Ort und damit auch über die Region hinaus, was auch in unmittelbarem Interesse Österreichs ist.

@Privat
Oberst des Generalstabsdienstes Philipp Ségur-Cabanac ist seit April 2019 Kommandant des Jagdkommandos. Davor war er in verschiedenen Kommandantenfunktionen beim Jägerbataillon 25 in Klagenfurt, beim Jagdkommando in Wiener Neustadt und als Referatsleiter in der Grundsatzplanung im Verteidigungsministerium tätig.

Sie sprechen die Africa Policy des Verteidigungsministeriums an?
Neben dem Balkan und der MENA-Region (Anm.: Middle East & Northern Africa) genießt die Subsahara-Zone für das Ressort übergeordnete Bedeutung. Zur Durchsetzung dieses sicherheitspolitischen Interesses nimmt das Jagdkommando im Rahmen der Ausbildungsunterstützungsprogramme des Bundesheeres seit 2016 regelmäßig an der Übungsserie teil.

Stehen neben der Flintlock auch noch andere ähnliche Übungen auf der Agenda des Jagdkommandos?
Nein, aber im Prinzip machen wir im Rahmen der Resolute Support Mission in Afghanistan nichts anderes. Ebenso wie bei Flintlock kommt dort mit „Military Assistance“ eine der drei Haupteinsatzarten von Spezialeinsatzkräften zur Anwendung, die beiden anderen sind „Special Reconnaissance”, wie wir sie 2008 und 2009 im Tschad durchgeführt haben, und „Direct Action”.

Unter dem Strich verfolgen die Flintlock und der Einsatz in Afghanistan also dasselbe Ziel?
Genau. Wir unterstützen die Sicherheitskräfte vor Ort, damit sie Krisen- und Konflikt­situationen besser lösen können. Der Unterschied ist, dass wir in uns in Afghanistan in einem noch unsichereren Umfeld bewegen und dauerhaft vor Ort sind. Damit können wir langfristig mit den Soldaten zusammenarbeiten, während das bei der Flintlock immer nur für eine sehr kurze Zeit möglich ist. Um nach Möglichkeit auf bereits Geübtem und Erlerntem aufbauen zu können, bemühen wir uns bei der Flintlock daher darum, mehrere Jahre hintereinander mit möglichst den gleichen Zügen, Kompanien und Nationen
zusammenzuarbeiten.

@Bundesheer/Pusch
Die Jagdkommando-Soldaten arbeiten bei der „Flintlock” mit Spezialinfanterie und Spezialeinsatzkräften afrikanischer Länder zusammen.

Gelingt das immer?
Nicht immer, aber doch des Öfteren. Bislang haben wir mit Spezialinfanterie und Spezialeinsatzkräften aus Kamerun, dem Senegal und Burkina Faso zusammengearbeitet. Heuer haben wir im Hafen von Dakar erstmals auch senegalesische Kampfschwimmer ausgebildet. Zudem hatten wir zwei Leute im Hauptquartier in Mauretanien, die dort auf operativer Ebene unterstützt haben.

Inwieweit geht die Ausbildung auch über die Übung hinaus? Kommt es zu weiterführender Zusammenarbeit mit den afrikanischen Partnernationen?
In Einzelfällen war das bereits der Fall und wäre das auch jetzt wieder der Fall gewesen. Eigentlich war geplant, dass unmittelbar nach der Flintlock zwei Soldaten des senegalesischen Kampfschwimmerelements zur Ausbildung nach Österreich kommen. Aufgrund der Corona-Pandemie musste das aber bis auf Weiteres verschoben werden.

Sie haben zuvor erwähnt, dass Österreich in der Region sicherheitspolitische Interessen verfolgt. Kann die Teilnahme an der Übungsserie vor diesem Hintergrund auch als Fähigkeitsgewinn der eigenen Soldaten interpretiert werden? Immerhin lernen die Soldaten vor Ort den Umgang mit einer neuen Kultur sowie ungewohnten Umfeld- und Wetterbedingungen.
Das ist ganz sicher so. Im Lichte der sicherheitspolitischen Entwicklungen in Nord- und Nordwestafrika ist mittel- bis langfristig auch ein Engagement des Bundesheeres
vor Ort durchaus denkbar. Wir nutzen die Übung auch vor diesem Hintergrund zum Erfahrungsgewinn. Wir lernen den Umgang mit einer anderen Klimazone und uns in einem fremden Kulturkreis zu bewegen. Wir sehen aber auch, wie unsere Ausrüstung – von der Mannesausrüstung bis hin zu IKT und Funk – auf die klimatischen Bedingungen vor Ort reagiert. Wie wir sie pflegen müssen und einsatzbereit halten können.

@Bundesheer/Pusch
Heuer bildeten die österreichischen Soldaten erstmals auch senegalesische Kampfschwimmer aus.

In den vergangenen Jahren waren auch Milizsoldaten Teil des Jagdkommando-Kontingents bei der Flintlock. War das heuer auch wieder der Fall?
Ja, wir hatten auch heuer wieder Milizsoldaten dabei. Darunter auch ein Arzt, der vor Ort am Stützpunkt die gesamte truppenärztliche Versorgung auch für die anderen ausbildenden Kontingente sichergestellt hat.

Das heißt, dort bieten sich auch Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch mit den Spezialeinsatzkräften anderer Länder?
Wir waren gemeinsam mit den Spezialeinsatzkräften anderer Länder im gleichen Stützpunkt untergebracht, da gab es einen recht engen Kontakt und Austausch. Dies gilt insbesondere für die niederländischen Soldaten, mit denen wir gemeinsam die maritime Ausbildung durchgeführt haben.

Abschließend: Wie sieht es mit der Personal- und Ausrüstungssituation des Jagdkommandos aus?
Die Situation ist definitiv besser als in vielen anderen Teilen des Bundesheeres und kann vor allem bei der Individualausrüstung mit gut bis zufriedenstellend bewertet werden. Nachholbedarf gibt es hingegen bei der Verbandsausrüstung und da insbesondere in den Bereichen Mobilität, weitreichende Nachtsichtfähigkeit und schwere Waffensysteme. Personell stehen wir in den kommenden Jahren – wie das gesamte Heer – vor einer großen Pensionierungswelle. Dadurch ergibt sich ein erhöhter Rekrutierungsbedarf, den wir mit einem im kommenden Jahr startenden neuen Ausbildungszyklus bestmöglich abdecken wollen.