Die Flieger- und Fliegerabwehrtruppenschule (FlFlATS) des Bundesheeres in Langenlebarn ist – mit ihrer Außenstelle des Instituts Flieger in Zeltweg – für die Ausbildung des Nachwuchses der gesamten rot-weiß-roten Luftstreitkräfte zuständig. Ein Militär Aktuell-Truppenbesuch von Georg Mader.

Was die Flieger- und Fliegerabwehrtruppenschule (FlFlATS) des Bundesheeres alles kann? Eine gute Frage, die anfangs selbst den heutigen Kommandanten überraschte – und dabei ist Oberst des Generalstabsdienstes Reinhard Kraft eigentlich in den Luftstreitkräften groß geworden. 1998 eingerückt, hat der spätere technische Offizier und Kommandant der ortsfesten Radarstation Steinmandl nach Absolvierung des 19. Generalstabslehrgangs im Juli 2018 das Kommando von Brigadier Günter Schiefert übernommen. Das große Aufgaben- und Leistungsspektrum seiner Schule wurde ihm dann aber erst schrittweise bewusst, er selbst bezeichnet die FlFlATS heute als „kleines Geheimnis im Bundesheer. Ich war anfangs wirklich ‚baff’, welches Wissen und welches Know-how hier gebündelt ist, das habe ich zuvor nicht vermutet.”

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Die Basis-Wartausbildung erfolgt ebenso wie hier am OH-58B an der Schule.

Gegründet 1976 in Zeltweg als Fliegerschule (FlS) und Ausbildungsstätte für die Militärpiloten des Bundesheeres, war die Schule zunächst weder organisatorisch noch personell in der Lage, alle Ausbildungsbereiche in den Luftstreitkräften und den Fach-Themenbereichen abzudecken. Dieses Manko wurde erst im Juli 2007 im Rahmen der Bundesheer-Reform „ÖBH2010” mit der Aufstellung der FlFlATS aus mehreren Dienststellen beseitigt. Um die Truppe von sämtlichen Ausbildungsaufgaben zu entlasten, ist die Schule heute für die Ausbildung aller Offiziere und Unteroffiziere der Waffengattungen und Fachrichtungen der Luftstreitkräfte zuständig. Das umfasst die Ausbildung der Führungskräfte der Luftstreitkräfte, Ausbildung der Militärpiloten und der Fluglehrer, Fliegerabwehr, Luftfahrttechnik, Luftaufklärung, Flugsicherung und Flugberatung, Beobachtungs- und Identifizierungsdienst, Radarleitdienst, Elektronischer Kampf, das gesamte Fachpersonal des Lufttransportdienstes sowie alle Bediensteten im Fachbereich Gefahrgut Lufttransport, Luftfahrzeugrettungsdienst (Flughafenfeuerwehr), Fliegerführungsunterstützung und Militärmeteorologie. Eine breite Grundlagen-, Forschungs- und Entwicklungstätigkeit für alle diese Bereiche wird durch die Grundlagenabteilung abgedeckt, welche das Kompetenzzentrum der Luftstreitkräfte darstellt.

@Georg Mader
Unter den Absolventen sind mittlerweile auch einige weibliche Hubschrauberpilotinnen.

Die wesentliche Leistung der Schule ist es, die Luftstreitkräfte als System zu lehren, die Ausbildung aller einsatzrelevanten Themen für den Fachstab Luft im Kommando Streitkräfte und die Verbände der Luftstreitkräfte (Luftraumüberwachung – LRÜ sowie Luftunterstützung – LuU), die Schaffung von Synergien durch waffengattungsübergreifende Ausbildung, die Grundlagenarbeit, Beiträge zu Einsatzaufgaben der Luftstreitkräfte zu leisten sowie eine gemeinsame Führung und Verwaltung in der Ausbildung. Am Ende der vielfältigen Ausbildungen stehen fertige Einsatzpiloten, Fliegerabwehroffiziere und -unteroffiziere, Fluglotsen, Radarleitoffiziere, Typenwarte und einige weitere Berufe. Das Besondere daran: Die Ausbildung findet verzahnt statt. „Der ,Fliegerabwehr-Mann’ vermittelt Pilotenschülern Arbeitsweise und Philosophie der bodengebundenen Fliegerabwehr um ein Schutzobjekt, der Pilot umgekehrt, wie er jene zu überwinden gedenkt”, beschreibt Kraft den Ansatz. „Oder der Luftaufklärer – hier im Institut übrigens mittlerweile mit neuesten Sensoren aufgewertet – illustriert der Fliegerabwehr, wie mangelhaft ihre Tarnung beim Einsatz von Wärmebild-Sensoren sein kann.”

Dazu ist anzumerken, dass die Schule für ihre Aufgaben nicht in allen Teilbereichen über eigenes Ausbildungsgerät verfügt, sondern sich von den Einsatzverbänden Systeme leihen muss. Genauer: Leihen musste. Denn seit Einführung der Diamond DA40-Schulungsflieger zur Ergänzung der PC-7 im Jahr 2018 in Zeltweg und dem geplanten Zulauf von sechs Stück des projektierten AW169M-Hubschraubers nach Langenlebarn ist eine Abkehr von dieser Strategie festzustellen. Laut Kraft war aber auch die bisherige Vorgangsweise „kein großes Problem, weil die Ausbildungsplanung eine sehr weitreichende ist. Die Einteilungen für das ganze Jahr 2021 waren beispielsweise schon im vergangenen Jahr abgeschlossen, die Verbände wissen über benötigtes Gerät und Personal sowie Reservierungen am Truppenübungsplatz längst Bescheid. Wir sind bereits dran für 2022 Eckpunkte zu fixieren.” Als jüngstes Beispiel für den effizient verzahnten Material- und Personaleinsatz nennt er eine Woche des Luftziel-Schießens des Fliegerabwehrbataillons 2 (FlAB2) mit 80 Soldaten im tschechischen Boletice, wo neben dem Personal und Fliegerabwehr-Gerät des FlAB2 und der FlFlATS auch das Auswerte-Equipment der Schule und PC-6 mit Schleppsack der LuU eingesetzt wurden.

Die Leistungsmerkmale der neuen Schulungsflieger DA40

Von großer Bedeutung ist für die FlFlATS die Grundlagenabteilung. Sie schafft in Zusammenarbeit mit den ausbildenden Instituten Richtlinien, die helfen, Luftstreitkräfte im Sinne von „Integrated Air Defence” sicherzustellen. Bis zu ihrer Etablierung in Rahmen der FlFlATS waren luftwaffenspezifische Grundlagen in den Geschwadern und Staffeln meist nur in geschriebener Form präsent. Diese Abteilung kann sich nun aber – sozusagen als „Think Tank” – fachübergreifend auf Vorschriften und Erprobungen konzentrieren. Da geht es laut Kraft etwa darum „ob und wie man mit unseren Radargeräten Drohnen sieht”. Oder auch darum, welche aktuellen Entwicklungen es in diesem Segment am Markt und auf der Welt gibt. Dafür gab es zuvor praktisch keine Kapazitäten, bestenfalls konnten sich einzelne Offiziere mit Teilbereichen wie beispielsweise der Elektronischen Kampfführung (EloKa) beschäftigen. „Alleine das Beispiel Drohnenabwehr zeigt, dass das so aber nicht zu stemmen ist. Seitdem das für Flughäfen ein Riesenthema geworden ist, tut sich in dem Bereich technisch laufend Neues. Da müssen wir einfach dranbleiben.”

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Auf die Innovation des 360-Grad-Tower-Simulators ist man in Langenlebarn besonders stolz.

Die Kernaufgabe der mehrjährigen Pilotenausbildung liegt beim Institut Flieger in Zeltweg, wobei der Rotor-Anteil in Langenlebarn abläuft. Ebenso im Tullnerfeld daheim sind die Fachinstitute Luftfahrttechnik, Fliegerabwehr und Fliegerbodendienste. Letzteres hat übrigens eine Außenstelle in Zeltweg, die Lehrgruppe Luftraumüberwachung ist dort für den Nachwuchs des Radarbetriebsdienstpersonals verantwortlich. Sogar über die Grenzen hinaus reicht die Tätigkeit der Lehrgruppe Luftaufklärung, die in der deutsch-österreichischen Ausbildungskooperation Militärluftbildner – auch mit Lehrern aus Langenlebarn in Deutschland – Taktik und Verfahren der Luftbild-, Radar-, Video- und Infrarotauswertung sowie die Luftbildbearbeitung lehrt. Im Bereich der Luftfahrttechnik ist die Schule übrigens beauftragt, luftfahrttechnische Ausbildung nach EU-Richtlinien auch zivil zu zertifizieren. Dazu wurde in Langenlebarn ein Ausbildungsverbund mit der Bundesfachschule für Flugtechnik gebildet, die FlFlATS überhahm einen Teil der Schulerhalteraufgaben und hilft nun dabei, etwa leitende Luftfahrttechniker auf Ingenieursebene auszubilden – für den militärischen und den zivilen Bereich.

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Neue Funktion: Kommandoübergabe durch Generalmajor Karl Gruber an Oberst des Generalstabsdienstes Reinhard Kraft im Juli 2018.

Kommen wir abschließend zur wohl „populärsten” Aufgabe der FlFlATS: die sechsphasige Pilotenausbildung, die angeblich nur wenige Anwärter durchstehen, die Selektion sei brutal. Oberst des Generalstabsdienstes Kraft will das so nicht stehen lassen: „Die Auswahl ist sicherlich streng, das will ich gar nicht beschönigen – aber wir können es uns nicht leisten, die intensive und kostspielige Kernausbildung mit Leuten zu starten, die dann in späteren Phasen aufhören müssen.” Was Kraft meint: Um überhaupt als Einsatzpilot infrage zu kommen braucht es die Feststellung der Fliegertauglichkeit und die Absolvierung der Kaderanwärterausbildung-1 (beispielsweise in der Lehrkompanie der FlFlATS), die den Kandidaten oder der Kandidatin das soldatische Basisrüstzeug mitgibt, inklusive Alpinausbildung. Wird zwischenzeitlich die medizinische und psychologische Fliegertauglichkeit bescheinigt, kommt der Kandidat in ein sogenanntes Assessment Center des Heerespersonalamts. „Dort passiert dann, was für uns und für ihn oder sie entscheidend ist. Dort sehen wir uns – mit unseren Einsatzpiloten – den Menschen an, seine Teamfähigkeit, seine Prioritätenreihung, aber auch seine Kompromiss- und Durchsetzungsfähigkeit.”

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Internationale Zusammenarbeit: Deutsche „Schul-Gäste” und ein Lehrer der Luftaufklärung im Auswerteshelter in Langenlebarn.

Rund 50 Prozent der Kandidaten, die es bis dahin geschafft haben, kommen in die nächste Phase, die fliegerische Eignungsfeststellung mit 22 Stunden auf der DA40 und drei Stunden Kunstflug auf der PC-7. Dabei fallen nochmals rund 50 Prozent der Anwärter weg. 2020 haben insgesamt 13 Kandidaten das Assessment Center positiv absolviert, sieben haben dann die praktische fliegerische Eignungsfeststellung geschafft und wurden zur Militärpilotenausbildung zugelassen – von insgesamt gut 500 Kandidaten die als „fliegertauglich” getestet wurden. Kraft: „Anschließend beginnt die vierjährige Ausbildung, die mehrere Millionen Euro pro Schüler kostet und in der wir praktisch keine Abgänge mehr haben. Das ist einzigartig in Europa.”

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Quelle@Bundesheer, Georg Mader, Christoph Matzl
Der Autor ist einer der renommiertesten österreichischen Luftfahrtjournalisten, Korrespondent des britischen Jane’s Defence und schreibt seit vielen Jahren für Militär Aktuell.